Lyoness – ein undurchsichtiger neuer Dorna-Partner

Von Günther Wiesinger
Dorna-Direktor Pau Serracanta mit Lyoness-CEO Hubert Freidl

Dorna-Direktor Pau Serracanta mit Lyoness-CEO Hubert Freidl

Handelt es sich um eine Einkaufsgemeinschaft? Um ein Cashback-Programm? Die Firma Lyoness hat in den letzten Jahren nicht viele positive Schlagzeilen gemacht. Jetzt wirbt sie in der MotoGP-WM.

Die Firma Lyoness und Dorna Sports haben eine Vereinbarung für die Grand Prix in Spielberg, Brünn und Aragón geschlossen. Bei jedem dieser WM-Läufe wird das Lyoness-Logo in einer Kurve an der Rennstrecke als Bandenwerbung zur Schau gestellt.

Das Geschäftsmodell von Lyoness gilt als undurchsichtig und umstritten. Das Unternehmen von Lyoness-CEO Hubert Freidl aus Graz/Österreich ist in den letzten Jahren in etliche Gerichtsverfahren verwickelt gewesen.

Das Unternehmen setzt auf drei unterschiedliche Geschäftsmodelle:
1) Einkaufsgemeinschaft (Lyoness)
2) Kundenbindungsprogramm (Cashback Solutions)
3) Vertrieb (Empfehlungsmarketing Lyoncet).

Lynoness startete im Juli 2004 mit mit 7600 Mitgliedern, im Mai 2010 waren es bereits 980.000, im Dezember 2015 wurden 5 Millionen Mitglieder angegeben.

Lyoness ist Sponsor des Fußballclubs SK Rapid Wien und des Austrian Golf Open und unterstützt auch andere zum Teil schwer durchschaubare Projekte.

Seit 2012 wird im Zusammenhang mit Lyoness auch von seriösen Schweizer Medien wie «Handelszeitung» und «Beobachter» starke Kritik am Geschäftsmodell von Lyoness geübt. Dem Konzern wurde das Betreiben eines illegalen Schnellballsystems vorgeworfen. Die österreichische Arbeiterkammer und der österreichische Verein für Konsumentenschutz mahnten eine skeptische Haltung gegenüber den versprochenen Vorteilen des Konzerns ein.

Das Schweizer Konsumentenmagazin «K-Tipp» führt Lyoness auf einer Warnliste allgemeiner Konsumfallen.

Will der Kunde mehr Rendite erzielen, muss er für 3000 Franken das Lyoness-Business-Paket erwerben, ein Hinweis auf ein Schneeballsystem, meinten die Kritiker. Da der Erwerb jedoch freiwillig erfolgt, liegt kein Gesetzesverstoß vor.

2012 und 2013 strahlte der ORF drei kritische Reportagen über das Lyoness-Geschäftsmodell aus. Im August 2013 sendete sogar der südafrikanische Sender CNBCAfrica.com einen kritischen Beitrag, bei dem es um den Vorwurf eines verdeckten Pyramidenspiels (Englisch: «ponzi scheme») ging.

Auch der Rundfunk Berlin-Brandenburg befasste sich Ende August 2013 mit Lyoness und prangerte die umstrittene Einkaufsgemeinschaft und die Werbeveranstaltungen in Deutschland an.

In Österreich der Hauptvorwurf der finanziellem Unregelmäßigkeiten in Form eines illegalen Gewinnerwartungssystems nach wie vor aufrecht, obwohl es sich im Sinne des österreichischen Strafgesetzbuches nicht um ein illegalen Pyramidenspiel handelt.

Aber das Landesgericht Krems an der Donau kam in einer Urteilsbegründung zum Schluss, das Lyoness-Geschäftsmodell sei einem Schneeballsystem so ähnlich, dass die Verträge mit den betreffenden Businesskunden nichtig seien. Das Urteil wurde rechtskräftig, Lyoness verzichtete auf eine Berufung. Auch die Korruptions-Staatsanwaltschaft in Österreich ermittelte 2014 noch gegen Lyoness.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) in Österreich klagte gegen Lyoness, es seien 61 Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gesetzeswidrig, das gilt als Negativrekord.

Das Oberlandesgericht in Wien hat am 12. April 2016 entschieden, daß Lyoness kein Pyramidenspiel im strafrechtlichen Sinn darstelle.
Der Vorwurf des Verstoßes gegen das Kapitalmarktgesetz und entsprechende Ermittlungen laufen weiter.

Die Zeitschrift «Beobachter» berichtete im Zusammenhang mit Lyoness schon Ende 2012 von Verdacht auf illegale Schenkkreise.

Die Schweiz bildete im Lyoness-System damals die Finanzdrehscheibe für den österreichischen Firmengründer Hubert Freidl (45). In Buchs im schweizerischen Kanton St. Gallen war die Lyoness International mit ihren Tochterfirmen zuhause, zum Beispiel die Lyoness Europe AG mit rund 30 Tochtergesellschaften.

Der Umsatz schnellte damals in der Schweiz in die Höhe, der ausgewiesene Gewinn blieb bescheiden. Die Bilanz warf Fragen auf. 2010 betrugen die Verbindlichkeiten anfangs 19,9 Millionen Franken bei einem Umsatz von 20,4 Millionen. Das Stammkapital belief sich auf überschaubare 35.000 Franken.

Wenige Monate später wurde die Bilanz um 11 Millionen nach unten korrigiert. Wohin die elf Millionen verschwunden sind, blieb ein Rätsel. Lyoness gab keine Erklärung dazu ab.

Ehemalige Anhänger des Systems berichteten schon vor vier Jahren, man komme mit diesem dubiosen System, also mit dem bloßen Einkauf und den damit gesammelten Rabatten, nie auf einen grünen Zweig.

Die Behörden in Schweden, Norwegen und Polen ermitteln wegen des Verdachts, Lyoness betreibe ein betrügerisches Schneeballsystem. In Australien wurde ein solche Klage im Oktober 2015 abgelehnt.

Das Berufungsgericht in Wien bestätigte im Januar 2016: Lyoness betreibt ein Schneeballsystem und verurteilte die Internet-Einkaufsgemeinsschaft zur Rückzahlung der als Businesspaket und Werkekampagne bezeichneten Investitionen eines Klärgers. Es war von einem Urteil die Rede. Das Berufungsgericht – wie schon das Erstgericht – sieht im Geschäftsmodell von Lyoness ein verpöntes Schneeballsystem. Beim Geschäftsabschluss des Businesspakets und der Werbekampagnen handle es sich um eine irreführende Geschäftspraxis, die gemäß § 879 ABGB unwirksam sei, urteilte das Gericht.

Die Behörden in der Schweiz wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) haben das Geschäftsmodell von Lyoness nie als «rechtlich einwandfrei» beurteilt. Von der Lotterie- und Wettkommission (Comlot) wurde sogar darauf hingewiesen, dass es sich um ein komplexes und undurchsichtiges System handle.

Als sich in der Schweiz 2012 die kritischen Berichte über Lyoness mehrten, wurde sogar der Vorwurf aut, Lyoness habe für sachdienliche Hinweise auf die Maulwürfe oder Whistleblower ein Kopfgeld von 45.000 Franken ausgesetzt.

Ein ehemaliger Lyoness-Partner erzählte in der Schweiz, er habe mit drei Freunden zusammen 100.000 Franken eingezahlt – in vier Jahren seien ihm jedoch nur 675 Franken ausgezahlt worden. Dabei habe er noch 90 weitere Personen in das System eingeschleust.

Auch die Schweizer Buchprüfer waren von den Geschäftspraktiken bei Lyoness nicht gerade hingerissen. Bei Lyoness Europe wurde in der Jahresrechnung 2010 ein Gewinn von 5,028 Millionen Franken ausgewiesen. Man gönnte daraufhin den Aktionären eine extrem großzügige Dividenden-Auszahlung in der Höhe von stattlichen 3,2 Millionen Franken.

Darauf legten die Buchprüfer der Revisionsstelle OBT AG in Buchs ihr Mandat nieder. Auch die Bilanzen der Lyoness International wollten sie nicht mehr prüfen. Der «Beobachter» berichtete, in der Schweiz seien damals namhafte Firmen wie Microsoft und Kuoni als Partner der Lyoness-Einkaufsgemeinschaft abgesprungen.

Die (PR & Corporate Communication) Abteilung der Lyoness Group AG in A-8010 Graz bezeichnet etliche Vorwürfe als veraltet.

Zum Vorwurf des Betreibens eines Pyramidenspiels und illegalen Gewinnerwartungssystems heisst es bei Lyoness: «Wir möchten betonen, dass bereits mehrere renommierte Juristen Gutachten zum Vorwurf des illegalen Gewinnerwartungssystems erstellt und festgestellt haben, dass das strafrechtliche Tatbild nicht erfüllt ist. Gerichte und Behörden in verschiedenen Ländern haben sich mit der Shopping Community Lyoness beschäftigt und sind bis dato alle zum selben Ergebnis gekommen: Es haben sich weder die Ermittlungen in Richtung Betrug noch jene hinsichtlich des Betreibens eines illegalen Pyramidensystems als stichhaltig erwiesen. Die australische Wettbewerbs- und Konsumentenschutzbehörde ACCC hat über Jahre hinweg gegen Lyoness wegen der Vorwürfe des «pyramid selling» und des «referral selling» ermittelt. Der seit August 2014 laufende Prozess vor dem Federal Court of Australia hat am 23.10.2015 mit der Einstellung geendet. In Schweden hat die Lotteriebehörde gegen Lyoness Strafanzeige wegen des Betriebs eines illegalen Pyramidenspiels erstattet. Die ermittelnde Staatsanwaltschaft hat die Untersuchungen am 16.12.2015 eingestellt. Begründet wurde dies zusammengefasst damit, dass die Beschuldigten keine Straftat begangen haben.»

Zu den Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Österreich gab Lyoness gegenüber SPEEDWEEK.com folgende Stellungnahme ab: «Jahrelang hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Österreich Ermittlungen gegen Lyoness geführt. Das Wiener Straflandesgericht hat dieses Ermittlungsverfahren mit Beschluss vom 18.11.2015 großteils eingestellt. Die verordnete Einstellung betrifft die Vorwürfe des schweren gewerbsmäßigen Betrugs sowie des Pyramidenspiels gegen Hubert Freidl und die Lyoness Europe AG. Nachdem die Staatsanwaltschaft gegen diese Entscheidung Beschwerde erhoben hatte, hat das Oberlandesgericht (OLG) Wien mit Beschluss vom 12. April 2016 die Entscheidung des Landesgerichts für Strafsachen Wien bestätigt und der Beschwerde der WKStA keine Folge gegeben. Somit ist das Ermittlungsverfahren sowohl gegen die Lyoness Europe AG als auch gegen CEO Hubert Freidl einzustellen. Die vorliegende Entscheidung des OLG Wien stellt unmissverständlich klar, dass Lyoness kein Ketten- oder Pyramidenspiel im Sinne des § 168a StGB (Strafgesetzbuch) betreibt und dass jegliche Ermittlungen wegen des Verdachts des schweren gewerbsmäßigen Betrugs zu beenden sind. Diese Entscheidung ist rechtskräftig.»

Übrig geblieben ist damit lediglich der Verdacht der Verletzung von Bestimmungen des Kapitalmarktgesetzes im Zusammenhang mit der seinerzeitigen Werbekampagne aus den Jahren 2008 und 2009.

Lyoness wehrt sich auch gegen den Vorwurf, man habe sich 61 gesetzeswidrige  AGB-Klauseln geleistet. «Den vom Österreichischen Konsumentenschutzverband VKI kritisierten 61 Klauseln liegen völlig veraltete AGB zugrunde», rechtfertigt sich Lyoness. «Die gegenwärtig gültigen AGB, die für Lyoness-Mitglieder zur Anwendung kommen, stammen aus dem Jahr 2014. Die angefochtenen Klauseln beziehen sich auf vier unterschiedliche AGB-Versionen (2007, 2008, 2009 und 2012), die einen längst vergangenen Zeitraum umfassen. Die immer wieder kritisierten Produkte werden seitens Lyoness nicht mehr angeboten. Darüber hinaus betreffen die kritisierten AGB sogenannte Zusatz-AGB für Unternehmer bzw. Selbstständige und nicht – wie fälschlich behauptet – Konsumenten. Lediglich ein einziger vom VKI beanstandeter Punkt betrifft die AGB für Konsumenten. In erster Instanz wurde dem Klagebegehren des VKI Folge gegeben. Die dagegen seitens Lyoness erhobene Berufung wurde zuletzt vom Oberlandesgericht Wien verworfen. Lyoness hat beim Obersten Gerichtshof jedoch auch gegen das die Erstentscheidung bestätigende Berufungsurteil das ausdrücklich für zulässig erklärte Rechtsmittel der ordentlichen Revision eingelegt.» Die angesprochenen Urteile seien somit nicht rechtskräftig, heisst es bei Lyoness.

Fakt ist: Die umstrittenen Businesspakete werden von Lyoness jetzt nicht mehr angeboten.

 

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