Aprilia: Ist das MotoGP-Projekt gefährdet?

Von Günther Wiesinger
Das Regenrennen von Brünn: Stefan Bradl (6) wird vom späteren Sieger Cal Crutchlow (35) attackiert

Das Regenrennen von Brünn: Stefan Bradl (6) wird vom späteren Sieger Cal Crutchlow (35) attackiert

Nach dem Zornausbruch von Aprilia-Präsident Roberto Colaninno zweifeln einige Experten an der Langfristigkeit dieses MotoGP-Projekts. Renndirektor Romano Albesiano dementiert.

Nach der punktelosen Schlappe beim GP von Österreich hoffte das Aprilia Racing Team Gresini in Brünn auf Wiedergutmachung. Mit Platz 14 von Stefan Bradl hielt sich der Erfolg im bescheidenem Rahmen.

Aprilia-Renndirektor Romano Albesiano versichert, dass das MotoGP-Projekt der Italiener trotz der mässigen Erfolge nicht gefährdet ist.

Romano, im Moment sind die Qualfyings und die mässigen Startplätze der Aprilia-Piloten Bautista und Bradl die größen Schwachpunkte. Im Frühjahr war Bautista einmal 13. im Quali. Das schaffen die Fahrer jetzt nicht mehr. Sie können den Extra-Grip der neuen, weichen Reifen nicht nützen. Warum?

Wir suchen da nicht die Schuld bei den Piloten, ganz sicher. Es ist eine Charakteristik des Motorrads.
Wir haben in der Woche vor dem Brünn-GP unser Hauptaugenmerk darauf gerichtet, schnellere einzelne Runden fahren zu können. Deshalb haben wir bei Stefan am Freitag ein neues Setting probiert, dass sich bewährt hat.
Wir haben eine Charakteristik in der Dämpfung hinten, die nicht den perfekten Grip erzeugt. Das heisst aber auch: Wenn wir das Maximum aus den weichen Reifen rausholen könnten, würden wir wahrscheinlich nicht in der Lage sein, in den Rennen immer mit dem weichen Hinterreifen zu fahren, was wir bis jetzt getan haben.
Wenn wir hinten mehr Grip hätten, würden wir eventuell in den Rennen den weichen Hinterreifen zerstören. Aber wir könnten dafür einen Schritt nach vorne im Qualifying machen. Darum bemühen wir uns jetzt. Das ist unser Ziel. Wir haben am Samstag einen weiteren Schritt probiert.
Es ist nicht leicht, hier zu identifizieren, wie wir vorgehen müssen. Aber wir glauben, wir haben einen guten Weg gefunden.
Die Motorleistung ist ebenfalls sehr wichtig. Davon kann man nie genug haben. Wir sind in diesem Punkt nicht die Stärksten, das wissen wir.

Welche Fortschritte lassen sich 2016 bei der Motorleistung noch erzielen?

Schwierig zu sagen. Aber ich denke, wir könnten bis zum Saisonende noch mindestens 10 PS finden.

Diese 10 PS würden auch im Qualifying nützlich sein?

Ja, sie würden uns überall helfen.

Ducati holte in Österreich in drei Kurven beim Beschleunigen dank der Power insgesamt fast eine Sekunde auf alle Gegner heraus – durch die perfekte Beschleunigung. Cal Crutchlow sagte, das sei eine geschenkte Sekunde, die sich nicht wettmachen lässt.

Wir haben eine neue Motor-Spezifikation mit mehr Leistung nach Österreich gebracht. Ausserdem haben wir versucht, beim Bremsen und Beschleunigen unsere Performance zu maximieren. Beim Gasgeben hat das Wheelie-Problem unsere Performance beeinträchtigt.

Der neue Upgrade-Motor von Stefan Bradl musste in Österreich nach dem Warm-up am Sonntag wegen Vibrationen ausgetauscht werden?

Ja, wir haben aber dann keinen Fehler oder Defekt in diesem Motor gefunden. Die Vibrationen müssen wohl von den Reifen gekommen sein.
Stefan hat dann für Samstag in Brünn einen neuen Motor mit dieser Spezifikation erhalten.

Zum Dashboard. Aprilia hatte nie probiert, ob die Information für eine Durchfahrtsstrafe von der Race Direction korrekt im Dashboard angezeigt wird? Das war falsch programmiert? Laut Stefan Bradl gab es ein gelbes Licht, dazu eine rote Lampe, die Rundenzeit und Sektorzeit konnte er nicht mehr ablesen?

Unsere Fahrer hatten wegen der Frühstarts in Österreich erstmals die Möglichkeit, diese Situation zu testen. Das Problem war der Kontrast. Die Farbe des Hintergrunds und die Farbe des Textes waren fast identisch, deshalb konnten die Worte nicht gelesen werden. Die Fahrer konnten nicht sehen. Gar nichts.

Aprilia hat das nie getestet?

Nein, das war ein Fehler.

Stefan Bradl hatte in Spielberg Nachteile, weil er den Zwei-Tage-Test verpasst hat und dann im Rennen nicht den neuen Motor verwenden konnte. Erwartest du jetzt eine klare Steigerung von ihm? Auch im Qualifying?

Ich habe in Österreich zu Stefan gesagt: «Ich bin happy.» Denn nach dem Crash im Warm-up in Sachsen hat er eine schwierige Zeit erlebt. Die Rückkehr war nicht einfach. Ganz sicher.
Er hatte schon bei den Rennen vorher Schwierigkeiten, er war nie bei 100 Prozent, er selbst nicht und das Motorrad nicht. Das hat nicht zusammengepasst. Aber während des Österreich-GP sah ich ihn stark fahren, trotz aller Probleme hat er eine gute Pace gehabt, auch in Brünn von Beginn weg. Ich habe erkannt, dass er sich wieder erfangen und gesteigert hat. Das hat sich in Brünn bestätigt.

Es sieht so aus, als sei Aprilia-Präsident Colaninno am Sonntag nach dem Österreich-GP sehr zornig gewesen. Macht dir das Kopfzerbrechen? Besteht die Gefahr, dass er das MotoGP-Projekt frühzeitig beendet, wenn der Erfolg ausbleibt und nur die hohen Kosten übrig bleiben?

Ich glaube nicht. Wir haben ein langfristiges Konzept, wir haben einen Vier-Jahres-Vertrag mit Gresini bis Ende 2018. Wie gesagt: Der Präsident ist unser größter Fan und unser Hauptsponsor. Er würde gerne etwas Befriedigung erleben. Wir verstehen, dass er manchmal verärgert ist und zornig wird.
Aber ich sehe keine Gefahr, dass das Projekt gestoppt wird.

Aprilia hat als einziger der sechs Hersteller keinen eigenen Teamplatz, er wurde durch ein Joint Venture mit Fausto Gresini fixiert. Ist das ein Vorteil oder ein Nachteil?

Bisher war es überhaupt kein Nachteil. Wir sind komfortabel mit dieser Situation. Vielleicht werden wir in Zukunft unser eigenes Werksteam betreiben. Darüber werden wir nächstes Jahr diskutieren. Zuerst haben wir das Ziel, das Motorrad konkurrenzfähig zu machen. Wir möchten es top-konkurrenzfähig machen. Momentan ist es fast okay, aber das ist nicht genug.

Hat Aprilia auch einen eigenen Vertrag mit der Dorna?

Fausto Gresini hat wie jedes unabhängige Team seinen eigenen Vertrag mit der Dorna. Welche Vereinbarung wir mit der Dorna haben, darüber kann ich nicht reden. Es wurde Vertraulichkeit vereinbart.

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