Hat die Motocross-WM in der Schweiz noch Zukunft?

Von Rolf Lüthi
Schweizer Fahnen auf Halbmast: Keine Cross-WM mehr in der Schweiz

Schweizer Fahnen auf Halbmast: Keine Cross-WM mehr in der Schweiz

Der MXGP Switzerland war ein Sportanlass von nationaler Bedeutung. Eine Gruppe von Anwohnern und Umweltverbänden verhinderten eine weitere Durchführung und schreckten auch vor fragwürdigen Methoden nicht zurück.

«Wir blicken zurück auf drei gelungene Veranstaltungen mit jeweils mehr als 30.000 Zuschauern, aber auch auf fünf Jahre juristische Streiterein mit einer kleinen Gruppe von Anwohnern und Umweltverbänden, die über praktisch unbegrenzte finanzielle Mittel verfügen. Wir haben rund 100.000 Franken mit Gerichts- und Anwaltskosten verloren. Davon haben wir vorläufig genug», fasst Willy Läderach die vergangenen Jahre zusammen. Der 78-jährige Macher ist Geschäftsführer der Firma MXGP Switzerland, die von 2016 bis 2018 am Stadtrand von Frauenfeld drei Motocross-WM-Events organisierte.

Die Veranstaltungen entpuppten sich von Anfang an als durchschlagender Erfolg: mehr als 30.000 Zuschauer an der Strecke, Live-Übertragung im Schweizer Fernsehen, alle Hotels im Umkreis von 50 km ausgebucht, geschätzte drei Millionen Franken Wertschöpfung in der Region.

Eine kleine, medial stark stark präsente Gruppe von Anwohnern und die Umweltverbände WWF, VCS und Pro Natura interessierten solche wirtschaftlichen Aspekte nur am Rande. Sie bekämpften dieses Rennen von Anfang an mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln.

Das Thurgauer Verwaltungsgericht wies 2018 die Beschwerde eines Anwohners gegen die Bewilligung, welche die Thurgauer Kantonsregierung für diese Veranstaltung erteilt hatte, ab. Der Anwohner hatte also nicht den Veranstalter, sondern die Thurgauer Behörden eingeklagt. Das kantonale Verwaltungsgericht wies diese Beschwerde ab, weil der Anwohner gar nicht in der Nähe der Motocross-Strecke wohnte und darum nicht einspracheberechtigt war. Das hielt das Gericht trotzdem nicht davon ab, dem Veranstalter die Hälfte der Gerichtskosten aufzubrummen (2500 Franken), weil man dem Einsprecher mit einer Schadenersatzklage gedroht hatte.

Es kam dann ganz anders. Nach der Urteilsverkündung stellte der Rechtsanwalt des Klägers den Motocross-Veranstalter vor die Wahl: Entweder übernähme der Veranstalter neben der anderen Hälfte der Gerichtskosten auch sein Anwaltshonorar, oder man würde die Beschwerde weiterziehen ans Bundesverwaltungsgericht. So eine Klage vor der nächsten Instanz hätte wohl eine aufschiebende Wirkung gehabt, womit die Veranstaltung zwei Monate vor dem Termin mit einem enormen finanziellen Verlust hätte abgesagt werden müssen. Eine echte Wahlmöglichkeit hatten MXGP Switzerland-Promoter deshalb nicht. Trotz des Gerichtsurteils blieb nichts anderes übrig, als die gesamten Kosten der Streiterei inklusive des Rechtsanwalts-Honorars zu übernehmen. Es war von einem Betrag von total fast 50.000 Franken die Rede. Und das für einen Beschwerdeführer, dem das Gericht zuvor die Legitimation zu dieser Beschwerde abgesprochen hatte.

Für den MX-GP 2019 folgte dann die vorläufig letzte Episode einer Erfolgsgeschichte, die in einem Trauerspiel endete: Die Thurgauer Regierung forderte vom Veranstalter für den Bau des Parcours’ eine Baubewilligung, doch das Thurgauer Amt für Umwelt wollte keine Möglichkeit finden, eine entsprechende Zone zu definieren, auf der elf Sprunghügel permanent errichtet werden konnten.

Der mutmassliche Grund: Der Kanton Thurgau scheint vor den finanziell mächtigen Umweltverbänden eingeknickt zu sein.

Diese hatten angekündigt, eine allfällige Veranstaltungsbewilligung durch alle Instanzen bis vor das Bundesgericht anzufechten. Das Risiko, von einem nationalen Gericht gerüffelt und zurückgepfiffen zu werden, haben die Thurgauer Behörden also vermieden.

Dieses Risiko bestand tatsächlich, weil sich 20 Prozent des Areals, auf dem die Piste und die Tribünen aufgebaut wurden, in der Landwirtschaftszone befindet. In dieser Zone sind permanente Bauten (wie Sprunghügel) und Erdverschiebungen nicht zulässig. In welcher Grössenordnung die kantonalen Behörden Ausnahmen bewilligen können, ist juristisch nicht klar und nicht bis in alle Details geregelt. «Es geht uns nicht darum, dieses Volksfest zu verhindern. Es geht uns einzig darum, dass das Bewilligungsverfahren in Zukunft gesetzeskonform abläuft», versicherte Toni Kappeler, Präsident von Pro Natura Thurgau, im Frühling 2018.

«Inzwischen haben sich mehrere Landbesitzer gemeldet, die uns ihr Land für weitere MXGP of Switzerland-Events zur Verfügung stellen wollen», erzählt Läderach. «Das ist alles Landwirtschaftsland. Wir haben dankend abgelehnt, denn die gleiche Streiterei ginge gleich wieder los. Wir brauchen Land in einer Zone, in der gebaut werden darf, dann haben die Umweltverbände nichts zu sagen. Daran arbeiten wir auf 2020 hin. Wenn die Umweltverbände dreinreden können, ist das alles aussichtslos, die machen einem alles kaputt.»

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