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Der Talkessel-Mythos 'Todesberg'

Kolumne von Thoralf Abgarjan
Der 'Todesberg' im Talkessel von Teutschenthal ist einzigartig und spektakulär. Hier haben Jeffrey Herlings und Tim Gajser in den letzten Jahren ihre Titelambitionen begraben. Seinen Namen erhielt er von Paul Friedrichs.

Der 'Todesberg' gilt als der spektakulärste Stellenteil im Talkessel zu Teutschenthal. Dieser Bereich ist der einzige, der seit der Streckenerrichtung in den 1960er Jahren nahezu unverändert geblieben ist. Er ist über die Jahrzehnte zwar immer höher geworden, hat aber seinen Grundcharakter nie verändert.

Es handelt sich um die Steilauffahrt, die sich heute direkt nach der ersten Linkskurve nach der Startgeraden befindet und die in dieser Form einzigartig auf der ganzen Welt ist. Um es gleich vorweg zu nehmen: Der 'Todesberg' hat, wie der gesamte Talkessel, keine Todesopfer gefordert. Es ist eine Auffahrt, die jedem Piloten eine Menge Respekt einflößt.

Der Todesberg aus Fahrerperspektive
Aus der Perspektive des Piloten fährt man mit Vollgas auf eine von der Talseite senkrecht erscheinende, riesige Wand zu, was allein schon Überwindung und Mutprobe ist. Wer das Gas zu früh wegnimmt, hat keine Chance, die Auffahrt bis zur Kuppe zu schaffen und wird irgendwo am Hang hängenbleiben, was äußerst unangenehm werden kann. Also heißt es: 'Augen zu und durch' und voll beschleunigen. An der Talsohle werden Fahrer und Motorrad voll zusammengepresst und man rast buchstäblich gen Himmel. An der Absprungkante wird von den Profis heute gerne gescrubbed, um die 'Airtime' zu verkürzen. Und genau hier haben sich einige Tragödien abgespielt.

2013: Eli Tomac fliegt beim MXoN ab
Beim Motocross der Nationen 2013 flog Eli Tomac bei der Verfolgung von Ken Roczen am 'Todesberg' wie Spiderman ab. Kurz vor dem Gipfel rutschte ihm das Vorderrad weg. Der Amerikaner sprang quer ab, wurde von seinem Bike meterhoch in die Luft katapultiert und stürzte frei fliegend zu Boden. Die spektakulären Bilder seines Crashs gingen um die Welt, denn die Amerikaner wollten die Nations an diesem Tage gewinnen und sahen diese Bilder aus dem ersten Lauf. Tomac schaffte es, sich so abzurollen, dass er unverletzt blieb. Er rannte zu seinem Motorrad, welches mehrere Meter neben ihm eingeschlagen war, fuhr weiter und beendete das Rennen auf Platz 16.

2015: Herlings verliert die WM
WM-Leader Jeffrey Herlings scrubbte 2015 im ersten Lauf der MX2-Klasse zum Großen Preis von Deutschland gleich nach dem Start und blieb mit der Fußraste am Boden hängen. Sein Bike geriet ihm außer Kontrolle. Der Niederländer stürzte und brach sich dabei das Schlüsselbein. Dieser Crash war der Anfang vom Ende der Saison 2015 und der alles überragende Niederländer verpasste so den WM-Titel.

2017: Gajser bricht sich das Schulterblatt
2017 erwischte es Tim Gajser im Qualifikationsrennen zum Deutschland-Grand-Prix nach der Landung am Todesberg - ebenfalls in Führung liegend. Der Slowene scrubbte über die Bergkuppe, landete aber unglücklich in einer Bodenwelle und wurde in der nächsten Beschleunigungswelle aus dem Sattel katapultiert. Er brach sich dabei das Schulterblatt und vermasselte sich die Saison und die mögliche Titelverteidigung.

Gajsers legendäre Todesberg-Scrubs
Die legendären Scrubbing-Bilder von Tim Gajser und einigen anderen Fahrern wurden auf der Kuppe des Todesberges geschossen.

Wie der 'Todesberg' seinen Namen bekam
Aber wie kam der Steilhang in Teutschenthal zu seiner skurrilen Bezeichnung 'Todesberg'? Die Antwort gibt ADMV-Geschäftsführer Harald Täger auf einer DVD anlässlich des 50-jährigen Bestehens des MSC Teutschenthal: «Anfang der 1970er Jahre kam der MC Teutschenthal auf die Idee, den südlichen Steilhang noch höher aufzuschütten und ausgerechnet der dreifache Weltmeister Paul Friedrichs weigerte sich, diesen Hang zu befahren. Seitdem hieß diese Auffahrt 'Todesberg'

Allerdings bewältigte Friedrichs den Hang dann trotzdem mit scheinbar müheloser Eleganz. Im Feld dahinter gab es jedoch des öfteren Staus durch strauchelnde Fahrer, die an der Auffahrt hängengeblieben waren.

Einer der Helden des Talkessels, Torsten Wolff, der vor dem Fall des eisernen Vorhangs mehrere internationale Rennen im Talkessel gewann, hat auch sehr spezielle Erinnerungen an den 'Todesberg'. In den 1990er Jahren blieb ihm bei der Auffahrt der Gasschieber des Vergasers hängen. Mit Vollgas beschleunigte er über die Bergkuppe gen Himmel. Bei der Landung des viel zu hohen und viel zu weiten Sprungs brach er sich beide Beine, was das Ende seiner Motocross-Karriere einläutete. Auf meine naive Frage, ob ihn in dem Moment nicht das Ziehen der Kupplung hätte retten können, antwortete er: «Die Kompression ist bei der Auffahrt derart groß, dass du froh sein kannst, den Lenker zu halten. An Kupplung ziehen ist in dem Moment nicht zu denken.»

Eine intensive Erinnerung an den Todesberg hatten auch die Gebrüder Dietrich, die in den 1980er Jahren mit ihren Gespannen den Talkessel zum Brodeln brachten. Zu Trainingszwecken fuhren sie die Strecke entgegen der Fahrtrichtung. «Von der anderen Seite sieht das aus wie ein normaler Sprunghügel», erinnert sich Fahrer Walter Dietrich. «Leider erst als wir abgesprungen waren, bemerkten wir, dass wir gerade den Steilhang herunterflogen. Wir konnten im Flug nichts mehr machen. Also sprangen wir bis runter ins Tal und sind unten brutal zusammengestaucht worden. Aber mehr ist zum Glück nicht passiert.»

Wenn am 11. Mai historische Motorräder zu den 'TalkesselClassics' ausrücken, wird der Todesberg übrigens aus Sicherheitsgründen umfahren. Wenn es am 22. und 23. Juni wieder um WM-Punkte geht, wird der einzigartige 'Todesberg' natürlich wieder regulär befahren und die Zuschauer werden auch vom 'Hang der Nationen' aus wieder viele spektakuläre Scrubbing-Szenen von Gajser, Cairoli, Jacobi und Co. sehen.

Bis dahin wird auch MXLive-TV-Kommentator Paul Malin den Berg nicht mehr nur als 'steep hill' bezeichnen, sondern als das, was er ist: 'The iconic hill of death'!

Crash von Eli Tomac 2013:

Crash von Jeffrey Herlings 2015:

Tim Gajsers legendärer Scrub am Todesberg:

Gajsers Crash 2017 nach der Landung am Todesberg:

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