AvD-Histo-Monte: Röhrl wieder in Monte Carlo

Von Toni Hoffmann
Auf der Straße der Erinnerungen....

Auf der Straße der Erinnerungen....

Blühende Blumen an der Côte d’Azur, Schnee auf den Gipfeln und Straßen, die zum Rallyefahren gemacht sind: So ldas Menü des AvD-Histo-Monte-Schlusstags, das nicht nur bei Walter Röhrl nostalgischer Gefühle aufkommen ließ

«Wenn ich hier oben bin, dann ist das wie früher. Vielleicht liegt es an dem großen Erfolg von damals. Aber auf dem Turini fühle ich mich dreißig Jahre jünger. Ich habe keine Sekunde bereut, hier noch einmal mitzufahren.» So formuliert es Walter Röhrl am Kamin im Hôtel les Trois Vallées, wo ihm schon immer Laetitias legendärer Blaubeerkuchen besonders geschmeckt hat. Viermal und das auf vier verschiedenen Fahrzeugen hat der zweifache Rallye-Champion die «Königin der Rallyes» gewonnen.

Es ist der unbestrittene Höhepunkt des vierten Tages der 21. AvD-Histo-Monte. Vielleicht der Höhepunkt überhaupt bei dieser Fahrt auf historischen Originalstrecken aus über 100 Jahren Rallye Monte Carlo. Dabei beginnt schon der Morgen mit einem besonderen Schauspiel, nach einem langen Winter. Leichte Bewölkung an der Côte d´Azur, schnell hebt sich die Dämmerung über der Strandpromenade von Cannes, deren Beleuchtung wie eine funkelnde Perlenschnur das Land vom Meere trennt. Die blaue Stunde. Und beim Frühstück im seeseitigen Saal des Pullman Hotels Royal Casino steigt ein tiefroter Streifen aus dem Meer, gefolgt von einem Sonnenaufgang, der einen wunderbaren Tag verheißt: Es geht mit einem Hauch von Frühling hinauf auf den Col de Turini.

Doch erst einmal lauern gleich zwei geheime DKs, um ordentlich in Schwung zu kommen. Wer jetzt das Roadbook nicht richtig gelesen hat, der zieht keinen Joker. Aber wie auch immer, die schmale Straße windet sich bei Les Gleirettes den Berg hinauf, wie ein Vorgeschmack auf die weltberühmte Passstraße in der Mittagszeit. Und weiter geht es, über Col de la Sine und Col de Bleine, nun bereits 1439 Meter über dem Meer. Wie groß aber dann der Kontrast in der Tiefe, denn noch einmal geht es hinunter und am Grunde der Schlucht von St. Auban rauscht laut der schnelle Fluss, der diesen märchenhaften Schlund gegraben hat, durch den sie einst wie einen steinernen Aberwitz die Straße hindurchgetrieben haben.

Doch dann ist es endlich soweit. Die Nadel im mechanischen Kompass dürfte fast kreiseln wie ein Propeller, denn das Hin und Her der Spitzkehren am Fuße des Turini lässt bereits ahnen, was nun kommt. Aber die Überraschung ist noch größer, denn oberhalb der letzten Häuser ist man plötzlich allein mit sich, dem Auto, der Straße und dem Himmel. Gehöriger Respekt stellt sich ein. Dieses Ding bei Nacht bezwingen? Gegen die Uhr? Und gegen die Gewissheit, die droht, wenn nur ein Fehler geschieht.

Steiler wird der Fels, immer höher steigt das Band, immer weiter das Panorama, immer tiefer der Blick über die nur kniehohen Mauern. Dann ist der Schnee wieder da, obwohl in Cannes bereits die ersten Blüten sprießen. Die Bäume sind weiß, darunter ducken sich knorrige Tannen und gefrorene Mauern aus verharschtem Schnee steigen am Straßenrand bis auf Augenhöhe. Und oben dann, inmitten des plötzlichen Winters, die Pause im Hôtel les Trois Vallées, dem Haus der drei Täler, denn es führen auch drei Wege hinauf auf den Col de Turini mit seinen 1609 Höhenmetern.

Bis auf den letzten Platz schieben sich die Teilnehmerfahrzeuge auf dem Parkplatz zusammen, ebenso eng aber freudig die Stimmung im Hause. Und mitten drin ein gelöster Walter Röhrl, der besonders gerührt zu sein scheint. Viermal Sieg auf vier verschiedenen Marken. Hier hat er alles erreicht, was man in seinem Sport erreichen kann. Die Monte ist die Monte. Und alle haben soeben eine Ahnung bekommen, was das wirklich an Herausforderung bedeutet.

Ebenso spektakulär folgt dann der Abstieg in Richtung Monte Carlo. Der Yachthafen von Monaco, dort, wo auch die offizielle Monte endet. Aber erst einmal sind da wieder Serpentinen über Serpentinen, die teils in gemauerten Blöcken übereinanderliegen. Wer hat so etwas dereinst gebaut? Dann wandert eine bruchsteinerne Bogenbrücke in den Blick, die auf eine Kapelle zuläuft, die wie ein Adler auf dem Felsen thront, hoch über dem Tal und der Strecke, die schon so viele Stoßgebete erlebt haben muss. Und noch immer geht es über kurvige Straßen weiter, so, als würde das nun für immer so bleiben.

Doch der Hafen bietet noch immer Platz für das Starterfeld, das nun die schmutzverkrusteten Klassiker abstellt, um diesen besonderen Triumph zu genießen: Es ist geschafft. 1730 Kilometer in vier Tagen, und niemand kann die Kurven zählen. Etwas Müdigkeit wird weggeblasen von der Besonderheit des Augenblicks.

Es ist ein Erlebnis fürs Leben – besonders für die Sieger der 21. AvD-Histo-Monte: Horst und Jörg Friedrichs. 2012 waren die Opel-Fahrer im wahrsten Sinne des Wortes am Triumph vorbeigeschrammt, 2015 fingen sie sich am letzten Tag zwei Reifenschäden ein. Diesmal ging alles gut und sie konnten sich endlich über den lang ersehnten Gesamtsieg freuen. In ihrem Windschatten liefen Peter Kochenrath/Jörg Ramme (Audi GT 5E) sowie Dani Chylik/Birgit Dangl (BMW 2000 Touring) ein.

Egal ob Sieger oder nicht, bei der festlichen Abschluss-Gala war die Stimmung spätestens nach dem Auftritt von Urban Priol ausgelassen. Auf der Bühne malte der Star-Kabarettist die rosige Zukunft der AvD-Histo-Monte aus, wenn die Fahrer und Beifahrer in autonom fahrenden Autos sitzen: «Das ist doch super. Dann sind wir viel schneller an der Bar – oder wir bleiben gleich ganz Zuhause.»

Priol (BMW 2000 Tilux) holte bei seiner vierten Histo-Monte-Teilnahme den zweiten Platz in der Sanduhrklasse sowie Rang 17 im Gesamtklassement. Damit war er der beste VIP-Starter. Der Deutsche Rallye-Meister Matthias Kahle beendete die Winterrallye auf der 58. Position. Weltmeister Walter Röhrl wurde 74. und gab bei der Gala trocken zu Protokoll: «Wir haben die Veranstaltung wohl etwas anders interpretiert als der Rest.»

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