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Honda-Manager: «Die Meinung von Japan ist nicht klar»

Von Ivo Schützbach
Superbike-WM-Vermarkter Dorna will für 2018 allen Herstellern ein einheitliches elektronisches Steuergerät mit dazugehöriger Software aufs Auge drücken. Die Reaktionen sind gespalten.

Den sieben Herstellern in der Superbike-WM wurde innerhalb der Superbike-Commission mitgeteilt, dass für 2018 aller Voraussicht nach eine Einheits-ECU von Magneti Marelli (Hardware und Software) zwingend eingeführt wird, und zwar eine leicht abgespeckte MotoGP-Version. So sollen die überragenden Werks-Kawasaki eingebremst und die Leistungsdichte insgesamt erhöht werden.

Kawasaki, Ducati, Yamaha und MV Agusta verwenden schon jetzt eine Motoren-Steuerung von Magneti Marelli, Honda beim 8h-Langstrecken-Motorrad für Suzuka ebenfalls. Nur in der Superbike-WM setzt Honda auf eine Cosworth-ECU, Aprilia auf die hauseigene APX und BMW auf Bosch.

Die vier Hersteller, die bereits auf Marelli vertrauen, verfügen über eine MLE-Version, das stand ursprünglich für «Mid Level ECU».

BMW spricht sich gegen eine Einheits-Elektronik aus, weil sie die Superbike-WM als Entwicklungsfeld für die Serie nützen. Kawasaki schließt sich dieser Argumentation an, die Japaner sind ebenso wie die Bayern nicht in der Königsklasse MotoGP vertreten.

Aprilia, Ducati und Yamaha sind auf SBK für die Serienentwicklung weniger angewiesen, da sie sämtliche Elektronik-Informationen in der MotoGP-Klasse gewinnen können.

Für Honda gilt dasselbe, deshalb wäre der Weggang vom vielgescholtenen Elektronik-Partner Cosworth zu verschmerzen.

Und MV Agusta wird von einer Einheits-Elektronik von Magneti Marelli profitieren, da sich die mangelnden personellen und finanziellen Ressourcen dann nicht mehr so gravierend auswirken wie jetzt.

SPEEDWEEK.com traf sich im Fahrerlager von Misano mit Honda-Manager Marco Chini. Der Italiener ist für die Superbike-Belange des weltgrößten Motorrad-Herstellers verantwortlich.

Marco, wie steht Honda zum Vorschlag einer Einheits-ECU?

Noch ist die Honda-Meinung dazu nicht klar. Ich habe Honda Japan mitgeteilt, über was gesprochen wird. Die Dorna hat einen Vorschlag unterbreitet und die Hersteller um ihre Meinung gebeten – jetzt reden wir intern darüber. Wir wollen detailliert wissen, wie die Einheits-ECU aussehen soll. Es gibt noch keine technischen Details, das Konzept steht zur Diskussion. Sobald die Reaktionen der Hersteller vorliegen, werden die Details folgen.

Honda benützt in MotoGP und beim Langstreckenrennen in Suzuka bereits die Motorsteuerung von Magneti Marelli. Wäre es ein Vorteil für euch, wenn ihr in der Superbike-WM mit dem gleichen Lieferanten arbeitet?

Wenn alle mit der gleichen ECU und Software fahren, dann hat keiner mehr einen Vorteil. Okay, die jetzigen Marelli-Teams werden zu Beginn einen Vorteil haben.

Momentan läuft unser Vertrag mit Cosworth von Jahr zu Jahr, ein Wechsel wäre kein Problem.

Letztlich ist das die Entscheidung des Promoters.

Wäre es gut für die Superbike-WM, wenn alle die gleiche Elektronik verwenden?

Wenn man versucht alle auf einen Level zu bringen, dann ist das gut für die Meisterschaft. Dann wird die Show besser.

Es ist aber schwierig zu verstehen, wie sich das umsetzen lässt. Die letzten Jahre wurde viel unternommen, aber nicht jede Idee hat funktioniert. Man muss sich wirklich alles im Detail ansehen und vieles berücksichtigen. Man kann nicht davon ausgehen, dass man eine Einheits-ECU einführt und damit alle in der Meisterschaft auf einen Level bringt.

Es braucht ja auch die richtigen Leute, welche die Elektronik bedaten.

Und außerdem die richtigen Fahrer, einen Testplan und ein gescheites Budget, um das Paket bestmöglich hinzubekommen. Es wird auch dann so sein, dass die Werksteams, die Teams mit den größten Budgets, einen Vorteil haben.

Legt die Dorna Wert darauf, dass der Großteil der Hersteller einem Vorschlag zustimmt? Oder werden sie dieses Projekt zur Not auch gegen den Willen der Mehrheit durchboxen?

Wir wissen es nicht. Sie wollen die Meinung der Hersteller wissen. Sie sind aber auch verantwortlich für die Meisterschaft. Wenn etwas schief läuft, liegt es in der Verantwortung der Dorna. Und wir wissen, dass sich die Dorna manchmal – sagen wir, unabhängig – entscheidet.

Die Dorna drängt seit Jahren auf eine Einheits-Elektronik. Nachdem diese in MotoGP gut funktioniert, gibt es nicht mehr viele Argumente, die gegen eine Einführung in SBK sprechen.

Sie machen absolut klar, dass sie die Meisterschaft ausgeglichener gestalten wollen. Und Privatteams sollen konkurrenzfähig sein.

Zieht Honda aus der Verwendung der Cosworth-Elektronik einen Nutzen für die Serienentwicklung? Ihr habt ja die Magneti-Marelli-Daten aus MotoGP und von den Suzuka-Teams.

Es gibt einen Nutzen unter verschiedenen Gesichtspunkten. Dieser Nutzen ist aber anders, als der von BMW. Weil wir auch in MotoGP vertreten sind – MotoGP ist die technische Referenz. BMW nützt die Erkenntnisse aus der Superbike-WM so intensiv, weil sie in MotoGP nicht dabei sind.

Bei Honda werden vielfältige Informationen genützt, weil wir im Rennsport sehr breit aufgestellt sind: MotoGP, Superbike, Moto3, Moto2, Dakar, MXGP. R&D bekommt so viele Infos.

Ich verstehe, dass BMW auf den Kundensport abzielt – bei ihnen ist diese Beziehung stärker, als bei uns.

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