Chaz Davies (4.): «Hätte mir einen Arm abgeschnitten»

Von Ivo Schützbach
Ducati-Werksfahrer Chaz Davies ging davon aus, bei der Superbike-WM in Portimao den zweiten Gesamtrang zu verlieren und es kaum in die Top-10 zu schaffen. Nach zwei Schlüsselbeinbrüchen wuchs er über sich hinaus.

Während der neunwöchigen Sommerpause hat sich Chaz Davies gleich zweimal das rechte Schlüsselbein gebrochen: Zuerst beim Training mit dem Mountainbike, dann beim Supermoto.

Weil der Bruch schief stand, musste der Knochen operiert und mit einer Platte stabilisiert werden. Diese wurde halsseitig mit drei Schrauben verankert und zum Schultergelenk hin mit fünf Schrauben.

Erstaunlich, was der Waliser die letzten Tage geleistet hat: Zweimal Platz 4 in den Rennen, das bei über 30 Grad Celsius, zudem verteidigte er den zweiten WM-Rang. Auch wenn er zehn Punkte seines Vorsprungs auf Verfolger Michael van der Mark (Pata Yamaha) einbüßte, sind es noch 20.

Nach dem ersten Rennen war Davies nicht in der Lage selbst den Helm abzunehmen, weil er die Arme nicht mehr hochbrachte. Nach dem zweiten Lauf war er zumindest für ein Interview fit genug.

Chaz, du siehst besser aus als erwartet.

Aber ich fühle mich echt mies.

Es geht kaum schwieriger, als ein Superbike-Rennen in Portimao zu fahren, auf einer der körperlich anstrengendsten Strecken im Kalender. Wenn du nicht 100-prozentig fit bist, ist es noch schwieriger. Deshalb bin ich mit meinen Ergebnissen auch so zufrieden.

Am Freitag schaffte ich es gerade so in die Top-15, wenn mir da jemand erzählt hätte, dass ich zweimal Vierter werde – dafür hätte ich mir einen Arm abgeschnitten. Ich bin sehr müde, mir tut alles weh, ich bin aber auch sehr glücklich.

Normale Menschen liegen mit so einer Verletzung zuhause auf dem Sofa, du fährst mit einer über 200 PS starken Ducati Rennen.

Für Freitag hatte ich mir vorgenommen langsam zu beginnen und mich langsam zu steigern. Samstagmorgen machte es dann klick und ich fand einen Weg, um einige Probleme zu umfahren und mich auf dem Motorrad wohler zu fühlen. Außerdem stellten mir meine Jungs eine Motorradabstimmung hin, die mein Leben einfacher machte.

Hast du volle Bewegung in der Schulter?

Der Bewegungsradius ist gut, das ist nicht das Problem. Aber es fehlt mir an Kraft, und die Narbe tut unter der Lederkombi durch den ausgeübten Druck weh. Der Knochen ist noch nicht ganz zusammengewachsen.

Rechtskurven waren ein massives Problem, Linkskurven gingen.

Letztlich waren die Rennen ein guter Test, ich habe die letzten zehn Wochen nichts für meinen Oberkörper getan.

Ich habe mir das Schlüsselbein gebrochen und anschließend versucht wieder fit zu werden. Ich dachte mir, dass ich acht Wochen Zeit und keine Eile hätte, also habe ich es nicht überhastet. Dann brach ich es mir erneut und dachte mir – Mist.

Montagmorgen lasse ich mich röntgen, dann sehen wir, wie der Bruch steht.

Hast du während des Wochenendes Schmerzmittel genommen?

Ja. Freitag fuhr ich ohne, ich hätte auch die Rennen ohne fahren können. Die Schmerzen waren auch nicht das Schlimmste, sondern die Ermüdung und die eingeschränkte Bewegung. Dass ich nicht machen konnte, was ich normal mache.

Wie wichtig war es dir, den zweiten WM-Rang zu verteidigen?

Ich wollte ihn nicht kampflos abgegeben und den Schaden so gering wie möglich halten. Ich rechnete damit, dass van der Mark stark sein würde und dachte mir, dass, wenn er zweimal aufs Podium fährt, wir nach Portimao ungefähr punktgleich sein würden. Mein realistisches Ziel für das Wochenende waren zwei Top-10-Ergebnisse.

Am Freitagabend dachte ich mir, dass ich froh sein kann, wenn ich Punkte hole. Ich rechnete damit, dass ich nach dem Wochenende nur noch WM-Dritter bin. Dass ich jetzt immer noch 20 Punkte vor ihm liege, ist außerordentlich gut.

Dass du auf die Rennen verzichtest, war inakzeptabel?

Das war undenkbar. Ich musste es versuchen.

Wie ist dir der Riesenfortschritt von Freitag hin zu den Rennen gelungen?

Das verdanke ich meiner Crew, sie gaben mir ein Motorrad, mit dem ich in der Kurvenmitte nicht so viel Kraft brauchte. Das Bike lenkte besser, ich brauchte nicht so viel Energie, um das Motorrad um die Kurven zu bewegen. Ich habe meinen Fahrstil entsprechend angepasst.

Durch so ein Set-up verlierst du die letzten paar Prozent Performance?

Ja, wir hätten normal ein bisschen mehr zu bieten gehabt.

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