Reifen-Chaos: Die Teams bekommen klare Anweisungen

Von Ivo Schützbach
Jahr für Jahr erleben wir bei der Superbike-WM auf Phillip Island Reifenplatzer, Stürze, Verletzungen und verkürzte Rennen. Pirelli-Rennchef Giorgio Barbier erklärt, was er den Teams und Fahrern fürs Wochenende rät.

Über die Reifenschäden auf Phillip Island ließe sich ein Buch schreiben, jährlich laufen die Fahrer wegen mangelhafter Pneus Sturm. Man gewinnt den Eindruck, Alleinausrüster Pirelli habe aus den Fehlern nichts gelernt. Nach den Testfahrten am Montag und Dienstag beschwerten sich Yamaha, Ducati und Kawasaki, dass die Reifen Blasen werfen. BMW und Honda haben hingegen keine Probleme.

Phillip Island ist ein schwieriges Pflaster, zugegeben. Die Mischung aus dem speziellen Streckenlayout mit seinen schnellen Kurven, dem Asphalt und den Temperaturen verlangt den Reifen alles ab.

Das musste auch Bridgestone erfahren, als sie 2013 die MotoGP-Fahrer ausrüsteten. Weil die Reifen keine Renndistanz durchhielten, wurde für das Rennen ein Pflichtboxenstopp mit Reifenwechsel angeordnet. Nach der Überraschung im ersten Jahr gab es 2014 und 2015 keine Probleme.

Dunlop hat als Monopolist in der Moto3- und Moto2-WM ebenfalls keine Probleme, der heutige MotoGP-Reifenausrüster Michelin seit 2016 auch nicht. Obwohl eine MotoGP-Maschine deutlich mehr Motorleistung als ein Superbike hat.

Der größte Unterschied zwischen den drei MotoGP-Klassen und der Superbike- und Supersport-WM: In MotoGP wird mit Prototypen-Reifen gefahren, in den Klassen der seriennahen Weltmeisterschaft basieren die Reifen von Pirelli auf Serienmodellen, auch die Dimensionen sind fix. Die Italiener können also keine Reifen bauen, welche auf die speziellen Bedürfnisse in Phillip Island zugeschnitten sind.

Pirelli mag viel der Kritik verdient haben, zwei Fakten bleiben aber. Zahlreiche Teams hielten sich in der Vergangenheit nicht an den vorgeschriebenen Mindestluftdruck. Und im Gegensatz zur Formel 1 oder MotoGP machen sich einige Fahrer und Teams keine Gedanken um die Lebensdauer ihrer Reifen und gehen mit der Motorrad-Abstimmung so ans Limit, als gäbe es den einschränkenden Faktor Reifen nicht.

«Wenn der Luftdruck im Reifen nicht stimmt, kann er auch nicht optimal funktionieren», erklärte Pirelli-Rennchef Giorgio Barbier im Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com. «Gerade auf einer so kritischen Rennstrecke wie Phillip Island.»

Das Supersport-Rennen in Australien wurde 2018 nach mehreren Reifenschäden im Training auf 16 Runden verkürzt und ein Zwangsboxenstopp mit Reifenwechsel angeordnet. Das Rennen wurde in Runde 3 nach Stürzen von Michael Canducci und Hannes Soomer abgebrochen und über nur noch neun Runden neu gestartet – damit hatte sich der Boxenstopp erledigt.

Den sahen wir dafür im zweiten Superbike-Rennen am Sonntagnachmittag, nachdem es auch in der 1000er-Klasse Probleme gab – Yonny Hernandez flog mit Reifenschaden spektakulär ab.

Am Donnerstag machte im Fahrerlager die News die Runde, dass es auch am kommenden Wochenende Boxenstopps oder ein verkürztes Rennen geben könnte, weil bei vielen Fahrern davon auszugehen ist, dass der Hinterreifen keine Renndistanz durchhält.

«Wir haben uns die ganze letzte Saison damit beschäftigt, den Reifenverbrauch zu verstehen», so Barbier. «Unsere Ideen haben wir umgesetzt und entsprechende Reifen zum Test am Montag und Dienstag mitgebracht. Wir brauchen einen Reifen, der auf Phillip Island funktioniert, aber auch überall sonst. Wir müssen die Märkte im Hinterkopf behalten und können keinen Prototyp-Reifen für Phillip Island bauen. Außerdem wird in der Superbike-WM mit Motorrädern gefahren, die aus der Serie abgeleitet sind und über entsprechende Limits verfügen. Auf so ein Bike kannst du nicht einfach einen harten Reifen aufziehen, weil es dann unfahrbar wird.»

«Die Probleme auf Phillip Island sind immer dieselben», ist dem Pirelli-Rennchef bewusst. «Der Hinterreifen wird im Rennen heiß und wirft Blasen. Die Teams und Fahrer könnten dieses Problem handhaben. Sie sind es im Gegensatz zu anderen Meisterschaften aber nicht gewohnt, sich den Reifen für ein Rennen einzuteilen und mit dem klarzukommen, was sie haben. Jedes Team kann sein Motorrad so einstellen, dass der Reifen durchhält oder nicht. Dasselbe gilt für die Fahrer, sie können sich ein Rennen einteilen. Wir haben mit den Teams darüber gesprochen und sie haben uns zugesichert, dass sie dazu in der Lage sind. Jeder Reifen kann innerhalb drei Runden ruiniert werden. Oder du machst deine Abstimmung für die Renndistanz.»

Es gibt also weder Pläne die Rennen zu verkürzen, noch einen Boxenstopp mit Reifenwechsel vorzuschreiben? Barbier: «Richtig. Die Fahrer sind es nicht gewohnt, auf die Reifen achtzugeben. Auf anderen Rennstrecken müssen sie das auch nicht, aber auf Phillip Island geht es nicht anders. Die Teams wissen, dass sie für die Renndistanz arbeiten müssen. Ich glaube nicht, dass das einige auf die leichte Schulter nehmen und ihr Motorrad lieber auf maximale Leistung abstimmen.»

In der Supersport-Klasse ist die Lage schlimmer, dort wird ein Boxenstopp vorgeschrieben. Zwischen der sechsten und zehnten Runde müssen die Fahrer die Reifen wechseln lassen. Ohne Stopp wäre die Sicherheit nicht garantiert.

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