Revolution mit GTR-Motoren: Spezialdeal für England

Von Ivo Schützbach
Als Tuner Marcel Gerhard seinen GTR-Motor entwickelte, hatte er zwei Ziele: Längere Lebensdauer und dadurch für die Fahrer sinkende Kosten. Jetzt kann der Schweizer einen Etappenerfolg verbuchen.

Chris Harris (2015) und Fredrik Lindgren (2016) waren die ersten international renommierten Piloten, die wir im Speedway-GP auf Aggregaten des Schweizers Marcel Gerhard gesehen haben. Der Tuner aus Frauenfeld hat für die letzten zwei Jahre 30 Vorserien-Motoren produziert. Die Maschinenarbeiten werden hauptsächlich bei der Firma Suter in Turbenthal erledigt, bekannt aus MotoGP. Um die Motorenmontage kümmert sich Gerhard selbst.

«Die wichtigsten Teile wie Kopf und Gehäuse werden bei Suter bearbeitet, sie werden auch nie woanders hingehen», erklärte Gerhard SPEEDWEEK.com. «Es ist immer gut, wenn man das Ingenieurs- und Produktionswesen im gleichen Haus hat. Dann muss auch der Standort Schweiz nicht zu teuer sein.»

2017 soll das Geschäft richtig anrollen.

«In England machen sie sich viele Gedanken ums Kosten sparen», erzählte Gerhard. «Und wo kann man am ehesten sparen? An den Betriebskosten. Wenn ich einen Motor liefern kann, der pro Saison maximal einen Service benötigt, dann ist das auch für die Clubs lukrativer. Wenn sie einen Fahrer engagieren, und der hat im Vertrag stehen, dass der Club für diverse Servicekosten aufkommt. Oder wenn Clubs Motoren kaufen und die Wartung bezahlen müssen. Oder bei jungen Fahrern müssen der Vater oder der Onkel zahlen. Wenn es ihnen zu teuer wird, dann ist der Sport für sie gestorben.»

Nun schloss Gerhard einen Vertrag mit der British Speedway Promoters Association, dem Zusammenschluss aller Vereine in der britischen Liga. Über die BSPA können Fahrer GTR-Motoren zum Vorzugspreis von 4000 Pfund beziehen, aktuell sind das 4750 Euro. Der normale Marktpreis beträgt 6600 Franken oder momentan 6160 Euro.

«Die 4000 Pfund sind ein spezieller Markeinführungspreis», verdeutlicht Marcels Tochter Agostina Gerhard. «Mit unserem normalen Preis sind wir bei den Anschaffungskosten zirka 500 Euro teurer als unser Konkurrent GM. Ich rede von einem durchschnittlichen GM-Motor, diese gehen normal für 5500 Euro von der Hand. Man darf aber nicht vergessen, dass man mit einem GTR eine ganze Saison fahren kann, ohne diesen jemals aufmachen zu müssen.»

1000 Runden sind kein Problem

«Man kann viel erzählen, man muss es erst beweisen», sagt Marcel Gerhard zur Langlebigkeit seiner Motoren. «Mit Fredrik Lindgren haben wir gezeigt, dass man 80 oder 90 Läufe fahren kann, ohne den Motor aufzumachen – ohne Leistungsverlust. Das ist das Wesentliche.»

Agostina ergänzte: «Freddie hatte dieses Jahr fünf Motoren und fuhr mit diesen polnische, schwedische und britische Liga. Er kam mit allen Teams in die Play-offs, dazu kamen der Grand Prix und viele offene Rennen. Einen Motor haben wir während der Saison mal vorsichtshalber aufgemacht, der hatte 100 Läufe drauf und Freddie wollte, dass Marcel reinschaut. Es war alles okay, danach hatte er das Vertrauen. Wir hatten auch einen ganz jungen Rennfahrer, Jordan Jenkins aus England, er hat jetzt 1000 Runden auf seinem Motor.»

Wenn wir von fünf Läufen pro Rennen ausgehen und eine Einführungs- und eine Auslaufrunde rechnen, entsprechen die 1000 Runden 33 Rennen!

«Servicekosten verschlangen bisher eine Menge Geld», weiß Agostina Gerhard. «Dieses Problem muss grundlegend saniert werden. Hätten wir einen gleichwertigen Motor hergestellt, der eine genau so kurze Lebensdauer wie die Konkurrenz hat, dann hätten wir nichts geändert. Dass es rein technisch möglich ist – wir können im Jahr 2016 nicht mit der gleichen Technik fahren, wie es die Konkurrenten machen.»

Zum Vergleich: Ein 250-ccm-Einzylinder-Viertakt-Motor in der Moto3-Weltmeisterschaft hält 2000 Kilometer. Auf einer 300-Meter-Speedwaybahn wären das 6666 Runden.

«Es braucht Zeit, bis die Leute unser Konzept verstehen», unterstreicht Agostina. «Sie hören uns zwar zu, glauben aber noch nicht wirklich, dass sie mit einem GTR eine Saison lang ohne Service fahren können. Das ist verständlich, weil man das im Bahnsport so nicht kennt. Das heißt aber nicht, dass es nicht möglich ist. Es sind rein wirtschaftliche Hintergründe, weshalb nichts entwickelt wurde.»

Die BSPA kümmert sich um die Vergabe

GTR kalkuliert für 2017 für die britische Liga mit zirka 200 verkauften Motoren. Ein festgelegtes Kontingent kann ausschließlich über die BSPA zum Vorzugspreis von 4000 Pfund erworben werden.

Nicht zwangsläufig müssen die Käufer auch in der britischen Liga fahren. Agostina Gerhard: «Wir haben eine bestimmte Menge zum Spezialpreis budgetiert. Wenn wir sehen, dass die Engländer zu wenige Motoren verkaufen, dann können wir uns auch um andere Interessenten kümmern. Wir haben einen Deal mit der BSPA – an wen die BSPA die Motoren verkauft, ist ihnen überlassen. Der Sinn der Zusammenarbeit zwischen GTR und der BSPA ist, dem Rennfahrer einen guten Motor zu bieten, mit dem er Servicekosten sparen kann. Es gibt bessere Arten Geld auszugeben, als mit Servicekosten. Für uns ist der Deal mit der BSPA ein Nullgeschäft, Hauptsache, das Produkt ist auf dem Markt und die Leute kennen es. Wir müssen schauen, dass wir es gemeinsam mit der BSPA so kommunizieren, dass jeder an die BSPA herantreten und anfragen kann, ob er einen Motor zum speziellen Preis kaufen darf. Der Sport wird ja nicht nur in England ausgeübt. Aber klar wird die BSPA dafür sorgen, dass ihre Rennfahrer die Motoren als Erste bekommen.»

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