Paolo Simoncelli gegen «unantastbare» MotoGP-Stewards

Von Nora Lantschner, Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!

Moto3-Teambesitzer Paolo Simoncelli fand nach den umstrittenen Entscheidungen in Spielberg deutliche Worte für das FIM MotoGP Stewards Panel um Freddie Spencer: «Sie haben unseren Sport auf dem Gewissen.»

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An den ereignisreichen Spielberg-Rennwochenenden kam das FIM MotoGP Stewards Panel in den Fokus – und auch in die Kritik. Zunächst ging es um die Aufarbeitung nach dem Horror-Crash im Österreich-GP. Erst fünf Tage später wurde bestätigt, dass Johann Zarco für seine «unverantwortliche» Fahrweise mit einem Start aus der Boxengasse bestraft wurde.

Beim Steiermark-GP stand dann einmal mehr der Umgang mit den «track limits» im Vordergrund: Im Moto2-Rennen musste Jorge Martin seinen Sieg an Marco Bezzecchi abtreten, weil der Spanier in der letzten Runde mit beiden Rädern auf den grünen Streifen kam – und damit die Außenbegrenzung der Strecke überfuhr. Nach dem packenden Finale des MotoGP-Rennens klagte dann Suzuki-Ass Joan Mir darüber, dass Pol Espargaró seinen dritten Platz behalten durfte – obwohl der Red Bull-KTM-Werksfahrer im Zweikampf mit Jack Miller in der letzten Kurve ebenfalls auf dem Grün kurvte.

Paolo Simoncelli, der schon mehrmals deutlich zum Ausdruck brachte, dass ihm die Regeln bezüglich der «track limits» und vor allem deren Auslegung ein Dorn im Auge sind, konnte seinen Ärger kaum zurückhalten. Auch wenn der Moto3-Teambesitzer in seinem Blogeintrag zum Steiermark-GP eingangs betonte: «Die letzten 640 km auf der Heimreise von Spielberg habe ich in einem Wirbelwind aus Gedanken und Fragen verbracht. Ich habe mir auf die Zunge gebissen, um am Telefon mit Journalisten oder Freunden nichts Unangebrachtes über die drei Rennen am vergangenen Sonntag zu sagen – man könnte sie einmal mehr als ‚PlayStation-Rennen‘ definieren.»

«Ich weiß gar nicht, welches Adjektiv oder Wort man am besten verwendet, um diese drei Herren zu beschreiben, die über das Schicksal jener entscheiden, die inzwischen mehr Spielsteine als Fahrer sind. Wer gewinnen muss und wer verliert. Wer sich freuen darf und wer weint», verwies Simoncelli auf das FIM MotoGP Stewards Panel, welchem immer Bill Cumbow und Freddie Spencer sowie ein rotierender, dritter Offizieller angehören. In Spielberg war das der Deutsche Ralph Bohnhorst.

«Das Regelwerk bezüglich des Umgangs mit den Grünstreifen – das an sich schon falsch ist und sicher angepasst werden müsste – wird von ihnen nach Belieben ausgelegt. So machen sie die Arbeit vieler Teams zunichte und die Träume der Fahrer, die jedes Wochenende darum kämpfen, ihren Namen noch weiter oben zu sehen, in den Geschichtsbüchern der Motorrad-WM», fuhr der Chef der SIC58 Squadra Corse fort. «Diese Personen, die sich von ihrer Rolle bestärkt fühlen, überspielen ihre Inkompetenz mit Arroganz und Oberflächlichkeit und treffen bisweilen absurde und unangebrachte Entscheidungen, die die Ergebnisse der Rennen der Moto3, Moto2 und MotoGP verfälschen. Und wenn sie nichtssagende Erklärungen von sich geben und wir uns alle in ihrem Büro treffen möchten, um ihnen ‚zwei Kleinigkeiten‘ zu erzählen oder mit den Fäusten auf den Tisch zu hauen, um unsere Thesen zu untermauern, dann kommen die Covid-19-Regeln ins Spiel, die eine Auseinandersetzung verhindern… Ich kann nicht sagen, diese Regeln retten sie, sonst würde es wie eine Drohung klingen.»

«Jetzt habe ich es, das Wort, das ich gesucht habe, und das wie für sie gemacht zu sein scheint: ‚Die Unantastbaren‘», fasste der Italiener schließlich zusammen – und holte dann noch einmal aus: «Solange diese Leute, mit strammer Schulter und stolzer Brust, auf der das FIM-Wappen prangt, nicht auf uns hören und klarere Regeln sowie ein transparenteres Vorgehen an den Tag legen, werden sie unsere Arbeit behindern. Und selbst mit all den negativen Testergebnissen bleiben sie ‚die Erreger‘, die unseren wundervollen Sport kontaminieren. Sie werden es auf dem Gewissen haben und die Verantwortung dafür tragen, unsere Leidenschaft, den einzigen Sport, der in der ‚Fake-Welt‘, in der wir heute leben, noch sauber geblieben ist, geschädigt zu haben.»