DTM in der ARD: «Motorsport kein Selbstgänger mehr»

Von Andreas Reiners
Die TV-Zahlen in der ARD bleiben relativ kostant bei knapp einer Million Zuschauer. Zufrieden sind die Verantwortlichen damit nicht. Eine kleine Bilanz.

Zwei Rennen an einem Wochenende: Die DTM will sich mit einem neuen Reglement ein Stück weit neu erfinden. Dafür greift die Tourenwagen-Serie auch auf Bewährtes zurück, denn zwei Läufe im Rahmen eines Events gab es in der Vergangenheit der Serie bereits. Das endgültige Reglement ist zwar noch nicht finalisiert, doch machen die bereits durchgesickerten Änderungen Hoffnungen auf eine Kehrtwende. Vor allem, was die TV-Zahlen betrifft. (Das ist der Stand der Dinge beim Reglement).

Denn die sind in der DTM rückläufig, wenn auch nicht so signifikant wie in anderen Motorsport-Serien. Unter dem Strich zwar noch relativ konstant, aber dafür aber auch auf niedrigerem Niveau. Der Privatsender RTL verlor 2014 in der Formel 1 zwar gut eine Million Zuschauer, liegt insgesamt aber noch über vier Millionen. Kein Vergleich allerdings zu den Hochzeiten der Königsklasse mit über zehn Millionen Zuschauern.

In der vergangenen Saison sahen im Schnitt 1,09 Millionen Fans die Rennen der DTM, 700.000 die Qualifyings. Die Zahlen sind in der jüngeren Vergangenheit an einem Tiefpunkt angelangt. Wie in der Grafik zu erkennen, gab es seit 2005, wo es noch fast zwei Millionen Zuschauer im Schnitt waren, einen konstanten Rückgang. Nach einem Zwischenhoch 2011 (1,43 Millionen) bewegt sich die TV-Resonanz Jahr für Jahr der magischen Millionen-Marke entgegen. Der Marktanteil ist seit 2005 (15,2 Prozent) fast halbiert worden, 2014 betrug er noch 8,59 Prozent.

Den besten Wert erzielte die ARD 2014 auf dem Norisring (1,32), den schlechtesten in Zandvoort (0,83). Auch das Saisonfinale blieb mit 970.000 Fans unter der Millionen-Grenze. Grund könnte dabei die vorzeitige Titelentscheidung gewesen sein: Marco Wittmann hatte sich den Titel bereits beim achten Rennen auf dem Lausitzring gesichert.

«Kommen nicht richtig voran»

«Natürlich können wir nicht zufrieden sein. Wir hatten die Hoffnung, uns mit der DTM eine Regelmäßigkeit am Sonntag aufbauen zu können. Einen Anker, an dem sich andere Sportarten anhängen lassen. Allerdings kommen wir nicht so richtig voran. Es schauen zwar rund eine Million Leute zu, aber Motorsport ist offenbar kein Selbstgänger mehr», sagte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky auf SPEEDWEEK-Nachfrage.

Unter dem Strich ist der Rückgang, auch im TV, nicht unbedingt ein generelles DTM- oder Formel-1-Problem, findet der zweimalige DTM-Champion Timo Scheider. «Da muss man sich die Frage stellen, ob das Interesse am Motorsport generell ein anderes geworden ist. Man sieht natürlich auch die Entwicklung im Nachwuchs. Da ist das Interesse am Auto auch gar nicht mehr so stark. Früher hat jeder zweite Kumpel von dir ein getuntes Auto mit einem lauten Auspuff gehabt und fand das geil, zur DTM zu gehen und sein Auto ins Fahrerlager oder auf den Campingplatz zu stellen und dabei zu sein. Heute empfinde ich das so, dass da mehr die Menschen sitzen, die sagen: ‚Das sind tolle Autos, das ist ein tolles Wochenende, ich kann etwas mit meiner Familie erleben.‘ Das ist nicht mehr dieser reine Motorsportfan. Den vermisse ich so ein bisschen, wenn ich ehrlich bin», sagte Scheider.

Timo Glock sieht das ähnlich. «Irgendwie bewegt sich da gerade etwas, was nicht gut für den Motorsport ist. Weil sich alles ein bisschen davon abwendet. Wieso auch immer. Das muss man natürlich hinterfragen und versuchen, dagegen zu steuern.»
Wir waren im Rahmen einer Umfrage in der vergangenen Saison den möglichen Ursachen auf den Grund gegangen. Die Fans hatten kein gutes Haar an der Übertragung gelassen. Zu leidenschaftslos, zu ideenlos, zu wenig emotional, ohne Tiefgang und nicht mehr zeitgemäß lauteten die Vorwürfe. Außerdem kritisierten die Leser den Wegfall des Co-Kommentators Manuel Reuter. Die Antworten von Balkausky hatten die Fans schließlich erst Recht auf die Palme gebracht.

«Fazit: Wir machen alles richtig, die Meinung der Zuschauer interessiert uns nicht. Dank Zwangsgebühr machen wir so weiter. Unfassbar, ARD!!!», schrieb ein Leser. Oder: «Jedenfalls zeigt Herr Balkausky, dass ihn die Meinung der Zuschauer nicht im geringsten interessiert. Dann, liebe ARD, macht halt weiter alles "richtig", die Quoten werden Euch zeigen, was der Zuschauer wirklich will!» Ein weiterer Leser schrieb: «Null Einsicht und null Verständnis für den Fan. Und resistent gegen konstruktive Kritik. Willkommen in der Steinzeit ARD!»

«Es kommt entscheidend darauf an, wie viel Sendezeit die DTM in der ARD bekommt. Anders als die DTM haben andere Sportarten bis zu eine Stunde Vorberichterstattung. Das würde auch uns gut zu Gesicht stehen. Wir brauchen mehr Interviews und TV-Zeiten, in denen die DTM-Fahrer in Szene gesetzt werden», sagte BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt.

«Ich glaube, dass für die Zuschauer vor Ort viel gemacht wird. Das gescheit herüberzubringen, ist sicherlich Aufgabe der Medien. Das wird auch versucht», sagte ARD-Experte Norbert Haug. Und erklärte: «Natürlich limitiert durch Sendezeiten, durch Vorlaufzeiten, über die Möglichkeiten, durch das, was journalistisch interessant ist. Es gibt sehr oft zehn Themen, die man bearbeiten kann und es passen nur drei, vier, fünf in den vorgegebenen Zeitraum. Und die muss man dann eben so pikant und so gut wie möglich rüberbringen und ich denke, dass das auch gelingt. Was nicht heißt, dass nicht alles steigerungsfähig ist.»

Die Verantwortlichen in der DTM sind sich des Problems also bewusst. Nun liegen die Hoffnungen auf den Änderungen und das neue Format. Die beiden Rennen sollen am Samstag und am Sonntag live übertragen werden, die beiden 20-minütigen Qualifyings hingegen nicht.

DTM-Rennen 2014: Zuschauerzahlen/Marktanteil

Hockenheim: 1,08 Millionen (8,0 Prozent)
Oschersleben: 1,25 (9,6)
Budapest: 1,08 (9,2)
Norisring: 1,32 (8,9)
Moskau: 1,08 (8,0)
Spielberg: 1,06 (9,1)
Nürburgring: 1,13 (8,3)
Lausitzring: 1,13 (8,3)
Zandvoort: 0,83 (7,4)
Hockenheim: 0,97 (9,1)

DTM-Qualifying 2014: Zuschauerzahlen/Marktanteil

Hockenheim: 0,79 Millionen (6,4 Prozent)
Oschersleben: 0,63 (6,7)
Budapest: 0,80 (6,8)
Norisring: 0,58 (5,8)
Moskau, 0,61 (5,8)
Spielberg: 0,96 (7,5)
Nürburgring: 0,77 (7,8)
Lausitzring: 0,86 (6,7)
Zandvoort: 0,44 (4,6)
Hockenheim: 0,58 (5,8)

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