Formel 1 und Politik
Die Falkland-Krise gab ihm den Rest: Carlos Reutemann
Wenn Sport und Politik aufeinander prallen, geht es selten glücklich ab. Beispiele in der Vergangenheit gibt es genug. Das berühmteste sicher der Boykott der olympischen Spiele 1980 in Moskau, als ein Grossteil der westlichen Welt aus Protest gegen den russischen Einmarsch in Afghanistan nicht an dem wichtigsten Sportereignis überhaupt teilnahm.
Die Formel 1 blieb bislang von solchen Dingen weitgehend verschont. Die Absage des Rennens in Bahrain ist die erste dieser Art. Doch zweimal in der jüngeren Geschichte gab es Probleme, wobei in einem Fall zu dem Zeitpunkt gar nicht klar war, dass auch die Politik eine Rolle spielt.
Im Dezember 1981 kam in der damaligen argentinischen Militärregierung General Leopoldo Galtieri an die Macht. Der setzte sich zum Ziel, die seit 1833 unter britischer Regierung stehenden Falkland-Inseln vor der Küste Süd-Argentiniens wieder unter eigene Hoheit zu stellen. Bereits einen Monat nach seinem Regierungsantritt fordert er die «Befreiung» der Inselgruppe erstmals öffentlich.
Der für den 7. März 1982 geplante Grosse Preis von Argentinien, seit vielen Jahren im Kalender, wurde drei Wochen vorher dann plötzlich seitens der Veranstalter abgesagt. Angeblicher Grund war ein finanzielles Loch in der Kasse, das es unmöglich machen würde, die damals schon happigen Antrittsgebühren der FOCA zu bezahlen.
Aus späterer Sicht war es allerdings logisch, denn das Land befand sich in den Kriegsvorbereitungen und der Gegner würde Grossbritanien sein. Da macht es wenig Sinn, sich wenige Wochen vor der geplanten Besetzung der Falklands Hunderte von Engländern ins Land zu holen. Und es macht auch keinen Sinn, wenn auch nur ein Tropfen auf den heissen Stein, die Finanzen des vermeintlichen Kriegsgegners zu stärken, da Ecclestones Firma ja in England Steuern zahlt. Zumal man jeden Dollar selbst brauchte.
Einen Tag nach dem Grossen Preis von Brasilien am 21. März 1982 setzten erstmals argentinische Soldaten einen Fuss auf die zu den Falklands gehörende Insel Südgeorgien. Die diplomatische Krise spitzte sich daraufhin zu. Das war das i-Tüpfelchen für den sowieso schon nicht mehr wirklich motivierten Carlos Reutemann, endgültig zurückzutreten. Denn er wusste, dass die Situation für ihn als Argentinier im englischen Williams-Rennstall nun schwer werden wird, auch für seinen Arbeitgeber Frank Williams. Reutemann wurde übrigens später Politiker!
Am 2. April besetzte Argentinien dann die Hauptinseln der Falklands, es kam zum Krieg, der dann im Juni 1982 mit der argentinischen Kapitulation endete. Ab 1983 kehrte die Demokratie nach Argentinien zurück, die Formel 1 aber liess sich Zeit, erst 1995 wurde in Buenos Aires wieder gefahren.
Auch 1985 wurde die Formel 1 zum Spielball der Politik. Viele Politiker forderten den Boykott des Rennens in Südafrika auf, das damals noch von der Apartheid geprägt wurde. Das Rennen in Kyalami war auch nicht gerade neu im Kalender der Formel 1, doch 1985 steigerten sich die Politiker vieler Länder in das Thema rein und übten Druck auf Ecclestone und Co aus.
Das Rennen fand statt, allerdings ohne den französischen Staats-Konzern Renault, viele Sponsoren verzichteten auf ihre Logos und TV-Bilder gab es vom Rennen kaum. Doch es war auch etwas zweischneidig, manche TV-Stationen sagten die Übertragung erst ab, als sich Alain Prost beim Rennen zuvor die Weltmeisterschaft sicherte. Wäre es noch um die WM gegangen, wäre die Quotengier wohl wichtiger gewesen als die damalige Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung in Südafrika. Nigel Mansell gewann 1985 in Kyalami seinen zweiten Grand Prix in Folge. Es war der vorerst letzte GP in Südafrika.
Erst nachdem dort die Rassengesetze aufgehoben wurden und Nelson Mandela nach mehr als 25 Jahren Haft 1990 freigelassen wurde, wurde der Staat an der Südspitze von Afrika wieder salonfähig. 1992 kehrte die Formel 1 auf die umgebaute Strecke von Kyalami zurück und der Sieger hiess erneut Nigel Mansell. Doch nach einem weiteren Auftritt ein Jahr später war es dann mit der Formel 1 in Südafrika bis heute vorbei. Jetzt war es aber nicht mehr die Politik, sondern das liebe Geld.