Überhol-Manöver: Neue Rennwagen eine Mogelpackung?

Von Mathias Brunner
Max Verstappen gegen Lewis Hamilton in Brasilien 2022

Max Verstappen gegen Lewis Hamilton in Brasilien 2022

​Ein Ziel mit der neuen Rennwagen-Generation 2022: Die Fans sollen sich an mehr Überholmanövern erfreuen können. Ist dieses Ziel erreicht worden? Oder sind die Flügelautos nur eine Mogelpackung?

Eigentlich hätte die neue Formel-1-Modellgeneration der Flügelauto-Rennwagen schon 2021 eingeführt werden sollen. Dann kam Corona, und weil auch in den Rennwagenwerken monatelang keine normale Arbeit möglich war, wurden die 2020er Renner auch 2021 verwendet.

Als der Ende 2022 abgetretene Formel-1-Sportchef Ross Brawn mit seinen Mitarbeitern vor Jahren die neue Rennwagen-Generation in Form von Flügelautos aufgleiste, sagte der Engländer dazu: «Es sollen Rennautos entstehen, die nicht nur attraktiv aussehen, sondern die es vor allem den Piloten erlauben, sich im Windschatten der Gegner halten und besser angreifen zu können.»

Nun ist die Formel-1-Saison 2022 abgeschlossen, und Pirelli-Rennchef Mario Isola legte Zahlen auf den Tisch. Beim Nachsaisontest auf dem Yas Marina Circuit von Abu Dhabi sagte der Mailänder: «Wir stellen fest – 30 Prozent mehr Überholmanöver als im Vorjahr.»

«Wir haben nur die echten Angriffe gezählt. Wenn ein Pilot einen Rang gewinnt, weil der Gegner an die Box geht, um neue Reifen abzuholen, dann zählt das für uns nicht. 2021 hatten wir mit der alten Rennwagen-Generation 599 Überholmanöver, in diesem Jahr haben wir 785 gezählt.»

Das entspricht einem Schnitt von 27,2 Überholmanövern pro WM-Lauf in der Saison 2021 und einem Schnitt von fast 35,7 Manövern in der Saison 2022.

Mario Isola weiter: «Was wir nicht eingerechnet haben, das ist, wenn in einem Zweikampf zwischen Fahrern die Position in einer Runde mehrfach geändert hat, etwa bei Grands Prix wie in Dschidda. Aber ich glaube, wir haben dennoch ein gutes Bild bekommen. Diese dreissig Prozent sind echt, und sie zeigen nicht nur, dass die Aerodynamik funktioniert, sondern auch, dass die Reifen funktionieren.»

«Denn wenn ein Pilot einem Rivalen besser folgen kann, also in dessen Windschatten weniger Abtrieb verliert, dann bauen auch seine Reifen weniger ab, weil sein Auto nicht mehr so rutscht wie 2021, und daher überhitzen die Walzen des Verfolgers weniger. Zudem haben wir 2022 Reifenmischungen eingeführt, die weniger anfällig auf Überhitzung sind, da kommen also zwei Faktoren zusammen – die Aerodynamik der Autos und die Charakteristik des Reifens.»

«Noch im vergangenen Jahr haben die Fahrer moniert, dass ihre Reifen zu anfällig sind, wenn sie einem Gegner folgen, also haben wir versucht, dem entgegen zu wirken. Das haben wir geschafft.»

«Es gibt einen dritten Grund für dieses Plus von dreissig Prozent: Der Kampf im Mittelfeld ist noch intensiver geworden, daher gibt es dort mehr Überholmanöver. Ich glaube, wir sind mit dieser Formel 1 auf einem guten Weg.»

Seit den 1980er Jahren werden Überhol-Statistiken errechnet, damals lag der Schnitt bei rund 40 Manövern pro Rennen, 1990 waren es rund 31, fünf Jahre später nur noch 18. Eine regelrechte Formel Gähn war die Saison 2005 mit etwas mehr als zehn Überholmanövern pro WM-Lauf.

Aber gemessen an den Autos früherer Jahre ist ein moderner GP-Rennwagen eine regelrechte Mogelpackung. Denn damals gab es keinen verstellbaren Heckflügel (DRS, drag reduction system), und über viele Jahre wurden in der Königsklasse nicht aus strategischen Gründen Reifen gewechselt, sondern nur dann, wenn der Gummi in Fetzen ging.

Fazit: Ja, es ist für die Piloten wieder leichter geworden, einem Gegner zu folgen. Aber ohne die Überholkrücke DRS und ohne Reifenwechsel sähe die Bilanz nicht so schmeichelhaft aus.

Formel 1 2023

Präsentationen
11. Februar: AlphaTauri in New York (nur Lackierung)
13. Februar: McLaren in Woking
13. Februar: Aston Martin in Silverstone
14. Februar: Ferrari in Maranello
16. Februar: Alpine in London

Wintertests
23. bis 25. Februar: Bahrain International Circuit

Formel-1-WM-Kalender
05.03. Bahrain-GP, Bahrain International Circuit, Sakhir
19.03. Saudi-Arabien-GP, Jeddah Corniche Circuit, Dschidda
02.04. Australien-GP, Albert Park Circuit, Melbourne
30.04. Aserbaidschan-GP, Baku City Circuit, Baku *
07.05. Miami-GP, Miami International Autodrome, Miami
21.05. Emilia Romagna-GP, Autodromo Enzo e Dino Ferrari, Imola
28.05. Monaco-GP, Circuit de Monaco, Monte Carlo
04.06. Spanien-GP, Circuit de Barcelona-Catalunya, Montmeló
18.06. Kanada-GP, Circuit Gilles Villeneuve, Montreal
02.07. Österreich-GP, Red Bull Ring, Spielberg *
09.07. Grossbritannien-GP, Silverstone Circuit, Silverstone
23.07. Ungarn-GP, Hungaroring, Budapest
30.07. Belgien-GP, Circuit de Spa-Francorchamps, Spa *
27.08. Niederlande-GP, Circuit Zandvoort, Zandvoort
03.09. Italien-GP, Autodromo Nazionale di Monza, Monza
17.09. Singapur-GP, Marina Bay Street Circuit, Singapur
24.09. Japan-GP, Suzuka International Racing Course, Suzuka
08.10. Katar-GP, Losail International Circuit, Doha *
22.10. Austin-GP, Circuit of the Americas, Austin *
29.10. Mexiko-GP, Autódromo Hermann Rodríguez, Mexiko-Stadt
05.11. Brasilien-GP, Autódromo José Carlos Pace, Interlagos *
18.11. Las Vegas-GP, Las Vegas Street Circuit, Las Vegas
26.11. Abu Dhabi-GP, Yas Marina Circuit, Yas Island

* Sprint-Format

Diesen Artikel teilen auf...

Mehr über...

Siehe auch

Kommentare

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu schreiben.

Nachbehandlung mit dem Doktor: Australien

Dr. Helmut Marko
Exklusiv auf SPEEDWEEK.com: Dr. Helmut Marko, Motorsport-Berater von Red Bull, analysiert den jüngsten Grand Prix. Diesmal: Melbourne, ein nahezu historischer Ausfall und ein starker Yuki Tsunoda.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • Do.. 28.03., 14:45, Motorvision TV
    Top Speed Classic
  • Do.. 28.03., 15:15, Motorvision TV
    Extreme E: Electric Odyssey
  • Do.. 28.03., 16:05, Spiegel TV Wissen
    Gründerköpfe
  • Do.. 28.03., 16:15, Hamburg 1
    car port
  • Do.. 28.03., 16:15, ORF Sport+
    Formel 1 Motorhome
  • Do.. 28.03., 17:05, ORF Sport+
    Schätze aus dem ORF-Archiv
  • Do.. 28.03., 18:15, Motorvision TV
    New Zealand Jetsprint Championship
  • Do.. 28.03., 19:15, ServusTV
    Servus Sport aktuell
  • Do.. 28.03., 20:55, Motorvision TV
    Top Speed Classic
  • Do.. 28.03., 21:20, Motorvision TV
    Racing Files
» zum TV-Programm
11