Webber: So gewann ich in Deutschland
Webbers Maskottchen, Red Bulls Markenzeichen
Interview mit Red-Bull-Racing-Pilot Mark Webber, 32, aus Australien, nach seinem ersten Grand-Prix-Sieg am vorigen Wochenende auf dem Nürburgring. Es wurde uns freundlicherweise von der Presse-Abteilung seines Teams bereitgestellt.
Herr Webber, zwei Tage nach ihrem ersten Grand-Prix-Sieg – haben Sie schon einen Schimmer, was sie vollbracht haben?
Webber: Die Wirkung hält noch an. Es war ein sehr spezieller Tag für mich, aber auch für das Team, das einen weiteren Doppelsieg verbuchen konnte, den man nicht unterschlagen sollte. Aus den letzten Rennen haben wir das Maximale herausgeholt. Und nun diesen Sieg. Es ist grossartig, letztlich doch noch belohnt zu werden. Aber es war auch sehr wichtig. Ich hatte vor dem Rennen auf dem Nürburgring zwei zweite Plätze eingefahren und wusste, dass ich den nötigen Schwung habe, zu gewinnen. Als ich dann die Pole-Position belegte, wusste ich, dass ich diesen Affen los werden musste (er meint die acht Jahre alte Bürde des Nicht-Siegens, die Red.).
Ist die Erleichterung grösser, es endlich geschafft zu haben oder überwiegt die Freude über die Leistung?
Webber: Ich habe eine Menge Rennen gefahren. Und mehrheitlich hatte ich keinerlei Siegchance, weil mein jeweiliges Auto nicht gut genug war. Und ausserdem gab es einen Kerl namens Michael Schumacher im Feld, der auch nicht wirklich half. In dieser Zeit musste man ein Fahrer von Ferrari oder McLaren sein, um zu gewinnen. Jetzt, in dieser neuen Aera, gibt es zwei zusätzliche Teams an der Spitze. Und ich bin sehr glücklich, dass ich mit Red Bull Racing im Normallfall bei jedem Rennen um Podestplätze und den Sieg mitfahren kann, zumindest solange wir alles richtig machen.
Sie bekamen nach Erringen der Pole-Position am vorigen Samstag rund 100 SMS mit Glückwünschen, auch für das anstehende Rennen. Hat Sie das zusätzlich motiviert oder unter Druck gesetzt?
Webber: Tatsächlich waren es 80 oder 90. Und nach dem Rennen vielleicht 160. Ich wusste nicht Mal, dass so viele Leute meine Nummer kennen. Aber ehrlich gesagt war ich ziemlich entspannt, als ich ins Rennen startete. Ich wollte, dass es trocken bleibt und es blieb trocken. Deshalb gab es weniger Entscheidungen zu treffen. Ich fühlte, dass wir die Oberhand über die Brawns haben würden und mein eigentlicher Gegner ab einem bestimmten Punkt im Rennen Sebastian sein würde. Dann explodierte das Rennen vom Start weg mit Fahrern wie Kovalainen vorne in der Spitze, dann kam meine Durchfahrtstrafe und es dauerte etwa bis Runde 40, als ich wusste, dass ich das Auto nur noch auf der Strecke halten musste, um zu gewinnen.
Es gab einige Fahrer, die lange brauchten, um zu gewinnen, wie Nigel Mansell oder Mika Häkkinen, aber danach waren sie nicht mehr zu stoppen. Vorausgesetzt Sie haben weiterhin ein Siegerauto: Glauben Sie, dass sie nun eine verschlossene Tür, den Schlüssel zum Siegen gefunden haben und das jetzt einfacher wird?
Webber: Ich habe nun Neuland erobert, Pole-Position und Sieg eingefahren. Das kann helfen. Es kann nicht schaden, das ist sicher. Zu führen und nicht der Jagende zu sein war auch das erste Mal für mich. Ich hoffe, dass dieser Schwung anhält, auch wenn es keinen Zweifel daran gibt, dass noch sehr harte Rennen kommen. Aber diesen ersten Sieg geholt zu haben bedeutet, dass es bei den nächsten Rennen, in denen es eng zugeht, mein Weg noch direkter zum Erfolg führt.
Sie flogen am Sonntagabend nach Hause: Gab es eine Feier?
Webber: Ich denke, ich beging einen Anfängerfehler. Ich kam abends am Sonntag in England an und vergass, dass gleichzeitig Australien am Erwachen war. Also musste ich nach all den Interviews hier in Europa nun die australischen Medien zufrieden stellen. Und zwar von abends um 9 Uhr bis nachts um 2, da es so viele waren, die mir gratulieren wollten. Ich habe mich nicht dazu überwinden können, mein Telefon auszuschalten. Deshalb gab es nicht allzu viel Schlaf nach diesem Sieg.
Sie waren montags bei der Nachbesprechung in der Red-Bull-Racing-Fabrik in Milton Keynes dabei. Wie wurden Sie empfangen?
Webber: Das war unglaublich. Zur Begrüssung spielten sie meinen Boxenfunk von dem Moment an ab, als ich die Ziellinie kreuzte. Ich hatte überhaupt nicht realisiert, wie lange ich gebrüllt habe. Die Reaktion war gewaltig, denn es gibt eine Menge Leute, mit denen ich schon zuammen gearbeitet habe, als das Team noch Jaguar hiess (bis 2004 Vorläuferteam von Red Bull Racing, die Red.). Und mit denen habe ich schon eine Menge durchgemacht. Dann gibt es da auch viele neue Leute, und für die beginnt gerade eine unglaubliche Reise. Als Team hat die ganze Gruppe inklusive (Motorenpartner) Renault, Dietrich Mateschitz , (Teamchef) Christian Horner und Adrian Newey mit seinen Leuten wirklich eine Tür aufgestossen. Die vergangenen Jahre waren sicher hart, aber nun haben wir ganz klar das meiste Potenzial aus dem Regelwechsel für 2009 gemacht und gezeigt, dass wir als Team an der Spitze kämpfen können. Wir wissen, dass das wir einige Kämpfe zu erwarten haben, aber darum geht es doch. Und wir sind bereit dafür.
Am Montagabend gingen Sie mit dem Testteam der ausralischen Cricket-Mannschaft zum Abendessen. Wie war das?
Webber: Ricky Ponting veranstalte ein Gründungs-Dinner für einen karikative Stiftung, was grossartig war. Er war so freundlich, mir und (meiner Freundin) Ann einen tollen Tisch frei zu halten, so wurde es eine fantastische Nacht mit meinen Cricket-Helden. Es waren über 100 Leute da und sie machten etwas Aufhebens um die Tatsache, dass ich anwesend war. Die Engländer haben genauso auf meinen Erfolg reagiert wie die Australier, weshalb ich mich gut fühlte.
Es gab ein grosses Bally-Hoo in Australien. Die Aussies sind sportverrückt, oder?
Webber: Ja, es dauert eine Weile, auf die Titelseiten zu kommen. Aber ich bin jetzt drauf. Und das war auch ein gutes Gefühl. Es ist auch gut für Red Bull, denn es ist schon richtig, dass es in Australien besonders wahrgenommen wird, wenn ein Sportler dieser Marke Erfolg hat.
Hatten Sie nach dem Rennen mit Sir Jack Brabham (australischer Rennsieger und Weltmeister der 60er Jahre) Kontakt?
Webber: Ja, ich bekam eine E-Mail von ihm und seinem Sohn, was super war. Die ganze Brabham-Familie war immer sehr nett zu mir. Vor 15 Jahren kam Jack zu mir und berichtete, wie toll er es gefunden habe all die Europäer hier drüben zu besiegen, auch wenn er sich dabei nicht so gewählt ausdrückte wie ich jetzt. Sicher gebührt ihm ein kleiner Anteil an meinem Erfolg, denn schon mein Vater war ein grosser Bewunderer von ihm. Und ich wäre wahrscheinlich ohne Jack nicht Rennfahrer geworden.
Nach der Ehrenrunde schienen Sie fast am Weinen zu sein. Was ging Ihnen da durch den Kopf?
Webber: So viele Gedanken: Ich wollte mein Team sehen, das will ich immer als Erstes. Und dann wollte ich die australische Hymne hören.
Vor dem Rennen hatten Sie geglaubt, wenn Sie führen, wird dies das längste Rennen aller Zeiten. War es so und was dachten Sie nach den Kollsionen zu Beginn und ihrer Durchfahrtstrafe?
Webber: Das war alles ziemlich normal. Und nein, es zog sich nicht lange hin, vielleicht mit Ausnahme der Runden 40 bis 47, als es dunkler wurde und drohte, zu regnen. Ich wollte schnell da durch kommen und nicht noch irgendwelche Entscheidungen treffen müssen. Die letzten zehn Runden gingen flott vorbei und ich war überrascht, wie entspannt ich das Rennen kontrolliert nach hause fahren konnte.
Es liegen nur 1,5 Punkte zwischen Ihnen und Sebastian Vettel. Was glauben Sie, wie gehen Sie beide damit um?
Webber: Das Gute ist, dass die Situation dadurch sehr klar ist. Alles, was wir Fahrer und das Team zu tun haben, ist da zu sein und den bestmöglichen Job zu machen. Wir wissen, wie wichtig die Qualifikationen sein werden und es kann sein, dass dieser Teil des Wochenendes Mal nicht optimal laufen wird, sei es für mich oder für Sebastian. Oder wir geraten im Rennen mal ein wenig aneinander. Es wird so weitergehen mit den Rennen bis einer von uns die bessere Leistung bringt. Es wäre unrealistisch jetzt nur noch Doppelsiege von uns zu erwarten. Es werden spannende Rennen kommen. Für das Team ist es eine unglaubliche Ausgangsposition, beide Fahrer fast auf derselben Punktzahl zu haben, was für die Konstrukteurs-WM hervorragend ist. Jenson Button ist unsere grosse Hürde in der Fahrerwertung, weil er in Punkten gerechnet zwei GP Vorsprung hat.
Nach dem Rennen sagte ihr Vater: «Das ist der schönste Tag meines Lebens.» Und dann korrigierte er sich und sagte: «Zumindest so gut wie einige andere Tage.» Wie würden Sie seinen Anteil am Erfolg beziffern?
Webber: Er war unglaublich, besonders in meiner Frühzeit. Denn wenn du sehr jung bist, kannst du nicht alle Entscheidungen selbst treffen und brauchst Hilfe. Mein Vater war immer ein Formel-Mann (er sagt: Einsitzer-Mann) und sagte: «Ich würde nicht wollen, dass du Taxis fährst, und ich denke, die besten Rennfahrer fahren Einsitzer.» Also war das immer der Weg, den wir verfolgt haben. Er war immer unglaublich ausgeglichen mir gegenüber, wenn ich aus dem Auto raus war, und hat nie den geringsten Druck ausgeübt. Er hatte nie ein Problem mit meinen Gegnern, wie einige andere Väter mit denen ihrer Söhne. Er lässt sich nie zu tief involvieren. Natürlich ist er stolz, aber er hat mir immer meinen Lauf gelassen und nun war es gut, in an diesem Tag dabei zu haben.