Heute vor 20 Jahren: Steve Jenkners großer Tag
Assen 2003: Pablo Nieto, Steve Jenkner und Hector Barbera
Am 28. Juni 2003 stand der Große Preis der Niederlande in Assen auf dem Programm, damals noch an einem traditionellen Samstag. Es war ein ungemütlich regnerischer Renntag, wie ihn «The Cathedral of Speed» schon mehrfach zu bieten hatte. Die Rennen wurden damals noch auf dem von 1955 bis 2006 befahrenen TT-Circuit ausgetragen.
Im Rennen der Klasse bis 125 ccm übernahm der von Platz 3 gestartete Hohenstein-Ernstthaler Steve Jenkner sogleich die Führung und gab diese bis ins Ziel nicht mehr ab. Anfangs hatte sich Casey Stoner an seine Fersen geheftet, stürzte aber in der dritten Runde. Das spülte Pablo Nieto auf die zweite Position, der diese zwar behielt, aber gegen den Rennfloh vom Sachsenring (1,62 m) keine Chance hatte. Ihm fehlten am Ende über elf Sekunden. Mit weiteren 13 Sekunden Rückstand schwamm Hector Barbera ins Ziel.
Nun, 20 Jahre später sind die Erinnerungen verblasst, mit am meisten bei Steve Jenkner selbst. «Echt, 2003 war das? Solche Sachen merke ich mir nicht», meinte der heute 47-Jährige im Gespräch mit SPEEDWEEK.com am vergangenen Wochenende in Most, wo er zusammen mit weiteren Helfern seinem Sohn Moritz in der Pro Superstock 1000 zu zwei Podestplätzen verhalf.
Die relative Ahnungslosigkeit verwunderte kaum, schließlich hatte er auch im vorigen Jahr seinen Podestplatz von 2002 bei seinem Heim Grand Prix auf dem Sachsenring nicht auf dem Schirm. Zumindest die Geburtsdaten seiner Kinder Moritz und Marie saßen dafür.
Nach einer gewissen Bedenkzeit wurden bei Steve Jenkner dann aber trotzdem ein paar Erinnerungen wach. So sagte er: «Es war nass und kalt und es war bei uns in der Startaufstellung alles ruhig. Alle anderen um uns herum haben Stress gemacht, weil es erst kurz vorher angefangen hat zu regnen. Mein Cheftechniker Alici hat mir nur gesagt: ‚Ruhig bleiben, drauf setzen, du kannst das!‘ Wichtig war nur, das Schnüffelstück in den Helm einzubauen, damit das Visier nicht anläuft. Auch ich selbst war tiefenentspannt, wenngleich wir an diesem Wochenende kein Regentraining hatten. Von daher wusste niemand, was geht.»
Auf das Rennen selbst blickt Jenkner mit folgenden Worten zurück: «Ich hatte einen sehr guten Start und war gleich vorn. Dadurch hatte ich natürlich den Vorteil, dass ich freie Sicht hatte. Trotzdem habe ich mich nach zwei Runden gewundert, dass niemand mit mir mitgefahren ist. Es war viel Wasser und heutzutage würde das Rennen wahrscheinlich gar nicht gestartet, weil Bäche über die Straße gelaufen sind. Damals war das nichts Außergewöhnliches. Es ging bei mir alles einwandfrei. Ich hatte ein gutes Gefühl und – aufgrund meiner guten Sicht – so gut wie keine Schreckmomente.
Außer am Ende, dann schlichen sich bei ihm wohl doch ein paar kleine Unaufmerksamkeiten ein. «Wenn man dann anfängt, darüber nachzudenken, was passieren kann, so rum wie so rum, kommen ein paar Unsicherheiten rein, weil man über Dinge nachdenkt, über die man nicht nachdenken sollte. Zum Beispiel, dass es ein Sieg werden könnte und dass das ziemlich cool wäre. Aber auch, dass es noch schief gehen könnte. Ich stand zum Beispiel in der letzten Runde noch einmal quer.»
Als der Grand-Prix-Sieg dann perfekt war, war Jenkner natürlich glücklich und zufrieden, doch es wurde nicht gerade überschwänglich gefeiert. «Das war das, was ich wollte als ich mit dem Rennfahren angefangen habe. Als es dann passiert war, habe ich das an dem Tag sowieso noch nicht verarbeitet. Wir hatten am Abend eine schöne Party mit dem Team [Exalt Cycle Red Devil], am nächsten Tag war wieder Dienst nach Vorschrift.»
Dass es zu keinem weiteren GP-Sieg in seiner Karriere und somit zur Bestätigung der Leistung von Assen gereicht hat, wurmt Steve Jenkner noch heute ein wenig. «Zuvor war ich im Regen in Suzuka und 2004 in Jerez noch einmal dicht dran. Auch im Trockenen war ich einige Male dicht dran und habe mitunter auch wegen meiner eigenen Blödheit nicht gewonnen. Aber im Nachhinein könnte ich mir dafür auch nichts kaufen. Wenn du dein Leben lang darauf hinarbeitest und dem Sport alles unterordnest, nicht aufs Gymnasium gehst und keine Lehre machst, die du vielleicht gern gemacht hättest, dann ist es für dich selbst schon schön, wenn du dein Ziel erreicht hast, viel mehr aber auch nicht.»