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Kalter Krieg: Wie man den Sport zerstört oder nicht

Kolumne von Michael Scott
Argentinien-Clash von Marc Márquez und Valentino Rossi

Argentinien-Clash von Marc Márquez und Valentino Rossi

Die Fehde zwischen Marc Márquez und Valentino Rossi regiert seit dem Argentinien-Clash wieder die Schlagzeilen. Rossis Bild in der Öffentlichkeit ist makellos. Er kann nichts falsch machen.

Die «MotoGP-Familie» flog also für ein Familientreffen nach Katar. Die lang getrennten Cousins umarmten sich, Erinnerungen wurden geteilt, das Brot wurde gebrochen und klebrige Gutmütigkeit überflutete den Wüstensand. Was für eine Freude, wenn eine solche emotionale Nähe gefeiert werden kann. Was für eine wundervolle Bestätigung der Liebenswürdigkeit, die dem Rennsport innewohnt.

Ach ja, es gab auch noch ein Motorradrennen. Vielleicht habt ihr es gesehen. Aber es gab Zeitpunkte, an denen das nur wie ein Anhängsel der Liebesbekundungen und des Social Media-Festes war. Zuckersüßes wurde mit Goodwill und einem in jedes Gesicht gemeißelten falschen Lächeln verbunden. Bereits in Argentinien kam das alles zu einem schnellen Ende.

Der vielleicht eindringlichste Kommentar der immer weiter anhaltenden Nachwehen des Argentinien-Clash von Márquez und Rossi war einer der einfachsten. Er kam von einem amerikanischen Leser: Wenn Márquez das nicht getan hätte, dann wäre er nicht Márquez.

Es gibt einen Folgesatz. Wenn Rossi nicht sein «gekränkt und unschuldig»-Spiel gespielt hätte, mit seinem charmanten Lachen und seinem verletzten Stolz, dann wäre er nicht Rossi. Wenn er nicht etwas Ähnliches mit Sete Gibernau in Jerez getan hätte, obwohl Sete durch Glück nicht stürzte, wäre er auch nicht Rossi.

Und nicht zu schweigen von dem noch viel frischeren Stoß gegen Márquez in Sepang 2015. Wenn ich mich richtig erinnere, beschuldigte er sich damals nicht selbst, «den Sport zu zerstören». Diesen Fluch hat er Márquez direkt nach dem Rennen in Argentinien auferlegt.

Auch Zarco hat er nicht so abgestraft, der ein sehr ähnliches Manöver in derselben Kurve gegen Pedrosa ritt, der sich dabei einen Bruch im Unterarm zuzog. Oder Petrucci, einem ständigen «Zerstört den Sport»-Übeltäter, der sich an Espargarós Aprilia vergriff.

Um fair zu all diesen Sport-Zerstörern zu sein, war es sehr einfach, von der dünnen trockenen Linie abzukommen. Manche Berührungen waren nicht zu vermeiden. Bei Rossi und Márquez war es hingegen anders. Und sehr persönlich. Es ist ein kalter Krieg, in dem der ältere Fahrer die beste Propaganda hat.

Es ist faszinierend, wie Rossi mit 39 Jahren noch immer die Motivation dafür findet, auf der Strecke konkurrenzfähig zu sein. Eine noch größere Leistung erzielt er aber durch seinen Charme. Sein Bild in der Öffentlichkeit ist makellos. Er kann nichts falsch machen. Die kommerzialisierte Welt der MotoGP-WM stilisiert ihn sogar dann noch zum Champion, wenn ihn die jungen Wilden schlagen.

Als Folge dessen kommt der Mann, der als GOAT bezeichnet wird, damit davon, beide Seiten gegeneinander auszuspielen. Er ist danach der moralische Sieger und bekommt 99 Prozent der Sympathien.

Marc kam mit einer Strafe davon und wurde in Austin nochmals von der Dorna ermahnt. Aber die lautstarken Buhrufe der Rossi-Fans, werden sich weiter verstärken, wenn (was unvermeidlich ist) Márquez die meisten der verbleibenden Rennen gewinnt. Und Valentino wird glückselig lachen, während er das Meer aus Gelb betrachtet. Jedes dieser Kleidungsstücke sorgt für ein Klingeln in seiner Kasse.

Dasselbe Lachen trug er im Gesicht, während er vor den TV-Kameras über seine schreckliche Behandlung durch Márquez in Argentinien berichtete. Ich will Márquez’ verrücktes Manöver nicht blind gutheißen. Obwohl es unmöglich ist, seinen Speed, seinen Einsatz und eine Aufholjagd nicht zu bewundern. Das ist fast so schwierig, wie seine ganz besondere Beziehung zu den Gesetzen der Physik.

Aber ich bin mit der Meinung sicher nicht allein, dass Rossis Reaktion übertrieben, manipulativ, kaltschnäuzig und jenseits der Würde eines großartigen Sportmanns war. In Rossis Chor singen viele Leute. Carlo Pernat, der schon mit Rossi, aber auch Biaggi, Capirossi und Iannone arbeitete, schrieb auf der italienischen Website GPone, dass Márquez eine «wirklich unehrenhafte Sache getan hat. Nun hat Marc alle gegen sich aufgebracht. Sie haben Angst, von ihm getroffen zu werden… Die Dorna sollte ihn für ein Rennen sperren. Wenn das nicht sogar einen Schatten über die gesamte Weltmeisterschaft wirft.»

Wirklich? Hiermit behaupte ich das Gegenteil. Marc sollte so fahren, wie er es tut. Rossi sollte sich an seine eigenen jugendlichen Fehltritte erinnern. Und der Rest von uns sollte feiern, dass der Rennsport trotz des PR-Geredes, der TV-Schmonzette und der Kommerzialisierung noch so hart wie in der Vergangenheit ist und es auch immer bleiben wird.

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