Fabio Di Giannantonio: «Ein paar Tränen vergossen»
Fabio Di Giannantonio am Montag im Media Centre des Circuit Ricardo Tormo
Als Fabio Di Giannantonio im Flutlicht von Lusail vor acht Tagen sein erstes MotoGP-Rennen gewann, stand er für 2024 noch ohne Motorrad da, weil Marc Márquez seinen Platz bei Gresini Racing in Beschlag nimmt. Nach seinem Katar-Sieg kam «Diggia» aber noch als Marini-Nachfolger im künftigen Pertamina Enduro VR46 Racing Team unter. Das Abkommen, das für eine Saison gilt, wurde am Montag nach dem Saisonfinale auch offiziell bestätigt.
Der Abschied von seiner Gresini-Familie fiel Di Giannantonio nach einem weiteren starken Auftritt beim Saisonfinale in Valencia (Zieldurchfahrt als Zweiter, wegen Reifendruck-Vergehen Vierter) schwer: «Ich habe heute schon einen ziemlich romantischen Beitrag gepostet. Ich habe wenig geschrieben, aber alles gesagt. Mit diesem Team verbinden mich eine Menge Emotionen. Wir haben uns gehasst, wir haben uns geliebt, wir haben uns verlassen, wieder zusammengefunden und uns wieder verloren… Es sind wirklich viele Emotionen und für mich war das immer mein Zuhause. Als ich am Sonntag mein Office ausgeräumt habe und alleine war, habe ich versucht, mich zusammenzureißen, aber am Ende doch ein paar Tränen vergossen.»
Am Montagnachmittag sprach der 25-jährige Römer in kleiner Journalistenrunde erstmals offen über seine Zukunft mit der VR46-Truppe. Wann wurde diese fixiert? «Heute am Morgen», scherzte er. «Nein, es war natürlich ein Prozess. Das Rennwochenende über will ich nie über Dinge informiert werden, die nicht das Geschehen auf der Strecke betreffen. Nach dem Rennen haben wir dann alles finalisiert und ich war zu 100 Prozent sicher, dass ich am Dienstag und nächstes Jahr fahren konnte.»
Diggia gab sich äußerlich in den vergangenen Wochen und Monaten betont ruhig. Er konzentriere sich nur auf seine Arbeit auf der Strecke, der Rest sei der Job seines Managers Diego Tavano, bekräftigte er immer wieder. Gab es aber auch schwierige Momente, in denen er die Hoffnung auf eine Fortsetzung seiner MotoGP-Karriere fast aufgegeben hatte? «Mit Sicherheit, ja. Wenn du zu Hause sitzt, ist es natürlich ein bisschen schwieriger, nicht an die Zukunft zu denken. Vor ein paar Monaten war alles sehr schwierig, um ehrlich zu sein. In diesen Fällen bist du aber selbst deine Kraft – und vor allem die Gruppe, die du um dir hast. Ich muss sagen, dass ich eine fantastische Mannschaft habe: Familie, Freunde, meine Freundin, meine Crew zu Hause. Wir haben immer versucht, den Fokus nicht zu sehr auf die Zukunft zu legen, sondern mehr auf die Gegenwart und zu arbeiten. Das haben wir getan, aber mit Sicherheit war in dieser Zeit nicht alles eitel Sonnenschein.»
«Es ist, wie es ist. Das ist unsere Welt in diesem Sport und letzten Endes musst du die Performance abliefern, wenn du auf dem höchsten Level des Motorradsports bist. Die Plätze sind ziemlich begrenzt, du musst also schnell sein. Mit Sicherheit war dieses Jahr ein bisschen schwierig, ich bin jetzt aber super-glücklich und will nur die positiven Dinge sehen. Ich habe am Ende einen super Platz für nächstes Jahr bekommen und wir haben die Saison auf einem sehr hohen Level beendet.»
Als Italiener im Team von MotoGP-Legende Valentino Rossi zu fahren, nachdem Diggias MotoGP-Zukunft so lange ungewiss war, fühlt sich für Fabio wie ein Lotto-Sieg an. «Ja, ich bin immer noch damit beschäftigt, wirklich zu verstehen, was gerade passiert. Es ist ein unglaublicher Moment, ich bin sehr stolz. Zu wissen, dass ich ein Biest in Valentinos Team steuern werde, ist großartig. Ich glaube, dass ich viel von ihm lernen kann. Es ist eine super Gelegenheit für mich.»
Mit «Vale» tauschte sich Di Giannantonio in den vergangenen Tagen nur telefonisch aus. «Ich will ihn aber treffen und ihm zunächst einmal für das Vertrauen danken. Dann ist es auch immer schön, sich mit Valentino zu unterhalten. Da kann man immer etwas lernen.»
Schuldet er Marini eine Pizza, weil er ihm den Platz im Ducati-Kundenteam aus Tavullia überlassen hat? «Eigentlich schuldet er mir eine Pizza, weil er mir in Katar die Pole geklaut hat und ich dadurch den Bonus verloren habe», entgegnete Di Giannantonio lachend. «Wir können also sagen, dass wir quitt sind.»
Nach seinem dritten Platz auf Phillip Island waren zwischenzeitlich Diggias Chancen auf den Platz im Honda-Werksteam gestiegen, ehe die Wahl dort auf Luca Marini fiel. Sah sich Fabio je in Repsol-Farben? «Ich war einfach darauf fokussiert, auf der Strecke das Maximum herauszuholen. Und als wir hier nach Valencia gekommen sind, habe ich mich ehrlich gesagt in den gelb-schwarzen Farben gesehen», schmunzelte die VR46-Neuverpflichtung.