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Phillip Island: Die unendliche Geschichte des Sturzes

Kolumne von Michael Scott
Im MotoGP-Rennen auf Phillip Island kamen nur 14 der 23 Fahrer ins Ziel. Grund dafür waren die asymmetrischen Vorderreifen, die ein wahres Sturzfestival verursachten.

Es gibt scheinbar unendlich viele Möglichkeiten, von einem Motorrad zu fallen. GP-Piloten neigen dazu, sie alle auszuprobieren. Diese Erfahrung kann aber eigentlich jeder machen, der ein Motorrad fährt.

Man kann Stürze in zwei Kategorien unterteilen. Die erste ist der Highsider, der entweder vom Vorder- oder Hinterrad ausgelöst wird und sehr viele Variationen bietet. Meistens spielt Gripverlust eine Rolle. Die zweite Kategorie ist der Sturz beim Bremsen, wenn der Vorderreifen, der in diesem Moment hundert Prozent der Arbeit macht, einklappt. Die Fahrer fallen, befinden sich jedoch noch immer in ihrer angestammten Fahrposition. Das ist kein unüblicher Sturz, aber er passiert meist bei nasser Strecke.

Nun kommen wir zu Phillip Island. Dort war es nicht nass, aber man konnte mehr dieser Stürze sehen, als die, an welche ich mich in den letzten 30 Jahren erinnern kann. Und es betraf vor allem die Crème de la Crème der Motorrad-WM: den zweifachen MotoGP-Weltmeister Marc Márquez mit vier Sekunden Vorsprung, den besten Briten Cal Crutchlow, nur wenige hundert Meter vor dem Ziel auf Platz 2, und den aktuellen Moto2-Weltmeister Pol Espargaró, der seinen ersten Podestplatz im Blick hatte. Das passierte nur im Rennen.

Im Training geschah mit Jorge Lorenzo und einigen anderen aus den kleineren Klassen dasselbe. Alle stürzten auf exakt dieselbe Weise, im Trockenen. Das war Teil 2 von Bridgestones australischem Missgeschick. Im letzten Jahr war die neu asphaltierte Strecke so rau, dass die Reifen nach zehn Runden zerstört waren. Das 27-ründige Rennen wurde auf 19 Umläufe verkürzt und nach zehn Runden mussten die MotoGP-Piloten auf die zweite Maschine mit frischen Reifen wechseln. Zur Erinnerung: Márquez und seine Crew konnten nicht bis zehn zählen und er wurde disqualifiziert.

Bridgestone und Dunlop, Einheitsreifenlieferant der Moto2- und Moto3-Klasse, versicherten, dass dies nicht wieder passieren würde. Spezielle harte Reifen wurden gefertigt und vor der Saison getestet. Ein Erfolg – diese Reifen würden die Distanz überstehen.

Spezialmischung zu hart

In diesem Bereich waren die Spezialmischung und die erstmals eingesetzten asymmetrischen Vorderreifen erfolgreich, wenn man von Lorenzos Blindgänger-Vorderreifen absieht. Doch aus einem anderen Blickwinkel waren sie nicht so erfolgreich, denn die Stürze resultierten aus den zu harten Karkassen und Mischungen. Ein weiterer Faktor waren die Temperaturen, die kühler waren als erwartet. Oder zumindest kühler als sie es erwartet hatten.

Der neue asymmetrische Reifen war das Problem. Er war zu hart oder kühlte zu schnell aus, weil er die Hitze nur schlecht weiterleitete. Bereits vor dem neuen Asphalt war Phillip Island immer eine Herausforderung für die Reifen. Es gibt viele schnelle Kurven, hervorzuheben ist die Stoner Corner, die man in vollem Drift im fünften Gang nimmt und dann zwei Linkskurven am Ende der Runde, die im fünften und sechsten Gang gefahren werden. Sie sind ein Grund dafür, warum die Fahrer diese Strecke lieben. Es ist die seltene Chance, ein MotoGP-Bike auszuquetschen.

Dazwischen liegen zwei langsame Rechtskurven – Honda Hairpin und MG – die einzigen harten Bremspunkte. Wegen ihnen befindet sich die weichere Mischung auf der rechten Seite der Reifen – nun auch vorne. In diesen Kurven fanden jedoch auch die Stürze auf der Bremse statt. Die Podest-Piloten Rossi, Lorenzo und Smith nutzten den extra-weichen Vorderreifen, wie auch die Pramac-Ducati-Piloten. Iannone stürzte zwar, aber aus einem anderen Grund.

Die große Ironie war, dass Crutchlow zunächst den extra-weichen Reifen gewählt hatte, aber sich dann für den asymmetrischen entschieden hat. Das Problem war, dass dieser Reifen mit zwei verschiedenen Mischungen, die extra-weiche mit der harten verband.

Es ist natürlich einfach, Bridgestone die Schuld zu geben. Natürlich muss der Reifenlieferant die Kritik einstecken. Fahrer sind nie mit den Reifen zufrieden. Sie sagen nie, dass ihre Reifen perfekt waren, wenn sie nicht zu Sturz kamen.

Doch die Reifenmenschen sind nicht die einzigen Angeklagten. Wenn sie mehr Testfahrten erhalten hätten... Oder wenn sie Konkurrenz durch einen anderen Reifenhersteller hätten... Kriege bringen Schwung in die Entwicklung, auch Reifenkriege.

Diese Zeiten sind jedoch vorbei – im Interesse des Geldes – dem großen Gebieter der Dorna. Es mag GP-Sport sein, aber wenn er nicht billig ist, ist er nicht gut. Das ist das oberste Gebot.

Doch Kosten sind etwas anderes als Bußgeld. Dieses wurde nämlich von den Fahrern bezahlt, die stürzten, während sie immer noch ihre angestammte Fahrposition hielten.

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