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Mika Kallio: «Jeder will in die Königsklasse»

Von Günther Wiesinger
Wartet auf neue Gegner: Mika Kallio

Wartet auf neue Gegner: Mika Kallio

Mit 26 Jahren nimmt Mika Kallio 2009 bei Pramac-Ducati den ersten Anlauf in der MotoGP-WM. Mit KTM sind alle Titelkämpfe gescheitert.

Von August 2003 bis zum Saisonende 2008 trug Mika Kallio die Werksfarben von Red Bull-KTM. 2005 verpasste er den 125-ccm-WM-Titel nur knapp gegen Tom Lüthi (Honda), 2008 führte er bis zum Sachsenring-GP in der 250-ccm-Weltmeisterschaft.

In dieser Saison Mika Kallio (115 GP-Starts, zwölf Siege) in der MotoGP-WM an. Bei seinem zweiten Ducati-Test im November blieb der kampfstarke Finne nur 0,1 sec hinter Werksfahrer Nicky Hayden.

Im Rückblick analysiert Kallio die Gründe für den Verlust des WM-Titels 2008 mit einer gewissen Bitterkeit. «Technical Director Harald Bartol hatte nach Brünn neue Zylinder mitgebracht, dazu gab es neue Kennfelder für die Zündung und das Motoren-Management. Diese Upgrades fühlten sich recht gut an. Dazu habe ich in Misano für das Freitag-Training erstmals eine Maschine mit dem neuen Chassis probiert, das 30 Millimeter schmaler war», erzählte Kallio.

Diese aussergewöhnliche Aktion erwies sich als Schuss in den Ofen. Weil die GP-Trainings für die Erprobung von Ersatzteilen viel zu hektsich und kurz sind, kam Kallio über Startplatz 10 nicht hinaus. Im Rennen kollidierte er mit seinem Teamkollegen Hiro Aoyama, dadurch wuchs der Rückstand auf den späteren Weltmeister Simoncelli auf 26 Punkte.

Du hast von den sieben Rennen vor Misano nur eines gewonnen und warst bei den anderen sechs nie auf auf dem Podest. Marco Simoncelli war in dieser Phase siebenmal unter den ersten Drei.

Für mich war ausschlaggebend, dass wir technisch mit Aprilia und Gilera mithalten können. Wir waren aber nicht auf diesem Level. Wir waren 2008 unter normalen Umständen nicht in der Lage, Aprilia oder Gilera zu besiegen.

Das neue Chassis offenbarte in Misano ein paar positive Eigenschaften. Aber wir hatten nicht genug Zeit für eine ordentliche Abstimmung. Ich habe 1,1 sec auf die Trainingsbestzeit von Barbera verloren. Und eine Sekunde auf Simoncelli. Zu viel!

Es ist nicht ideal, ein neues Fahrwerk bei einem GP-Meeting zu testen und abzustimmen. Das sollte man idealerweise bei einem Test über ein bis zwei Tage machen.

Wo lagen die Schwachstellen der KTM im Vergleich zu Aprilia und Gilera?

Wir verloren zum Beispiel in den schnellen Kurven Zeit, weil die Maschine dort schwierig auf der Ideallinie zu halten war. Dafür haben wir bei heftigen Bremsmanövern Vorteile gehabt, auch beim Rausfahren aus engen Kurven. Eigentlich habe ich gehofft, bei den letzten sechs Rennen mehrmals Vorteile zu haben, zum Beispiel in Motegi und Valencia. Dazu habe ich mir für Indianapolis viel ausgerechnet. Denn auf Strecken, die neu im Kalender sind, waren wir meistens sehr konkurrenzfähig. Aber dann wurde das Rennen wegen des Hurricans abgesagt.

Bei KTM haben einige hochrangige Manager anklingen lassen, du wärst bereits im Sommer durch die MotoGP-Angebote abgelenkt worden und hättest auf der Strecke den Kopf nicht mehr 100-prozentig bei der Sache gehabt. Auch Harald Bartol hatte dieses Gefühl.

Ich habe verschiedenen Leuten bei KTM mehrmals versichert, dass ich mit 100-prozentiger Sicherheit alles gegeben habe, wenn ich auf dem Motorrad gesessen bin. Das entsprach der Wahrheit. Denn mein oberstes Ziel war es, 2008 die 250-ccm-Weltmeisterschaft zu gewinnen und dann in die MotoGP-Klasse zu übersiedeln.

Du hattest verschiedene Angebote für die Königsklasse. Das Pramac-Ducati-Juniorteam war seit April an dir interessiert, dazu offenbar auch das Scot-Honda-Team von Luca Montiron, wo bisher Dovizioso fuhr.

Ja, von diesen Teams lagen Angebote vor.

KTM machte sich natürlich grosse Hoffnungen, dass du eine siebte Saison bei den Orangen bleibst. Dein Weggang war einer der KTM-Beweggründe zum Rückzug aus der 250er-Klasse.

Schon im August habe ich kein Geheimnis daraus gemacht, dass die Chancen für einen Klassenwechsel bei 80 Prozent liegen – oder mehr! Jeder Fahrer will in die Königsklasse!

Du hast in Estoril Mitte April die WM-Führung übernommen, bist sie aber durch den Sieg von Simoncelli auf dem Sachsenring losgeworden.

Natürlich wollte ich die WM-Führung über die Sommerpause behalten. Aber der vierte Platz auf dem Sachsenring hat diese Pläne vereitelt. Nach diesem Grand Prix war ich enttäuscht, keine Frage. Aber nach dem Brünn-GP war noch alles offen. Ich dachte, die 16 Punkte lassen sich aufholen.

Bei Aprilia und Gilera haben dich eine ganze Reihe von Siegfahrern gejagt. Am Schluss hat sich auch in der WM noch überholt und auf Platz 3 verdrängt

Ich bin mit guten Ergebnissen in die Saison gestartet, ich ahbe von den ersten vier Rennen zwei gewonnen. Dadurch ist das Selbstvertrauen bestiegen. Aber später sind wir immer mehr in die Defensive geraten. Bautista lag vor dem Misano-GP noch 26 Punkte hinter mir. Am Schluss hatte er 48 mehr als ich!

Wie lautet dein Urteil über Marco Simoncell? Wo waren seine Schwachstellen?

Besonders ab Le Mans waren sein Team und er sehr stark. Es waren keine Schwachstellen ausfindig zu machen. Wir haben hart gearbeitet, um dieses Team zu besiegen. Aber im Gegensatz zu den letzten zwei Jahren ist Simoncelli nie gestürzt. In dieser Saison hat er bei allen Rennen gepunktet. Im September habe ich noch gehofft, wenn wir den Druck erhöhen, wird er sich vielleicht zu einzelnen Fehlern hinreissen lassen. Unser Plan war, überall und zu jeder Zeit Druck auf ihn auszuüben.

Aber mit drei Nullern bei den letzten sechs Rennen war das ein aussichtsloses Unterfangen.

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