Vom Krankenbett auf die Strecke
Stefan Nebel
Das ist wohl die Story des vergangenen Wochenendes. Nach ein paar Tagen Pause vom Racing in den USA und einem recht interessanten Trip durch die Staaten hatte ich mich in der Woche vor dem Rennen bei meinem Team in Wisconsin perfekt vorbereiten können. Ich bin jeden Tag auf der Strecke meines Teams Motocross gefahren und war auch mit meinem Teamchef einige Male auf wirklich sensationellen Supermoto-Strecken in den USA. Ich habe mich sehr anstrengen müssen, meinen Teamchef (60 Jahre!!) niederzuringen. Denn wenn der einen Helm aufzieht, ist er wieder um die 20.
Am Mittwoch vor dem Rennen stand die 10-stündige Autofahrt auf dem Programm in Richtung Cleveland. Ab Freitag ging dann endlich wieder die Post ab, und ich freute mich riesig darauf... Ich konnte auch gleich gute Zeiten fahren, obwohl ich die Strecke noch nicht kannte. Für das erste Quali änderten wir nicht viel am Bike, denn dank unseres Tests in New Orleans passte alles fast perfekt. Das Zeittraining lief eigentlich recht gut, und ich fuhr einen langen Turn, um mehr Erfahrung auf der Strecke zu bekommen. Leider kam ich nicht mehr dazu, mit frischen Reifen eine schnelle Runde zu drehen, da das Training mit roter Flagge beendet wurde. Platz 12 war aber okay, und ich wusste, dass ich noch um einiges schneller fahren kann.
Leider kam mir da etwas dazwischen. Etwa eine Stunde nach dem Training spürte ich wie meine linke Hand leicht dick wurde, dachte mir aber nicht Schlimmes dabei. In der Nacht wurde mir auf einmal schlecht, und ich bekam Fieber. Ich verbrachte die Nacht vor der Toilette und konnte mir nicht erklären, was los ist, bis ich am Morgen meinen Arm genau inspizierte und ich einen kleinen Biss fand.
Um 9.40 Uhr war das zweite Quali, und ich versuchte zu fahren, konnte meine Zeit auch verbessern, aber es ging mir extrem schlecht. Ich ärgerte mich, dass ich nicht zeigen konnte, welchen Speed wir wirklich hatten. Zunächst wollte ich nur den versäumten Schlaf nachholen und legte mich ein wenig vor dem Rennen hin. Als ich jedoch mit Krämpfen im Arm aufwachte und ich mir meine Venen im Arm ansah, wurde mir ganz anders. Die waren feuerrot, und ich ging sofort zum Arzt. Dieser stellte eine Blutvergiftung fest. Hervorgerufen durch den Biss wanderte diese nun den Arm hoch, und die Ärzte schlugen sofort Alarm. Startverbot und fünf Stunden am Antibiotika-Tropf.
Was, ich darf nicht fahren?! Nein, keine Chance, hiess es, und die Ärzte machten mir schnell klar, wie ernst das war. Sie gaben mir aber zu verstehen, dass, wenn die Rötung am nächsten Tag weg sei, ich es im zweiten Rennen versuchen dürfte. Also viel Schlaf, Hand hoch, Eis drauf, noch einen großen Cocktail an Pillen und hoffen, dass es klappt. Ich fühlte mich zwar am nächsten Tag wie nach einem Marathon, aber die roten Venen waren nicht mehr so schlimm, und ich konnte es versuchen.
Das Rennen begann recht viel versprechend, und ich konnte mich auf Platz 12 platzieren, fuhr eine Sekunde schneller als im Training und hatte die Gruppe vor mir bis Platz 8 sehr gut im Griff. Aber ab Rennmitte wurde mir richtig komisch, und mein Magen rebellierte. Ich bekam Krämpfe am ganzen Leib und musste das Tempo rausnehmen. Da ich inzwischen fast 25 Sekunden Vorsprung hatte vor dem Fahrer auf Platz 12, wollte ich Rang 11 einfach nur nach Hause bringen.
Ich bin nicht zufrieden mit dem Ergebnis, denn es war eine Riesen-Chance, mein angestrebtes Ziel zu erreichen. Aber ich bin heilfroh, dass ich überhaupt fahren konnte, und somit muss ich das Wochenende vergessen und nach vorn schauen.
Laguna Seca steht an, bis dahin sind es noch 14 Tage, in denen ich 30 Antibiotika-Tabletten vernichten muss und hoffe wieder hundert Prozent fit zu werden. Danke an das Team und KTM für die Unterstützung, und ich hoffe, wir können bald unser Ziel erreichen, für das wir alle so hart arbeiten.