Der positive Wandel des Sterns
Mercedes Grand Prix Präsentation
Ging es Ihnen nicht auch so? Als am Sonntag in Suzuka Michael Schumacher seinem Teamkollegen Nico Rosberg im Nacken hing und der öffentliche Funkspruch kam «Michael, there is no Team Order» stellte ich mich drauf ein, dass es nun zu einem ganz simplen Platztausch kommt. Ich traute dem Spruch nicht. Doch er war echt, Rosberg behielt die Oberhand, obwohl Schumacher dank der frischen Reifen zu dem Zeitpunkt deutlich schneller war.
Motorsport ist für einen Hersteller vor allem ein Imagetransfer. Wenn es danach geht, wird Mercedes mehr und mehr positiv gesehen. Das war, vor allem unter den eingefleischten Fans, nicht immer so. Ich erinnere mich an die DTM am Nürburgring 1992, als Keke Rosberg in Führung liegen demonstrativ zur Seite fuhr, weil er seine Teamkollegen vorbeilassen musste. Oder den Platztausch von Coulthard und Häkkinen 1998 in Australien. An Zeiten, wo Mercedes-Kreise die 24 Stunden vom Nürburgring als Kirmes-Rennen bezeichneten.
Doch das alles ist Schnee von gestern, man hat sich beim Stern gewandelt. Natürlich weiss man in Untertürkheim auch heute noch, wie Stallorder funktioniert und wird sie auch anwenden, wenn es notwendig ist. Aber, so macht es den Eindruck, nur dann, wenn sie wirklich notwendig ist.
Mercedes betreibt derzeit Motorsport an den wichtigsten Fronten. Zu einem Zeitpunkt, wo sich Honda, BMW und Toyota aus der Formel 1 zurückgezogen haben, setzen sie noch einen drauf, übernehmen Brawn-GP und werden zum reinen Werksteam.
Im Herbst 2009 hätte angesichts der für die Formel 1 notwendigen Investitionen und vor allem der wirtschaftlichen Gesamtsituation niemand böse sein dürfen, hätte sich Mercedes aus der DTM zurückgezogen. Was auch der ein oder andere der höheren Herren im Konzern sicher so gesehen haben wird. Doch Mercedes blieb in der DTM.
Mercedes betreibt mit dem SLS AMG GT3 nun erstmals in der Geschichte echten Kundensport, vor wenigen Jahren noch undenkbar. Und kehrt damit sogar auf die Nordschleife zurück. Dazu ist Mercedes seit Jahren in der Formel 3 als Motorenlieferant erfolgreich.
Mercedes ist sich als einer der wenigen Firmen im Motorsport überhaupt bewusst, dass neben den Maschinen vor allem der Mensch zählt, der Interesse weckt. Es gab gewiss billigere Fahrer auf dem Markt wie Michael Schumacher, bei denen auch das sportliche Risiko geringer gewesen wäre. Und dennoch entschied man sich für den Rekord-Weltmeister. Gleiches gilt in der DTM für Ralf Schumacher und David Coulthard. Allein ihre Präsenz sichert Medien-Interesse, das weit über die Fachpresse hinaus geht. Was nicht nur für Mercedes, sondern vor allem für die Serien und den Motorsport generell gut ist. Und dabei wird auch die Nachwuchsförderung nicht vergessen.
Norbert Haug sagt in Interviews immer wieder gerne: «Wir sind Racer!». Lange habe ich es ihm nicht geglaubt, doch meine Meinung inzwischen geändert!
Schon am kommenden Wochenende ist Mercedes wieder unterwegs, in der DTM auf dem Hockenheimring und auch auf der Nordschleife, wo am Samstag gleich zwei SLS am Start sein werden. SPEEDWEEK wird darüber berichten, mit den Rennfakts online und ausführlicher Hintergrund-Berichterstattung im Heft. Jeden Dienstag neu!