VW fährt Rallye-Programm gegen die Wand

Von Toni Hoffmann
Der Volkswagen-Service in der Rallye-WM

Der Volkswagen-Service in der Rallye-WM

Die ganz große Sensation war es nicht, nur dass sie jetzt so plötzlich kam, war schon etwas überraschend. «Volkswagen verlässt die Rallye-Weltmeisterschaft» war am Mittwoch die Schlagzeile des Tages. Das war absehbar.

Am Sonntag war noch im VW-Service beim britischen WM-Lauf in Deeside Friede, Freude, Eierkuchen wegen der vierten Marken-Krone. Oder war die Freude im VW-Lager nach außen hin gespielt? Anzunehmen, denn eine solch schwerwiegende Entscheidung, wie sie am Dienstag der VW-Vorstand getroffen hat, kommt nicht von heute auf morgen. Eine solche Entscheidung wird von langer Hand vorbereitet. Schlecht vorstellbar, dass im VW-Rallye-Team da keiner etwas wusste. Da wussten alle bescheid, doch noch musste man nach außen den Schein der Freude wahren.

Das Rallye-Engagement von Volkswagen wird also ein Bauernopfer für den Dieselbetrug. Das war irgendwie zu erwarten. Doch haben die Wolfsburger da nicht das falsche Opfer genommen? Wohl doch. Im Boxsport heißt es «never change a winning team». Und das hat Volkswagen gemacht. Es wurde das Team geopfert, das wenigstens im mächtigen Konzern für weltweite positive Schlagzeilen auf dem Sportsektor gesorgt hat und auch weitere solche hätte liefern können. Mal ehrlich, was sind die 75 Millionen gegenüber den Milliarden im zweistelligen Bereich, die Volkswagen der Softwarebetrug kostet. Um mit einem ehemaligen Manager der Deutsche Bank zu sprechen, sind das wohl Peanuts.

Volkswagen hat seit dem offiziellen Einstieg in der Rallye-Weltmeisterschaft 2013 alles an Meisterschaften abgesahnt, was möglich war. Die letzten vier Jahre haben die «Blauen» alles im Titelsektor abgeräumt. Volkswagen startete jedes Jahr seit 2013 einen Durchmarsch. 42 Siege heimste man mit dem VW Polo R WRC ein, 30 Mal hieß der Sieger Sébastien Ogier. Das waren schon eingefahrene Pfade, auf denen Volkswagen fuhr. Und ehrlich gesagt, Volkswagen und sicherlich auch Ogier machten die Königklasse mit der Dominanz auch letztlich etwas langweilig. Und ein Titel lässt sich nicht so gut verkaufen und vermarkten, wenn eine wirklich ernsthafte Konkurrenz fehlt. In diesem Jahr ist Hyundai, vielleicht der mögliche Nachfolger von Volkswagen, ein wenig den Wolfsburger auf den Pelz gerückt, aber noch nicht gefährlich geworden.

Als Volkswagen 2013 offiziell in die Rallye-Weltmeisterschaft einstieg, hofften die deutschen Rallyefans auch auf eine gute Resonanz in den deutschen Medien. Doch mitnichten, eher das Gegenteil war der Fall. Die Berichterstattung in der Rallye-WM wurde sogar zurückgefahren. Das lag auch daran, dass Volkswagen keinen deutschen Fahrer im Kader hatte, ja, einen Franzosen, der hat immerhin eine deutsche Frau, einen Finnen und einen Norweger. Ein deutscher Hersteller ohne einen deutschen Piloten, das kam nicht so gut an. Es stand zwar beim WM-Einstieg nicht unbedingt ein deutscher Top-Pilot zur Verfügung, doch mit etwas Förderung hätte Volkswagen das schaffen können, wie zum Beispiel damals Sepp Wiegand, oder Hermann Gassner junior, die schon im Förderprogramm des Hauptsponsors Red Bull waren.

Volkswagen wird sich «down under» in Australien aus der Königsklasse verabschieden, weit weg von Europa, weit weg von Deutschland. Und keiner wird das so richtig, wegen der Zeitverschiebung, live mitbekommen. Kein glorreicher Abgang für ein Meisterteam.

Doch jetzt dürfte eine Hoffnung in der Rallye-Weltmeisterschaft aufkeimen. Vorerst kein vorprogrammierter Durchmarsch, den es wahrscheinlich angesichts der neuen Regularien mit den brandneuen Fahrzeugen wohl doch nicht so geben würde. Der fast fertige 2017er VW Polo findet auf jeden Fall seinen Platz nicht auf den weltweiten Rallyepisten, sondern in der Wolfsburger Autostadt. Die Rallye-WM startet 2017 quasi bei Null, ohne den vorher bestimmbaren Favoriten, oder mit Hyundai vielleicht doch, oder meldet sich der achtfache Titelgewinner Citroën beim Comeback wieder mit altem Glanz zurück. Möglich, dass nun der vierfache Champion Sébastien Ogier beim alten Arbeitgeber wieder anheuert, das wäre aus seiner Sicht die beste Adresse. Und wie stark ist Toyota bei seiner Rückkehr? Wir die Mannschaft von Tommi Mäkinen vielleicht durch Jari-Matti Latvala verstärkt?

Sehen wir – sorry Volkswagen – den Wolfsburger Ausstieg einmal leicht positiv. In die Rallye-Weltmeisterschaft kommt Bewegung, sie könnte wieder spannend werden. Am 22. Januar 2017 wissen wir mit dem Zieleinlauf bei der Rallye Monte Carlo etwas mehr.

Übrigens: Wir werden die sehr umfangreichen Pressemitteilungen von Volkswagen schon jetzt vermissen.

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