Jorge Lorenzo bei Ducati: Der Transfermarkt boomt

Von Günther Wiesinger
Der Wechsel von Jorge Lorenzo zu Ducati bringt das Transferkarussell in Schwung. Bisher ist keines der sechs MotoGP-Werksteams für 2017 vollständig besetzt.

Neun Jahre. Und genau 155 Einsätze in der MotoGP-WM. Das war's dann gewesen, danach wird die glorreiche Partnerschaft Jorge Lorenzo und Yamaha in der Königsklasse Geschichte sein.

41 Siege, 36 Pole-Positions, 99 Podestplätze und 27 schnellste Rennrunden hat diese Zweckgemeinschaft vorläufig eingebracht. Und drei MotoGP-Weltmeistertitel in den Jahren 2010, 2012 und 2015.

Aber der Mallorquiner stand bei Yamaha immer im Schatten des grossen Valentino Rossi, nur in dessen beiden Ducati-Jahren 2011 und 2012 nicht.

Spätestens am kommenden Donnerstag wird das Bündnis Lorenzos mit Ducati verkündet. Die Roten, seit vier Jahren im Besitz der Audi Group und seit Oktober 2010 (Stoner in Phillip Island) in der MotoGP-WM sieglos, wollen wieder eine erfolgreiche Ära einläuten und die Siegesserie von Honda und Yamaha beenden.

Neben Yamaha-Renndirektor Lin Jarvis wird auch Jorge Lorenzo am Donnerstag in Jerez um 17 Uhr an der «pre event press conference» teilnehmen. Aber der Fahrer wird nicht viel zum Sensationstransfer sagen dürfen.

Lorenzo ist bis zum Saisonende bei Yamaha Motor Racing unter Vertrag. Dieser Vertrag wird es ihm nicht erlauben, sich zu einem Konkurrenzfabrikat zu äussern. Er wird nur Allgemeinheiten von sich geben dürfen.

Aber es Gentlemen's Agreement zwischen den Werken wird es ihm gestatten, bereits nach dem Valencia-GP im November die Ducati Desmsosedici auf dem Schauplatz des WM-Finales zu testen.
Ducati liess sogar Cal Crutchlow Ende 2014 dort die LCR-Honda fahren, als der Brite nach einem Jahr aus dem Zwei-Jahres-Vertrag ausstieg und dann Bradls ehemalige RC213V testete.

Nur einmal sagte ein Werk rigoros nein: Als Casey Stoner Ende 2006 von LCR-Honda zu Ducati ging, verhinderten die HRC-Manager die ersten Ducati-Testfahrten des Australiers in November.

Es nützte herzlich wenig. Stoner gewann die WM 2007 trotzdem.

MotoGP-WM 2017: Viele lukrative Plätze frei

Es war immer zu erwarten, dass der Transfermarkt 2016 für viel Gesprächsstoff und Überraschungen sorgen würde.

Jetzt haben die zwei Erstplatzierten der MotoGP-WM 2015 ihre Jetons für die Zukunft gesetzt: Rossi bleibt bei Yamaha, Lorenzo wechselt zu Ducati.

«Es wird nicht einfach werden, Jorge zu ersetzen», seufzte Yamaha-Teammanager Wilco Zeelenberg, seit 2010 Betreuer und enger Begleiter des Spaniers, am Sonntag nach dem Texas-GP im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Aber es ist seine Entscheidung.»

Dem Niederländer war anzusehen: Viel Verständnis hat er für diesen Wechsel nicht.

Aber Ducati hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass sie so rasch als möglich einen aus den «Glorreichen Vier» verpflichten wollen, wobei sich dieses Quartett gerade um Maverick Vinales und Andrea Iannone erweitert, während Dani Pedrosa um den Anschluss an die Top-3 kämpft.

Also: Yamaha sucht Ersatz.

Rossi nannte in Texas am Freitag die Namen Vinales, Iannone als Kandidaten, diese Namen machen Sinn. Aber Suzuki-Werkspilot Maverick Vinales muss bei Suzuki bleiben, wenn er bis zum Sommer einen Podestplatz erreicht. In Austin war er schon Vierter. Das Suzuki Ecstar-Team wird den spanischen Ausnahmekönner kaum freiwillig aus dem Vertrag entlassen.

Vielleicht kommt es zu einem Kompromiss: Vinales steigt erst 2018 auf die Movistar-Yamaha.

Ein Spanier wäre bei Yamaha wegen Sponsor Movistar höchst willkommen, deshalb ist auch Pedrosa im Gespräch. Er würde mit«The Doctor» auch besser harmonieren als Lorenzo.

Pol Espargaró (das dritte Jahr im Kundenteam Tech3-Yamaha) wird keine Freude haben, wenn man ihm womöglich nur ein Jahr im Werksteam in Aussicht stellt. Aber Yamaha könnte ihm für 2018 ein Werksmotorrad bei Tech3 anbieten.

Falls sich Pedrosa nach elf Jahren von Repsol-Honda trennt oder er entlassen wird, würde dort fahrerisches Personal benötigt. Jack Miller müsste sich gewaltig steigern. Andrea Iannone ist bei Teamprinzipal Livio Suppo nicht beliebt, deshalb hat er ihn nie zu Gresini oder LCR geholt. Cal Crutchlow ist zu alt und hat 2016 bisher arg enttäuscht: drei Rennen, drei Stürze, null Punkte.

Dovizioso kommt wohl auch kaum in Frage: Er hat Honda nach der Saison 2011 im Unfrieden verlassen. Als HRC für 2011 Casey Stoner engagierte, hatte «Dovi» noch einen Werksvertrag und wollte sich nicht ins Gresini-Team abschieben lassen. Deshalb musste Repsol-Honda damals der Fahrer einsetzen – Stoner, Pedrosa und Dovi.

Naja, Moto2-Held Alex Rins würde sofort bei Repsol-Honda unterschreiben.

Bei Ducati laufen die Verträge von Dovizioso und Iannone aus. Nach der Saison 2015 war Iannone das neue Liebkind der Roten, sein Argentinien-Auftritt und die vielen Stürze haben das Image des Draufgängers angekratzt.

Dovi oder Iannone – das werden die nächsten Rennen entscheiden. Ich halte Iannone für den Favoriten: schneller, jünger, ausserdem ein Ducati-Eigengewächs, aufgepäppelt bei Pramac, dann gereift im Werksteam.

Unser heimlicher Traum wäre freilich: Ducati marschiert 2017 mit Lorenzo und Stoner auf!

Aber die Aussichten auf ein Zustandekommen dieses «Dream Teams» sind gering. Stoner will sich keine komplette Rennsaison mehr antun. Sagt er.

Suzuki: Moto2-Weltmeister Johann Zarco hat bereits einen Vertrag für 2017. Wenn Vinales zu Movistar-Yamaha wechseln sollte, könnte Aleix Espargaró bleiben oder ein Fahrer wie Iannone oder Dovizioso kommen. Neben Rookie Zarco wird ein starker Routinier benötigt.

Aprilia: Sam Lowes hat einen Vertrag, Stefan Bradl und Alvaró Bautista dürfen sich Hoffnungen auf eine Vertragsverlängerung machen. Der momentane Trend spricht für den Bayern.

KTM: Bradley Smith hat für 2017 und 2018 unterschrieben. Neben ihm ist ein Platz frei, der mit einem Fahrer wie Tom Lüthi oder sonst einem aussichtsreichen Moto2-Fahrer (Jonas Folger) besetzt werden könnte. Aber Folger wurde auch bei Tech3-Yamaha angeboten.

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