Razlan Razali: Die Hintergründe des Petronas-Rückzugs

Von Günther Wiesinger
Petronas-Yamaha-Teamprinzipal Razlan Razali spricht im SPEEDWEEK.com-Interview erstmals ausführlich über den überraschenden Rückzug von Hauptsponsor Petronas.

Es war ein heftiger Paukenschlag, als beim ersten Spielberg-GP (6. bis 8. August) durchsickerte, dass sich der malaysische Mineralölkonzern Petronas beim Yamaha-Kundenteam von Teamprinzipal Razlan Razali nach 2021 aus der WM zurückziehen werde.

Dieser Rennstall hat 2019 und 2020 außergewöhnliche Erfolge erzielt. Im Vorjahr wurden mit Quartararo und Morbidelli je drei Siege gefeiert, dazu wurde «Morbido» überraschend Vizeweltmeister. 

2021 blieben die Erfolge mit Rossi und Morbidelli bescheiden, dann kam noch die Knie-Operation von Franco dazwischen. Und die Suche nach neuen Talenten für 2022 verlief harzig und lange erfolglos. Fahrer wie Toprak Razgatlioglu und Marco Bezzecchi sagten ab, die Verpflichtung von Ausnahmekönner Raúl Fernandez scheiterte.

Petronas-Teamprinzipal Razlan Razali nahm im Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com erstmals ausführlich zur Trennung von Petronas Stellung.

Razlan, kam der Rückzug von Petronas im August für dich aus heiterem Himmel?

Ja, es war eine wirkliche Überraschung.

Wir haben bereits Ende 2020 Diskussionen über eine Vertragsverlängerung geführt. Unsere erste Vereinbarung ging über drei Jahre und endet nach dieser Saison 2021. Wir haben über einen neuen Vertrag verhandelt.

Ich habe im vergangenen Juni eine Offerte erhalten. Sie wollten uns natürlich weniger Geld geben. Ich habe entgegnet: «Wir können es nicht für weniger Geld machen.» Ich habe bereits im Juni um eine leichte Erhöhung des Budgets gebeten.

Wenn ich jetzt zurückblicke, dann hätte ich diese Offerte vom Juni  akzeptieren sollen...

Wir hatten eine ‚deadline‘ bis Ende Juli für eine Einigung vereinbart. Als dieser Termin näher rückte, das war in der Woche vor meinem Flug zum Steiermark-GP.

Am Ende bekam ich von der Vorgesetzten des Marketing-Departements einen Termin am Mittwoch, das war mein Abflugtermin nach Österreich.

Ich rechnete mit zwei Möglichkeiten: Entweder würden sie sagen: «Es gibt kein anderes Angebot. Das ist das, was wir zahlen.» Oder sie würden die Verhandlungen weiterführen.

Stattdessen haben sie sich für den Rückzug entschieden. Sie haben uns keine Gelegenheit gegeben, noch einmal zu diskutieren.

Ich habe diese Neuigkeit dem CEO des Sepang Circuits mitgeteilt. Er hat dann als Teameigentümer einen Termin mit dem Chairman von Petronas und den Topmanagern vereinbart. Dort wurde uns mitgeteilt, dass wegen der wirtschaftlichen Situation mit Corona und der schwierigen instabilen Lage mit der Regierung von Malaysia der Rückzug besiegelt worden ist.

Wir mussten diese Entscheidung akzeptieren.

Aber das hört sich wie eine Ausrede an, denn das Formel-1-Engagement bei Mercedes kostet viel mehr Geld.

Exakt. Wir haben genau dasselbe gesagt.

Es liegt nicht an unserer Performance. Wir sind mit unseren MotoGP-Team sehr stark gestartet.

Als Petronas 2010 zu Mercedes kam, dauerte es einige Jahre, bis sich Erfolge einstellten.

Wir haben als neues Team viel besser abgeschnitten. Außerdem haben wir weniger als 5 Prozent von dem bekommen, was sie in der Formel 1 bezahlen.

Es ging auch nicht um die Fahrer. Denn als wir Valentino für 2021 vorgeschlagen haben, wurde er von Petronas akzeptiert. Und sie wollten etwas mit ihm machen. Aber das ist nicht passiert.

Es sind bei Petronas auch Veränderungen passiert.

Ich habe gehört, dass Datin Anita Azrina Abdul Aziz, Head of Strategic Communications bei Petronas, mit dir und dem Sepang-Circuit-CEO nicht klar gekommen ist.

Ja, ich habe deinen Artikel gelesen.

Okay. Sie ist zum selben Zeitpunkt bei Petronas im Motorsport an Bord gekommen, als ich 2008 als CEO zum Sepang Circuit gekommen bin.

Damals beschränkte sich unsere Zusammenarbeit fast ausnahmslos auf den Formel-1-GP von Malaysia.

Petronas hat als riesiger Konzern gegenüber dem Circuit immer hohe Ansprüche gestellt, sie wollten als Titelsponsor des F1-Events alles. So gab es Meinungsverschiedenheiten.

Und jedes Mal, wenn ich einen Vorschlag gemacht habe, bin ich abgeblitzt. Dann hat diese Person Petronas verlassen. 2018 kamen zwei neue Damen als meine Gesprächspartner zu Petronas.

Petronas hatte damals ein Problem mit Syahrin in der Moto2, also haben sie sein Team nicht mehr unterstützt.

Wir haben danach Syahrin übernommen und mit ihm ein Moto2-Team gegründet mit einer anderen Marke. Wir wollten ihn zuerst ins Sepang-Circuit-Moto2-Team holen, denn er war immer noch gut und wir brauchten ihn als Zugpferd für den Sepang-GP.

Nachher waren wir bei Tech3-Teambesitzer Hervé Poncharal zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle. Wir haben Hafizh ins Tech3-Yamaha-MotoGP-Team gesteckt, als sich Jonas Folger in Januar 2018 überraschend zurückzog. Syahrin konnte plötzlich 2018 die MotoGP-WM auf der Tech3-Yamaha fahren. Aber er fehlte im Moto2-Team, das wir dann mit Zulfahmi Khairuddin besetzt haben.

Fahmi hat nicht gut abgeschnitten, wir holten danach viele unterschiedliche Ersatzfahrer.

Hafizh war also weg von Petronas. Ich traf die zwei neuen Damen. Sie haben uns in der Moto3 bereits 2017 unterstützt. Wir sind mit diesen zwei Damen sehr gut ausgekommen.

Sie haben auch im Frühjahr 2018 bei unserem MotoGP-Projekt mit Yamaha ja gesagt, sie haben eingewilligt und sogar die Sprit-Lieferung für die Klassen Moto3 und Moto2 übernommen. Carmelo Ezpeleta war darüber sehr erfreut.

Wir haben dann Shell als Titelsponsor vom Motorrad-GP in Malaysia weggenommen. Petronas konnte danach Branding-Vereinbarungen mit der Dorna abschließen.

Alles war eitel Wonne, es sah großartig aus.

Petronas zieht sich jetzt aus dem Motorrad-GP-Sport ganz zurück?

So viel ich weiß, haben sie noch die Namensrechte für den Malaysia-GP. Für den «fuel supply» der zwei kleinen Klassen haben sie noch einen Vertrag für ein weiteres Jahr.

Warum ging eigentlich im Sommer alles schief?

Die zwei Frauen, die 2018 gekommen sind, haben Petronas verlassen, und dieselbe Lady, mit der ich manchmal heiß diskutiert habe, ist zurückgekehrt – bumm!

Man kann sich fragen: War die Nicht-Fortführung der Sponsorship-Vereinbarung ein Zufall?

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