Postkarte aus Silverstone

Kolumne von Mathias Brunner
Volle Tribünen in Silverstone

Volle Tribünen in Silverstone

Begossen werden am kommenden Wochenende einige sein, nicht aber die Zuschauer.

Silverstone ist einer jener Grands Prix, die man einfach lieben muss: Seit die chronischen Staus rund um die Traditionsstrecke mit cleveren Verkehrslösungen im Keim erstickt wurden, gibt es nicht mehr viel zu schimpfen über Silberstein.

Die Staus waren wirklich übel: Als Nigel Mansell 1992 auf dem Weg zum Titel war, sass ich hier am Samstag-Abend nach dem Qualifying fest, es ging nichts vorwärts, es ging nichts rückwärts, und die Uhr zeigte 22.15!

Die Anreise: ein Klacks. Wir reisen wie ein Formel-1-Star. Der Formel-1-Star easy im Jet, wir mit EasyJet. Von London-Luton ist’s ein Katzensprung nach Silverstone, und schon räkeln wir uns in der Wiege des britischen Motorsports.

Gut, die Briten haben ihre Eigenheiten: sie fahren beispielsweise links, woran man sich vor allem dann erinnern sollte, wenn man eben aufgestanden ist und noch keinen Espresso runterstürzen konnte. Vor Jahren fuhr ich hier mal sehr früh los – wir erinnern uns: es wurde damals noch gestaut. So früh, um genau zu sein, dass ich auf dem Bauernhof nebenan den Hahn wecken musste. Natürlich bog ich in der kleinen Quartierstrasse sofort auf meine gewohnte Fahrbahnseite, und als mir der erste Engländer entgegenkam, hupte ich den Deppen tüchtig zusammen. Erst Sekunden später fiel mir ein, dass er im Recht ist.

Wissen Sie eigentlich, wieso Mann (und Frau) in England und in vielen weiteren Ländern links fährt? Angeblich geht das auf die Zeit zurück, als man nicht mit 250, sondern mit 1 PS unterwegs war, und da auch damals die meisten Menschen Rechtshänder waren, war es sinnvoller, den Gegner – das gezückte Schwert in der kraftvollen Rechten – eben links zu kreuzen.

Aber ich schweife ab. Wo waren wir? Ach ja, in Silverstone.

Ich finde es ja immer ein wenig ironisch, dass auf dem Silverstone-Ortsschild «Please drive carefully» steht. Nicht alle Rennfahrer scheinen das begriffen zu haben.

Vieles ist hier gleich geblieben – der charmante Ortskern, die malerische Landschaft, das fachkundige Publikum, das englische Frühstück (Bohnen am frühen Morgen, also bitte!). Anderes ist im ständigen Wandel: an der Strecke wird gearbeitet, Tribünen sind versetzt, und der Chater’s-Buchladen ist umgezogen. In der leicht miefigen Luft eines simplen Backsteingebäudes lagerten dort unfassbare Schätze, und am Mittwoch und Donnerstag ging es ein wenig zu und her wie in der legendären Libreria von Monza: Fans, Fahrer, Mechaniker, Adabeis, Journalisten, alles trat sich auf den Zehen herum, um die neusten Motorsportbücher zu kaufen und nach Seltenheiten Ausschau zu halten (eine signierte Ausgabe von Sir Malcolm Campbell, akute Herzinfarkt-Gefahr für meinen Anlege-Berater). Heute liegt der Laden im Südwesten von London, und wer in dieser Woche nicht in der Gegend ist, kann sich ruhig mal virtuell umgucken: www.chaters.co.uk

Die Wetterfrösche quaken: Es wird ein schönes Wochenende, mit einigen harmlosen Wolken und Temperaturen zwischen 20 und 26 Grad. Dazu eine volle Hütte (das Rennen ist längst ausverkauft), der Geruch von gebrannten Mandeln, Würsten und Lager-Bier in der Luft, und dies auf jenem Gelände, wo vor 60 Jahren der ersten Formel-1-WM-Lauf stattfand.

Besser geht es nicht, Freunde.

PS: Was 1950 alles in Silverstone passierte, lesen Sie in der jüngsten Ausgabe von SPEEDWEEK, Nummer 28/2010, fast überall, wo es Zeitschriften gibt.

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