Wieder Stunk mit Funk: Letzte Warnung der Rennpolizei

Von Mathias Brunner
​Formel-1-Rennleiter Charlie Whiting hat in Baku und am Red Bull Ring genügend gehört, um zu handeln: «Die Flitterwochen sind vorbei, nun wird durchgegriffen.»

Die Einschränkungen beim Funkverkehr spalten Fans und Fahrer zugleich. Im Anschluss an den Strassen-GP von Baku regten sich die Formel-1-Champions darüber auf, dass sie wichtige Informationen nicht mehr mit ihren Ingenieuren austauschen dürfen.
Kimi Räikkönen schnauzte seinen armen Ferrari-Renningenieur Dave Greenwood an: «Ihr werdet mir ja wohl noch ein einfaches ja oder nein sagen können!» Der Brite blieb kühl und trocken wie ein guter Martini: «Nein, Kimi, tut mir leid.»

Kimi war damit so alleingelassen wie Lewis Hamilton, denn der Autoverband FIA wollte dem Funkgeplauder einen Riegel schieben: In den Köpfen der Fans hatte sich mehr und mehr verfestigt, dass die moderne Generation Rennfahrer nicht mehr fähig sei, ein Rennauto alleine zu fahren. Klar ist das Quatsch. Aber wenn fortlaufend Informationen bezüglich Reifenschonen, Spritsparen, Differenzial- und Motoreinstellungen und dergleichen mehr zu hören ist, dann ist dieser Eindruck nachvollziehbar.

In Baku haben wir die Grenzen des Verbots erlebt. Lewis Hamilton maulte: «Es ging hier noch nicht um Fahrhilfen. Es ging darum, ein technisches Problem zu lösen. Das sollte meiner Meinung nach erlaubt sein. Zudem wäre es auch sicherer gewesen. Statt dessen muss ich bei Tempo 350 auf mein Display gucken statt auf die Strasse.»

Räikkönen und Hamilton erhiellten Rückendeckung von den Weltmeisterkollegen Fernando Alonso und Sebastian Vettel.

Der Spanier meint: «Für mich hat diese Vorschrift von Anfang an keinen Sinn gemacht. Wir haben hier richtige Raumschiffe, die wir kontrollieren müssen, so hochgestochen ist die Technik, und nun stehen wir in Sachen Informationen ab und an mit null da. Du weisst dann nicht, was mit deinem Rennwagen gerade passiert und welche Lösung du suchen sollst..»

Sebastian Vettel sagt: «Jetzt mal ehrlich – diese Einschränkungen sind doch ein Witz, denn was haben sie schon geändert? Es gibt jede Menge Fragen, die ich an meine Jungs hätte, aber ich darf nicht. Umgekehrt gibt es vieles, was meine Techniker mir gerne sagen würden, aber sie dürfen nicht. Ich verstehe den Eindruck, der gegen aussen entsteht, aber es gibt auch ein Gegenargument – ich finde es selber spannend, in Autorennen den Funk zu verfolgen, das ist eine Einschränkung für die Fans.»

Formel 1 wäre nicht Formel 1, würden die Techniker nicht nach Lücken im Reglement suchen.

So werden beispielsweise vor dem Einsatz gewisse, an sich erlaubte Mitteilungen mit dem Piloten abgesprochen, die aber nur scheinbar Bezug haben auf eine bestimmte Aktion. In Wahrheit sind sie ein Code für ganz andere Informationen.

Technikchf Pat Symonds sagt den britischen Sky-Kollegen während des Trainings live vom Williams-Kommandostand: «Formel-1-Rennleiter Charlie Whiting hat bei der Teammanager-Sitzung klargemacht, die Flitterwochen in Sachen Funkeinschränkungen seien nun vorbei. Ehrlich gesagt hatte ich nicht gewusst, dass wir überhaupt am Flittern waren. Und wenn, dann scheint das eine etwas veschrobene Ehe zu sein. Jedenfalls hat uns Charlie angekündigt, die Funksprüche würden noch strenger überwacht und Verfehlungen ab jetzt streng geahndet.»

Welcher Art diese Strafen sein könnten, darüber sprach Whiting mit uns Journalisten Mitte März im Melbourne.

«Wir wollen mit der Beschränkung des Funkverkehrs erreichen, dass der Fahrer selber fährt und nicht erzählt bekommt, was er tun soll. Wir glauben nicht, dass dies dem Fernseh-Erlebnis abträglich ist. Wir hatten mehr Beschwerden von Fans, die fanden – die Piloten von heute sind doch einfach ferngesteuert. Und die Emotionen bleiben: Die Fahrer dürfen noch immer einen Gegner einen Idioten nennen. Wir beschränken nur die Infos von den Technikern an die Fahrer.»

«Eine mögliche Strafe hängt vom Vergehen ab. Zuerst wird es eine Warnung geben. Wenn aber aber ein schweres Vergehen vorliegt, dann können die Rennkommissare eine Zeitstrafe verhängen. Wenn wir einen Verdacht haben, können wir auch später die Daten ansehen – hat sich am Wagen nach der entsprechenden Nachricht etwas geändert?»

«Wir hören dem Funkverkehr in Echtzeit zu, vier Kommissare hören jeweils die drei Piloten ab, dazu haben wir weitere Software-Techniker, welche die restlichen Fahrer verfolgen. Und so viel wird am Funk auch wieder nicht gesagt. Für Boxentafeln gelten die gleichen Regeln wie für Infos ins Auto. Klar gibt es auch hier Raum für allfälliges Tricksen. Aber wenn beispielsweise die Rundenzahlen in verschiedenen Farben gezeigt werden, dann werden wir dem Team schon die richtigen Fragen stellen.»

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