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Formel V: Ohne Fehl und Tadel war keiner …

Kolumne von Rainer Braun
​Zum 60-jährigen Bestehen der Formel V gibt es hier zehn Kurzgeschichten zum Staunen und Schmunzeln, Episode 7: Über Bruchlandungen und andere Missgeschicke.

Acht Jahre in der Formel V nicht nur als Journalist, sondern zeitgleich auch als rennender Akteur und Streckensprecher. Das hat Spuren hinterlassen, Erinnerungen und Erfahrungen, die man zeitlebens nicht mehr vergisst. Davon soll heute die Rede sein.

Keiner von denen, die damals dabei waren, wird behaupten wollen, dass die Rennen der Formel V nicht gefährlich gewesen sind. Und keiner wird von sich sagen können, keine Fehler gemacht zu haben. Ob Niki Laudas Überschlag in Aspern oder der Flug des Gerold Pankl in Baumhöhe – was sich da in den ersten paar Jahren zwischen 1965 und 1970 in der europaweiten Bewegung dieser neuen Rennwagenklasse so abgespielt hat, war schon ziemlich grenzwertig.

Dazu kam erschwerend: Keine Gurte, keine Leitplanken, keine feuerfeste Rennkleidung, offene pappdeckelartige Sturzhelme, die den Namen nicht verdient hatten und teilweise abenteuerliche Chassis-Konstruktionen.

Da konnte es nach einem deftigen Sprung am Ring auch schon mal passieren, dass eine nicht ganz sattelfeste Konstruktion in die Knie ging. So saß ein Südafrikaner mal nach dem Sprunghügel hinunter zum Pflanzgarten bei der Landung samt Sitz auf dem Asphalt, nachdem der der Boden des Eigenbau-Chassis bei der Landung eingebrochen war.

Geknallt hat’s natürlich immer und überall, gottlob gingen die meisten Crashs für die beteiligten Piloten noch vergleichsweise glimpflich aus.

Als Crash-König galt der Österreicher Gerold Pankl, ein Fahrtier der extremsten Sorte mit schier grenzenlosem Mut. Der Mann war in Sachen Fahrfreude und Kampfgeist kaum zu bremsen und landete öfter im Krankenhaus als ihm lieb war.

Natürlich will auch ich als Autor dieser Schmunzel-Episoden die eigenen Bruchlandungen meiner aktiven Formel V-Präsenz hier nicht verschweigen. Zu Buche stehen bei mir neben einigen Meinungsverschiedenheit im Nahkampf nur zwei wirklich heftige Unfälle und ein vermeidbarer Treffer, mit dem ich aber leider Günther Huber 1966 in Wien-Aspern den EM-Titelgewinn vermasselt habe.

Hätte ich besser aufgepasst und richtig reagiert, wäre das Aspern-Missgeschick vermeidbar gewesen. Und das kam so: Huber benötigte als Rekordsieger der Saison 1966 im Finalrennen nur noch wenige Punkte zum EM-Titel, drehte sich aber unmittelbar vor mir in der Spitzkehre. Für das Ausweichmanöver habe ich zu spät und dazu auch noch falsch reagiert. Leider habe ich seinen querstehende Austro V breitseits getroffen.

Aus der Traum von Hubers Titel, Landsmann Michael Walleczek aus Kitzbühel wurde stattdessen zum ersten Formel V-Europameister gekürt. Dieser Vorfall war für uns beide zwar ein bitterer Moment, aber Huber gewann dafür in den beiden folgenden Jahren jeweils souverän den EM-Titel.

Für mich war das Missgeschick insofern doppelt peinlich, weil ich während des Aspern-Rennens 1966 auch noch als Wochenend-Gast bei den Hubers in St. Pölten eingeladen war. Aber Günther hat mir den Faux-pas nie nachgetragen und wir haben noch heute freundschaftlichen Kontakt miteinander.

Von meinen beiden eigenen wirklich heftigen Krachern ist einer selbst verschuldet und der andere ist das Resultat eines unfreundlichen Akts eines Konkurrenten. Mein WRD-Kaimann zerschellte dabei an einer stabilen Hecke.

Oktober 1970, Nürburgring-Südschleife:Eine Vierer-Gruppe mit Bross, Herdt, Odermatt und mir rauft mit allem was geht um die Führung. In der letzten Runde setzt sich Odermatt im Steigungsabschnitt mittig zwischen Bross und mich, während Herdt den Logenplatz direkt dahinter einnimmt und sich denkt «dass das nie gut geht – weil die Fahrbahn hier keine drei Autos nebeneinander verträgt».

Odermatt drückt mich immer weiter nach rechts, bis sich mein Kaimann in der Hecke verfängt und dabei in seine Einzelteile zerfällt. Ich finde mich im Vorderteil sitzend, Motor und Getriebe liegen hinter der Hecke. Dass ich diesen brutalen Crash lediglich mit blauen Flecken am ganzen Körper überstanden habe, betrachte ich noch heute als ein kleines Wunder.

Herr Odermatt will übrigens nix Verwerfliches bemerkt haben, aber der nachfolgende Kollege Herdt gab später zu Protokoll: «Das war eine absolut linke Nummer, die den betroffenen Konkurrenten in die Hecke befördert hat.» Konsequenzen gab es keine.

Der andere große Knall passierte zwei Jahre zuvor 1968 beim Flugplatzrennen in Mainz-Finthen. Kaimann-Teamchef Kurt Bergmann war eigens zu meinem Heimspiel mit zwei Formel V für Dr. Helmut Marko und mich aus Wien angerückt. Als Hilfskraft fungierte übrigens Erich Glavitza, damals berühmter Stuntman in Bond-Filmen, selbst FV-Pilot in der Österreicher-Equipe und heute erfolgreicher Buch-Autor.

Das erste Zeittraining früh am Morgen beherrschen Helmut und ich locker auf P1 und P2. Da wir schnell feststellen, dass die Schikane im 4. Gang fast mit Vollgas genommen werden kann und das auch problemlos praktizieren, kam der amtierende Sportkommissar danach auf die glorreiche Idee, die Strohballen-Durchfahrt enger stellen zu lassen, damit die Schikane auch ihren Zweck erfüllt und man deutlich verlangsamen muss.

Leider vergas der gute Mann, uns das vor dem zweiten Training auch mitzuteilen. So brettern wir drei Stunden später beim Abschlusstraining volles Rohr wieder als erste in die neu ausgerichtete Schikane, ich voraus, der Doktor im Windschatten hinterher. Es gab einen gewaltigen Schlag, die Strohballen flogen durch die Gegend und Helmut über mich hinweg. Beide Autos landen ziemlich krumm in der angrenzenden Wiese.

Kurt Bergmann betrachtete die Schäden und entschied sich für die Variante «aus zwei mach eins». Über Nacht baute der Teamchef unter tatkräftiger Mithilfe von Aushilfs-Schrauber Glavitza mit den ausgebreiteten Einzelteilen der beiden krummen Autos einen runderneuerten, wieder einsatzfähiges Kaimann für Marko zusammen.

Am nächsten Tag revanchierte Marko für die Nachtschicht mit einem glatten Sieg im 30 Runden-Rennen. Keiner der Verfolger hatte nur den Hauch einer Chance. Das sah so souverän aus, als ob nie was gewesen wäre. Für mich aber war das von der Stimmungslage her ein absoluter Tiefpunkt, weil ich bei meinem Heimrennen zuschauen musste. Aber wegen der vielen Prellungen vom Vortag hätte ich sowieso kaum starten können.

Ach ja, da war doch noch was, fast hätte ich’s vergessen: 1972 in Hockenheim habe ich einen Motul-Super V nach Trainingsbestzeit links in die Betonwand der Zielausgangskurve gestopft. Das Missgeschick ist mir beim Anbremsen auf feuchter Fahrbahn passiert, das Auto brach noch auf dem letzten gerade Stück vor dem Rechtsknick nach links aus. Keine Ausreden, Asche auf mein Haupt.

So, dass war’s jetzt aber wirklich mit meinen eigenen Fehltritten aus den wilden Formel V-Jahren. Und selbst an diese großen und kleinen Patzer denke ich heute noch nicht mal mit Grausen zurück – sie haben einfach dazugehört. Und ich kenne wirklich keinen, der diesbezüglich damals eine weiße Weste gehabt hätte.


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