KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Pit Beirer (KTM): Top-Ten in der 2. Saisonhälfte?

Von Günther Wiesinger
Dank der vielen Ausfälle holten in Argentinien beide MotoGP-Werksfahrer von KTM Punkte. Jetzt wird an Updates gearbeitet. Denn Rennchef Pit Beirer sagt: «Top-Ten in der 2. Saisonhälfte, das ist ein Ziel.»

Vor dem insgesamt fünften Grand Prix des Red Bull KTM-Werksteams in der MotoGP-Klasse (Mika Kallio debütierte als Wildcard-Fahrer im November 2016 in Valencia) sind alle Beteiligten gespannt, ob auf dem anspruchsvollen Circuit of the Americas (COTA) mit seinen 20 Kurven ein ähnlich vielversprechendes Ergebnis gelingen kann wie zuletzt in Argentinien, wo Pol Espargaró und Bradley Smith die Ränge 14 und 15 eroberten und die ersten Punkte einfuhren.

Pit Beirer, Motorsport-Director von KTM, spricht von einer ständigen Weiterentwicklung. Er verrät: «Mika Kallio hat in Mugello eine schwerere Kurbelwelle getestet. Pol Espargaró und Bradley Smith werden sie nach dem Jerez-GP ausprobieren.»

KTM hat immer klargemacht: Man will in der Königsklasse nicht das Startfeld auffüllen, man möchte an die Spitze vorstossen. Am liebsten würde man schon in der zweiten Saisonhälfte 2017 «bei den Top-Ten anklopfen», auch wenn Firmenchef Stefan Pierer von einem Lernjahr spricht.

Im zweiten oder dritten MotoGP-Jahr soll um Podestplätze gefightet werden.

Pit, für euch gilt Suzuki als Messlatte. Doch die Japaner haben viel mehr MotoGP-Erfahrung als KTM. Außerdem weiß man heute: Mit Maverick Viñales hatte Suzuki 2015 und 2016 einen Fahrer, der das Motorrad besser aussehen ließ als es war.

Ja, Viñales ist sicher ein Ausnahmekönner, der ja auch KTM 2013 einen Weltmeistertitel gebracht hat.
Aber von mir gibt es keine Kritik an unseren Fahrern, sie machen einen guten Job. Ab und zu tun sie mir ein bisschen leid.
Wenn ich mir den Katar-GP anschaue und sehe, wie schwer sich unsere zwei Jungs dort taten, die ja in den letzten Jahren in der MotoGP recht ordentlich mitfahren konnten, aber jetzt fahren sie in den Trainings oft nur auf den letzten Plätzen rum.
Dazu braucht man Fahrer, die wirklich arbeiten wollen und motiviert bleiben, aus der Situation heraus.
Deshalb gibt es von mir zum jetzigen Zeitpunkt sicherlich keine Kritik an den Fahrern.
Auch sie machen einen Superjob.
Ich bin extrem glücklich über das ganze Team. Ich bin momentan der Meinung, ich hätte kein besseres Team finden und zusammenstellen können. Und ich habe die passenden Fahrer für das Team gefunden.
Du wirst nicht von mir hören, dass ich jetzt mit dem Finger auf irgendjemand zeige und sage, der sollte einen besseren Job machen.
Die Mannschaft ist wirklich gut intakt; wir haben eine sehr gute Teamstimmung.
Ich weiß aus meiner Erfahrung aus allen anderen Teams, die ich bisher bei KTM aufbauen durfte und mit denen ich zusammengearbeitet habe: Aus einer guten Teamstimmung und aus Zusammenhalt schöpfen die Fahrer und auch die Techniker Kraft.
Wir machen jetzt mal genau so weiter wie wir angefangen haben.
Das heißt allerdings nicht, dass wir nicht in allen Segmenten nach Zehntelsekunden suchen.

Motorkonstrukteur Ing. Kurt Trieb sucht nach mechanischen Lösungen, um die Motorleistung einsetzbarer zu machen. Beim Montag-Test in Jerez wird ein Motor-Update probiert, es geht um veränderte Trägheitsmomente bei der Kurbelwelle. Er macht sich sogar Gedanken über einen Big-Bang. KTM verwendet als einziger der sechs Hersteller einen Screamer.

Bei so vielen Technikern im Team hoffe ich, dass Kurt Trieb nicht der einzige ist, der sich Gedanken macht. (Er lacht). Wir sollten uns alle Gedanken machen, wie wir uns verbessern können.

Ich fürchte nur, Teammanager Mike Leitner wird keinen Big-Bang entwickeln können; du auch nicht.

Ja, da werden wir wahrscheinlich schon den Kurt dazu brauchen...
Wir werden sicherlich im Lauf des Jahres noch verschiedene technische Lösungen ausprobieren.
Ich kann dich beruhigen: Auch die schwerere Kurbelwelle wurde von Mika Kallio in Mugello bereits getestet, während die Jungs nach Argentinien gereist sind.
Wir haben ja ein völlig intaktes Testteam zuhause, das natürlich auf Hochtouren arbeitet.
Wenn ich jetzt alles verteidige, was wir gerade machen, heißt das nicht, dass nicht auf allen Ebenen weiter geforscht wird. Natürlich: Tag und Nacht probieren wir Dinge aus, um das Motorrad zu verbessern.
Aber man muss sich auch bewusst sein: Man kriegt nicht aus jeder Idee einen Zeitgewinn raus.
Die Fortschritte werden in Abständen von zwei oder drei Monaten kommen und nicht über Nacht.

Selbst zu Aprilia fehlt noch ein deutliches Stück, zumindest zu Aleix Espargaró. Ihr habt die Punkte in Argentinien mit 43 Sekunden Rückstand eingefahren. Das darf kein Dauerzustand sein?

Nein, der Rückstand sollte mit Sicherheit weniger werden. Aber das ist momentan die Wahrheit.
Diesen Rückstand haben wir nicht gehabt, weil wir viel Pech gehabt haben, das sind vorläufig die Fakten. Es liegt also noch en großes Stück Arbeit vor uns.
Aber das ist alles lösbar.
Viele erinnern sich noch an 2012. Damals haben wir mit Sandro Cortese auf Platz 3 beim ersten Rennen 18 Sekunden Rückstand auf den Sieger gehabt. Aber wir konnten den Wind irgendwann drehen.
Jetzt müssten wir diesen Rückstand vom 250-ccm-Einzylinder auf den 1000-ccm-Vierzylinder hochrechnen... (Er lacht).

Mit Cortese habt ihr 2012 das dritte Rennen gewonnen. In der MotoGP wird’s schwieriger werden. Heinz Kinigadner meint: In der zweiten Saisonhälfte kann man bei den Top-Ten anklopfen. Realistisch? Sogar die vielen privaten Ducati sind recht flott unterwegs.

Top-Ten, das wäre vielleicht ein Wunsch... Man muss ja auch Träume haben. Und die haben wir sicherlich weit oben angeordnet.
Aber der Rückstand auf den zehnten Platz ist momentan schon noch groß. In Argentinien waren es 17 Sekunden. Aber wenn wir ein paar Kleinigkeiten verbessern und den Fahrern in manchen Bereichen mehr Wohlbefinden geben können – warum nicht?
Dann wäre das Anklopfen an den Top-Ten gar nicht so unrealistisch.
Ich würde das mal so stehen lassen, dass wir uns das für die zweite Saisonhälfte zum Ziel setzen.

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