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Jorge Lorenzo: «Die Motivation nicht mehr gefunden»

Von Günther Wiesinger
Jorge Lorenzo

Jorge Lorenzo

Jorge Lorenzo sprach schon beim Silverstone-GP vor drei Monaten über den Sinn des Lebens. Der Assen-Crash hat ihn geknickt. Heute zog er den erwarteten Schlussstrich.

Der 32jährige Jorge Lorenzo klappte heute in Valencia das Kapitel MotoGP in seiner Karriere und in seinem Leben zu, auch wenn er am Wochenende noch seinen 296. und letzten Grand Prix bestreiten wird. Jeder halbwegs aufgeweckte Beobachter der Szene konnte sich seit dem Silverstone-GP ausmalen, dass die Tage von Jorge als Motorradrennfahrer gezählt sind. Denn er verlor dort in der ersten Runde 4,5 Sekunden, sieben Rennen später in Sepang wieder 4,1 Sekunden in der Startrunde. «Da fährt die Angst mit», meinte ein Ex-GP-Rennfahrer.

SPEEDWEEK.com hat im Wochenabstand nach sorgfältigen Recherchen regelmäßig über die Situation berichtet, denn HRC und Repsol waren seit Wochen auf diese Situation vorbereitet, auch wenn sich niemand in die Karten schauen lassen wollte.

Jorge Lorenzo sagte heute, er habe die Übersee-Tournee noch verstreichen lassen und dann eine endgültige Entscheidung treffen wollen. «Nach dem Assen-Crash wurde aus der Idee eines Rücktritts eine konkrete Möglichkeit. Aber ich wollte mir mit der Entscheidung viel Zeit lassen. Also habe ich die Asien-Tour bestritten, denn ich wollte schauen, ob ich die Motivation wiederfinden und mich auf dem Motorrad etwas besser fühlen könnte. Aber das hat nicht geklappt. Ich habe keine neue Motivation gefunden und mich deshalb nach dem Malaysia-GP zum Aufhören entschlossen. Ich habe diese Entscheidung dann Teamchef Alberto Puig mitgeteilt.»

Was ist die schönste Erinnerung von Jorge im Zusammenhang mit dem MotoGP-Sport? «Das ist schwer zu sagen. Es ist schwer, ein Ereignis herauszuklauben, denn zum Glück habe ich viele schöne Erfolge erleben dürfen. Aber wenn ich einen herausragenden  Grand Prix nennen soll, dann wähle ich Malaysia 2010, denn dort habe ich den ersten MotoGP-WM-Titel gewonnen. Das war der wichtigste Titel, den ein Motorradrennfahrer erringen kann. Dieser Titelgewinn war eine große Erleichterung, es gab mir eine riesige Befriedigung und bedeutete eine willkommene Freiheit für mich. Ich fühlte mich danach gelöst und frei, denn ich hatte die größte Ambition meines professionellen Rennfahrerlebens verwirklicht. Auch mein erster GP-Sieg 2003 in Rio/Brasilien auf der Derbi 125 sticht hervor. Dann fällt mir der erste Titelgewinn 2006 in Valencia ein, das war in der 250-ccm-Klasse. Ich möchte auch Assen 2013 erwähnen, wo ich zwei Tage nach einer Schlüsselbeinoperation auf Platz 5 gelandet bin. Damals habe ich gezeigt, wie das Hirn den Körper an seine Grenzen pushen kann. Ich möchte auch meinen fünften und letzten Titelgewinn hier in Valencia 2015 nicht unerwähnt lassen.»

Hat sich Jorge auch schon Gedanken über seine berufliche Zukunft gemacht? Lorenzo: «Das Leben besteht nicht nur aus Motorrädern. Es gibt viele Dinge zu tun. Viele Menschen verdienen mit diesem Sport ihren Lebensunterhalt. Aber es gibt Millionen Menschen, die anderweitig ihr Geld verdienen. Ich habe mir bisher den Kopf noch nicht so stark über die Zukunft zerbrochen. Ich habe einige Ideen, ich habe einige Leidenschaften. Aber ich habe mein zukünftiges Leben noch nicht durchgeplant. Ich möchte im Winter einen ausgiebigen Urlaub machen, an verschiedenen Stränden in der Sonne. Dann werde ich zurückkommen und mir Gedanken über die nächsten Kapitel in meinem Leben machen.»

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