MotoGP: Marc Marquez hörte Alarmglocken

Von der Klippe fallen: So flüstert man mit den Reifen

Von Andreas Reiners
Marco Wittmann

Marco Wittmann

In dieser Saison ist es eine echte Kunst, die Reifen am Leben zu halten. In Misano bewies Marco Wittmann das im fünften Saisonrennen sehr eindrücklich, denn eigentlich war das in seinem Fall unmöglich.

Die Gedanken überschlagen sich. Schießen abwechselnd durch den Kopf. Sorgen. Euphorie. Zweifel. Ein bisschen beten vielleicht noch. Von allem etwas.

Denn Marco Wittmann merkte im fünften Saisonrennen in Misano wenige Runden vor Schluss, dass die Vibrationen kamen. Die Vorderreifen waren am Ende. Er spürte, dass nicht mehr viel ging. 

Die Vorderachse reagierte nicht mehr. Ein toter Punkt, den man als Fahrer natürlich mitbekommt. «Du hörst noch mehr ins Auto. Versuchst du spüren, ob irgendwo Druck abfällt? Ist etwas anders am Auto? Das ist echt kritisch», beschrieb Wittmann bei SPEEDWEEK.com nach seinem Sieg seine Gedanken.

Man spricht immer davon, dass in dieser Saison die Reifenflüsterer ganz besonders gefragt sind. Noch mehr als in der Vergangenheit, denn durch den neuen Vierzylinder-Turbo und die höhere Leistung (610 statt 500 PS) bauen die Pneus noch stärker ab. 

Und das ohne große Vorwarnung.

«Der Drop kommt quasi von jetzt auf gleich. Als ob du von einer Klippe fällst, wo der Reifen ganz plötzlich stark abbaut», so Wittmann. Nicht eine Sekunde, sondern zwei oder sogar drei. Wittmann schaffte es, mit einem Satz über 38 Runden zu kommen. Bei Berechnungen im Vorfeld war eigentlich klar: keine Chance, das geht auf keinen Fall.

Durch den letzten Startplatz nach technischen Problemen im Qualifying war er auf volles Risiko gegangen, auf ein Safety Car, stoppte deshalb nach der ersten Runde.

Die Rechnung ging auf, das Safety Car eine Runde später, und trotzdem wusste er: Das Rennen muss er jetzt auch erstmal zu Ende fahren. Bei 50 Grad Streckentemperatur.

Wittmann: «Ich musste Vorsicht walten lassen, vor allem in der Anfangsphase. Da war es besonders schwierig, vor allem nach dem Indy-Restart, wo du im Zweikampf bist. Du kommst mal von der Strecke ab, wechselst die Linien, du versuchst reinzubremsen, um zu überholen. Da muss man einen Kompromiss finden.»

Bedeutet: Überholen ja, aber nicht um jeden Preis. Das Risiko bei den Duellen in Grenzen halten. Nach vorne kämpfen, aber nicht überdrehen und sich die Reifen ruinieren, bloß nicht in Scharmützeln aufreiben.

Auch später ging es vor allem darum, den Reifen nicht zu überstressen. Nicht voll aufs Gas gehen am Kurvenausgang. Aber auch auf der Bremse, damit man keinen Verbremser hat, das Vorderrad nicht stehen bleibt. «Von der Pace her bin ich eher gediegen gefahren, nicht volles Maximum», so der zweimalige Meister. Man merkt in dieser Saison die Unterschiede zwischen den einzelnen Reifenflüsteren noch deutlicher.

René Rast ist auch so ein Reifenflüsterer. Er war im Audi von der Pole gestartet, hatte den Sieg vor Augen, wenn das Safety Car nicht gekommen wäre. Er versuchte sich an der Aufholjagd, als auch er seinen Stopp absolvierte hatte, biss sich aber die Zähne aus.

Wittmann konnte Rast tatsächlich auf Distanz halten, fuhr lange konstant tiefe 1:30-Zeiten. Sein Vorsprung von 30 Sekunden auf Rast nach dessen Stopp schmolz nur langsam. Acht Sekunden lag er im Ziel vor Rast.


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