Formel 1: Carlos Sainz zurück zu Ferrari?

Charles Leclerc: Reaktion auf Vorwürfe wegen Vettel

Von Mathias Brunner
Charles Leclerc

Charles Leclerc

​Charles Leclerc ist mit zwei Siegen in Spa-Francorchamps und Monza nach Singapur geflogen. Der Stadtspezialist muss sich hier aber wegen Vorwürfen verteidigen, er habe Sebastian Vettel in Italien gefoult.

Charles Leclerc hat die Tifosi in einen Freudentaumel gestürzt: Erster GP-Sieg auf dem Ardennenkurs von Spa-Francorchamps, eine Woche später gleich ein zweiter Erfolg, ausgerechnet beim Heimrennen von Ferrari in Monza. Besser ginge es nur noch, würde der Monegasse in Singapur das dritte Rennen in Folge gewinnen, ein Kunststück, das in der Formel 1 bislang nur zwei Piloten gelungen ist (Damon Hill 1993 mit seinen Siegen in Ungarn, Belgien und Italien; Mika Häkkinen 1997 und 1998 mit Triumphen beim WM-Finale von Jerez sowie bei den ersten beiden WM-Läufen der folgenden Saison in Australien und Brasilien).

Der 21jährige Leclerc gilt als Spezialist für Stadtkurse, auf welchen höchste Präzision gefragt ist. «Ich finde, auf solchen Rennstrecken kann ich mich als Rennfahrer am meisten einbringen. Ich liebe solche Strecken, ich liebe es, bis auf Millimeter den Mauern oder Leitschienen entlang zu fahren.»

«Doch hier ist uns klar: Einfach wird das nicht, auch wenn wir einige Verbesserungen am Wagen haben. Auf dem Papier passt der Singapur-Kurs nicht so gut zu unserem Wagen – zu wenige Geraden, zu viele Kurven.»

Welche Lektion hat Leclerc aus Singapur 2018 gelernt? «Ich bin einer, der normalerweise im Rennen nicht trinkt. Um genau zu sein, nehme ich meist gar keine Trinkflasche mit an Bord. Das war vor einem Jahr keine gute Idee. Bei der Hitze und der hohen Luftfeuchtigkeit schwitzt du sehr viel, also werde ich in diesem Jahr definitiv Flüssigkeit an Bord haben.»

Hat sich das Leben als zweifacher GP-Sieger verändert? Charles: «Nein, ich kann mich in Monaco immer noch einigermassen unbehelligt bewegen. Was mich aber gefreut hat – ich konnte den Sieg von Monza eher geniessen als den ersten Platz in Belgien. Nach Belgien folgte bereits das GP-Wochenende in Italien, von Anfang an war da sehr viel Druck. Druck, den ich mir selber machte, Druck auch auf Ferrari, vor eigenem Publikum gut auszusehen. Ich fand das Rennen in Monza das schwierigste meiner Karriere, und ich fühlte enorme Erleichterung, als es vorbei war. Anschliessend hatte ich ein wenig frei, und ich habe die 1300 Angestellten in Maranello getroffen, was ein wirklich berührendes Erlebnis war. Unser Erfolg ist nach einem schwierigen ersten Teil der Saison zum richtigen Zeitpunkt gekommen. Ich hatte einfach mehr Zeit, den Erfolg auszukosten.»

Denkt Leclerc noch an den Wirbel aus dem Qualifying von Monza? Als er zu jenen Piloten gehörte, die herumtrödelten, als er den geplanten Windschatten für seinen Stallgefährten Sebastian Vettel nicht spendete? Es kommt schliesslich nicht von ungefähr, dass Teamchef Mattia Binotto während der Auslaufrunde des Monza-GP in sein Auto funkte: «Es sei dir vergeben.»

Leclerc sagt: «Als ich diese Worte hörte, dachte ich mir schon, dass dies falsch ausgelegt werden könnte. Ich habe in Monza nichts absichtlich gemacht. Das ganze Durcheinander entstand eher aus der Situation heraus.»

Fühlt sich Leclerc inzwischen als Nummer 1 bei Ferrari? «Nein, so fühlte ich mich nie, und so denken wir bei Ferrari nicht. Es gab Situationen, in welchen ich Seb geholfen habe, und es gab auch das Umgekehrte. Und so wird das auch weiter sein.»

Dennoch: Muss man als Spitzenpilot ein Egoist sein? Charles: «Nein, ich finde, unterm Strich zahlt es sich immer aus, ein Mannschaftsspieler zu sein.»

Ist das Verhältnis zu Vettel seit Italien anders? Leclerc: «Nein, das finde ich nicht. Klar gab es nach dem Monza-Qualifying Zweifel, aber die habe ich ausgeräumt.»

Vorwürfe auch nach dem Rennen: Leclerc erhielt für sein beinhartes Manöver gegen Lewis Hamilton eine Verwarnung der Rennleitung (schwarz-weisse Flagge), und der Engländer monierte später, er müsse wohl seinen Fahrstil ändern. Charles findet: «Ja, ich bin hart gefahren, aber ich wusste immer, was ich tat. In jener Situation mit Lewis war mir vielleicht nicht ganz klar, dass er an meiner Aussenseite liegt, sonst hätte ich mehr Raum gelassen. Nach dem Rennen in Österreich wurde mir klar, dass ich härter fahren kann. Seither setze ich das um. Wenn Hamilton meint, er müsse ebenfalls härter fahren, dann freue ich mich darauf.»

Wie sieht sich Leclerc bei Ferrari unterwegs? Ist er mit seiner Saison zufrieden? «Ich habe Fehler gemacht, und ich werde weitere machen. Aber ich glaube, ich habe aus diesen Fehlern gelernt. Auch wenn ich ein – von aussen betrachtet ¬– gutes Wochenende habe, so suche ich immer nach Ansätzen, was ich besser machen kann. Ich habe von mir selber erwartet, dass ich mich im Laufe der Saison verbessern kann. Das ist mir gelungen.»

«Ich habe dabei meine Einstellung ein wenig geändert. Im ersten Teil der Saison versuchte ich, mich dem Verhalten des Wagens anzupassen. Dann merkte ich, dass dies kein guter Ansatz ist. Nun passe ich das Auto auf meinen Fahrstil an.»

Welches war nach dem Monza-Sieg die verrückteste Story, die Leclerc über sich gelesen hat? Charles lacht: «Dass ich ein Tattoo hätte – aber das ist reine Erfindung.»


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