Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Barcelona, Tag 2: Grosjean wieder Schnellster

Von Mathias Brunner
Jean-Eric Vergne hielt bis fünf Minuten vor Schluss die Bestzeit

Jean-Eric Vergne hielt bis fünf Minuten vor Schluss die Bestzeit

Ein Blick auf die Rangliste reicht nicht, um zu verstehen, was beim Barcelona-Test wirklich Sache ist. Wir zeigen, was die Zeiten wert sind.

Da haben wir uns kürzlich vorschnell aufgeregt: Bei den Wintertests gebe es kaum noch Unterbrechungen, monierten wir, weil die Autos alle so standfest funktionierten. Das sei fade, weil das Element der Unwägbarkeit entfalle.
 
Und dann erleben wir hier am zweiten Barcelona-Testtag ein Flaggen-Gewedel, als sei das soeben zur Olympischen Disziplin erhoben worden. Ganz abgesehen davon, dass die Testerei wegen Nebels mit Verspätung begann. Aus diesem Grund baten die Rennställe um eine Verlängerung des Testtags um 30 Minuten.
 
Ein halbes Dutzend Mal wurde das Feld also unplangemäss zur Box zurückgepfiffen, nicht immer aber ging das aufs Konto der Defekthexe wie heute bei Nico Hülkenberg (Getriebeschaden), Pastor Maldonado (Motordefekt), Kamui Kobayashi (Hydraulik-Leck) oder Jean-Eric Vergne (Motorproblem): Schumi war einmal zu forsch, zuvor fuhr er testhalber den Tank seines Silberpfeils leer, das tat auch Sebastian Vettel. Und als ob das alles nicht genug wäre, musste die Piste einmal gereinigt werden, weil ein Formel-1-Lausbub in Kurve 1 durchs Kiesbett gerattert war und einen beträchtlichen Haufen Kies auf die Piste schaufelte hatte…

Grosjean vor Vergne, Vettel und Alonso – was will uns das sagen?
 
SPEEDWEEK-Technikexperte Gary Anderson: «Dieser Tag hat die bisherigen Trends nicht auf den Kopf gestellt. Zudem wird das Bild ständig verfälscht, weil die Fahrer nie zur gleichen Zeit mit der gleichen Reifenmischung und identischer Sprit-Last unterwegs sind. Was ich feststellen konnte: Vettel fährt auf harten Mischungen so schnell wie andere auf weichen, allein das zeigt, wie gut der neue Red-Bull-Racing-Wagen ist.»
 
«Romain Grosjean hat eine Rennsimulation abgespult, die ich in höflicher Untertreibung als sehr respektabel bezeichnen würde. Wäre ich mutiger, würde ich sagen: da müssen sich einige Top-Teams strecken, um das besser zu machen. Ganz offenbar hat der abgebrochene Test von vergangener Woche – als es Probleme mit der Aufhängungs-Anlenkung gab – der Konkurrenzfähigkeit des Wagens nichts anhaben können.»
 
«Grosjean fuhr auf dem gleichen Niveau wie Alonso im Ferrari, aber der Genfer war mit harten Reifen unterwegs, der Spanier mit der mittelharten Mischung.»
 
Was ist mit dem Mittelfeld, Gary?
 
Anderson grinst: «Welches Mittelfeld? Das schiebt sich doch alles zusammen. Mir macht der Sauber viel Eindruck, ich glaube, die fahren im Dauerlauf auf höherem Niveau als Force India, und da Paul Di Resta gestern auf längere Distanz besser war als Nico Rosberg, müsste das im Umkehrschluss bedeuten, dass Sauber selbst die Silberpfeile gefährden kann. Zumal bei denen die weichen Reifen schneller abbauen als an anderen Autos. Der Reifenverschleiss ist bei Mercedes ein heisses Thema.»
 
«Von der heutigen Position Lewis Hamiltons darf man sich nicht täuschen lassen, die McLaren fahren mit Red Bull Racing auf Augenhöhe, wenn es drauf ankommt.»
 
Der letzte Platz von Maldonado (wie gestern) ist hingegen kein Zufall. Gary Anderson tadelt: «Dort stimmen die zwei wichtigsten Faktoren nicht, das Auto ist weder schnell noch standfest. Und dass Bruno Senna nach einem halben Tag den Venezolaner ablöst und gleich mal schneller fährt, hat das Selbstvertrauen Maldonados gewiss nicht verbessert. Wer das löchrige Nervenkostüm von Südamerikanern kennt, der kann sich ausrechnen, was so etwas auslöst.»
 
Unser Held des Tages ist Heikki Kovalainen. Gestern mehrheitlich auf der Toilette seines Hotelzimmers anzutreffen, fuhr der Finne heute im Caterham mehr als 100 Runden. Dabei gab der Sieger des Ungarn-GP 2008 zu: «Ich habe wegen der blöden Lebensmittelvergiftung in 12 Stunden drei Kilo verloren …»
 
 
Die Bestzeiten vom Freitag

1. Romain Grosjean (F), Lotus E20-Renault, 1:23,448 (123 Runden)
2. Jean-Eric Vergne (F), Toro Rosso STR7-Ferrari, 1:23,126 (45)
3. Sebastian Vettel (D), Red Bull Racing RB8-Renault, 1:23,361 (85)
4. Fernando Alonso (E), Ferrari F2012, 1:23,447 (124)
5. Heikki Kovalainen (SF), Caterham CT01-Renault, 1:23,828 (104)
6. Kamui Kobayashi (J), Sauber C31-Ferrari, 1:23,836 (76)
7. Nico Hülkenberg (D), Force India VJM05-Mercedes, 1:23,893 (36)
8. Michael Schumacher (D), Mercedes MGP W03, 1:23,978 (78)
9. Lewis Hamilton (GB), McLaren MP4/27-Mercedes, 1:24,111 (65)
10. Bruno Senna (BR), Williams FW34-Renault, 1:24,925 (48)
11. Pastor Maldonado (YV), Williams FW34-Renault, 1:25,801 (20)
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