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Pirelli-Reifenplatzer Vettel (Ferrari): Übles Timing

Von Mathias Brunner
Sebastian Vettel in Belgien vor Romain Grosjean

Sebastian Vettel in Belgien vor Romain Grosjean

Selbst wenn sich die erhitzten Gemüter bei Ferrari und Pirelli beruhigt haben werden, wird der Reifenplatzer am Wagen von Sebastian Vettel ein Nachspiel haben – in Monza und darüber hinaus.

Ferrari bleibt nach dem dramatischen Reifenplatzer am Wagen von Sebastian Vettel, kurz vor Schluss des Belgien-GP, bei der Darstellung: «Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht», wie Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene betonte. «Der Pirelli-Ingenieur ist bei uns nicht zum Kaugummikauen da, wir basierten die Einstoppstrategie auf Daten, so wie wir das immer tun.»

Damit sagt der Italiener, ohne es auszuformulieren: der Reifen hätte bis ins Ziel halten müssen, angeblich war von 40 sicheren Runden die Rede, doch Vettels rechter Hinterreifen ging nach 28 Runden in Fetzen.

Pirelli wiederum bezeichnete die Ferrari-Strategie als gewagt (wieso gab es dann kein Veto des Ferrari zugeteilten Technikers?), und nun steht das Mailänder Unternehmen in der Öffentlichkeit mit dem Makel da, angeblich keine sicheren Reifen bauen zu können. Was als Pauschalurteil so natürlich nicht stimmt.

Nach dem Ausschlussverfahren hatte Pirelli im Anschluss an den Reifenschaden bei Nico Rosberg festgehalten: der Reifen muss von einem Trümmerteil auf der Bahn beschädigt worden sein. So ein Teil wurde nie gefunden, und die Suche danach wäre die Suche nach der Nadel im Heuhaufen – auf einer Rennstrecke, die mehr als sieben Kilometer lang ist.

Mercedes-Rennchef Paddy Lowe beteuert, kein Teil am Silberpfeil könne am Reifen geschabt haben, was sich weiter als Gerücht hält. Dabei hat Mercedes diese Heckversion vor den Hinterreifen seit Barcelona im Einsatz, nie gab es etwas zu beanstanden.

Pirelli betont auch, die beiden Schäden hätten nichts miteinander zu tun. Bei Rosberg sei es in aller Wahrscheinlichkeit ein Fremdkörper gewesen, bei Vettel habe sich der Reifen einfach zu stark abgenutzt.
Viele im Fahrerlager sind sich da nicht ganz sicher: wenn der Reifen am Wagen von Sebastian angeblich abbaute, wieso konnte er dann vor Romain Grosjean einen so hohen Rhythmus halten?

Nun geht die Angst um. Von der schnellen Spa-Francorchamps-Bahn kommen wir auf eine noch schnellere – Monza. Ein ungemütlicher Gedanke, dass bei Tempi jenseits von 350 km/h ein Reifen explodieren könnte.

Noch läuft bei Pirelli die Analyse der Überreste des geplatzten Reifens von Sebastian Vettels Ferrari. Wann sich die Italiener äussern werden, steht nicht fest.

So lange bleiben brennende Fragen unbeantwortet. Hat der Reifen die Kombination aus besonderer Belastung in Belgien (hohe Fliehkräfte, Kompression in Eau Rouge, Überfahren der Randsteine) sowie längerer Laufzeit einfach nicht ausgehalten? Welche Rolle spielt die geänderte Konstruktion des Hinterreifens zur Saison 2015 hin? Um dem zu erwartenden Plus an Speed der verbesserten Renner Rechnung zu tragen, hatten die Mailänder bekanntlich die Hinterreifen verstärkt, bei der Struktur der Lauffläche und auch an den Reifenschultern.

Falls es Zweifel in Sachen Langlebigkeit gibt, muss Pirelli vor Monza reagieren: Da es unwahrscheinlich ist, in so kurzer Zeit einen anderen Reifen zu bauen, wird man an der Einführung einer Maximal-Laufdauer nicht vorbeikommen. Aber wie viele Runden sind für den Highspeed-Tempel Monza sicher?

Für Pirelli ist der Zeitpunkt der Reifenschäden von Rosberg und Vettel denkbar ungünstig: Auf dem Spiel steht das Abkommen als Formel-1-Alleinausrüster ab 2017, im Rennen sind Michelin und Pirelli. Bis Mitte September wollen der Autoverband FIA und Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone sich für den ihrer Meinung nach besten Kandidaten entscheiden.

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