Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Stefan Bradl (Forward-Yamaha): «Ich bin erleichtert»

Von Günther Wiesinger
Stefan Bradl auf der Forward-Yamaha in Sepang

Stefan Bradl auf der Forward-Yamaha in Sepang

In den ersten sieben Stunden des ersten Sepang-Testtages hatte Stefan Bradl Mühe, sich in den Top-20 zu halten. Aber am Schluss wurden die Probleme gelöst – Rang 8!

Es besteht natürlich nach dem ersten Testtag und Platz 8 noch kein Grund zur Euphorie. Aber Stefan Bradl tat es sichtlich gut, als er den Jubel und die begeisterten Gesichter in der Forward-Box nach seiner 2:01,556-min-Runde in seinem vorletzten Run knapp nach 17 Uhr sah.

Denn die Kinderkrankheiten mit der neuesten Version der Einheits-ECU von Magneti Marelli hatten ihn mehr als sechs Stunden gehörig beschäftigt, er sprach nach dem ersten Run sogar von einem Komplettausfall bei beiden Bikes – auch das von Teamkollege Loris Baz war betroffen.

Doch Dirk Debus, Chef und Mitbegründer von «2D datarecording», gilt nicht zu Unrecht seit mehr als 20 Jahren als grösstes Elektronik-Genie im MotoGP-Paddock. Er hat schon für die Werksteams von Yamaha und Suzuki gearbeitet und war ein wichtiger Grund, warum sich Bradl im Sommer für das Forward-Yamaha-Paket entschieden hat.

Auch die enge Zusammenarbeit mit dem Yamaha-Werk ist ein wichtiger und willkommender Aspekt. Ein japanischer Yamaha-Ingenieur hat einen fixen Arbeitsplatz in der Forward-Box. «Die Yamaha-Rennchefs Nakajima und Tsuji lassen sich auch immer wieder bei uns in der Box blicken und erkundigen sich mir bei nach unseren Fortschritten», stellte Bradl zufrieden fest.

Die Unterstützung von Yamaha ist verständlich: Bradl lag am Mittwoch in Sepang als bester Open-Class-Pilot auf Rang 8, der zweitbeste Open-Pilot (Nicky Hayden) kam über Rang 17 nicht hinaus.

Und da Marc Márquez klarer Favorit für die MotoGP-WM ist, will sich Yamaha zumindest in der Open-Class schadlos halten – wie 2014 mit Aleix Espargaró.

«Das Team hat sich riesig gefreut, als ich am Schluss auf Platz 8 vorgefahren bin», schilderte der 25-jährige Bayer.

Teambesitzer Giovanni «Gio» Cuzari strahlte. Denn er hat zum Beispiel mit Aleix Espargaró eine Rechnung offen, den er vor eineinhalb Jahren für 300.000 Euro aus dem Aspar-Martinez-Vertrag rausgekauft und der ihn nach einer Saison gleich wieder Richtung Suzuki verlassen hat. Am ersten Tag landete Aleix auf Platz 14 – immerhin 0,7 sec hinter Bradl. Bei Forward verliess er den ersten Sepang-Test 2014 als Gesamtvierter.

Und Stefan Bradl wird es nicht wesentlich stören, wenn er neben Bradley Smith (Factory-Yamaha) auch die beiden Honda-Factory-Fahrer Crutchlow und Redding hinter sich lässt.

Stefan erzählte, man habe für die letzte Stunde noch einmal den Schwingendrehpunkt verändert, das habe sich beim Handling einwandfrei ausgewirkt.

«Wir haben das zu Mittag schon einmal probiert, aber da war ich mir nicht sicher, ob das eine sinnvolle Veränderung sei, deshalb haben wir darauf verzichtet. Wir haben dann bis 17 Uhr beim Elektronik-Set-up einige Verbesserungen zustande gebracht, also bei der Traction Control und so weiter, dazu haben wir am Schluss noch einen neuen Hinterreifen montiert. Mir ist dann diese schnelle Runde ganz gut gelungen. Ich habe auch erstmals einen frischen Reifen richtig ausnützen können, was am Vormittag nicht der Fall war. Das lag natürlich auch daran, dass mir die Elektronik erlaubt hat, feiner mit dem Reifen umzugehen. Das Spinning hat es mir erlaubt, vorher hat es immer unterbrochen. Wir haben mit der ECU heute lange herumexperimentiert, aber am Schluss war ich zufrieden. Wir müssen natürlich auch an der Konstanz noch arbeiten, aber es scheint, dass das bei diesem Motorradl auch nicht schlecht funktioniert, denn ich bin mit einem 20 Runden alten Hinterreifen im Vergleich zur Bestzeit auch noch eine anständige Zeit gefahren.»

«Ich bin erleichtert, dass die Angelegenheit heute ein Happy-end gefunden hat, denn das Ganze hat sich sich am Anfang recht schwierig gestaltet. Man muss geduldig sein, wie ich gesagt habe, wenn es um die Änderungen bei der Elektronik geht. Das dauert extrem lang. Wir können froh sein, dass Dirk Debus da ist, sonst wäre das eine grössere Baustelle... Es ist eh schon eine ausreichend grosse Baustelle.»

Bradl weiss aber, dass er von der Entwicklung der neuen Software, die jetzt erledigt wird, das ganze Jahr über profitieren wird. «Das ist absolut richtig. Es hat sich anfangs zäh gestaltet, das etwas hinderlich. Aber wir marschieren in die richtige Richtung. Dass ich heute noch in die Top-Ten komme, hätte ich mir absolut nie gedacht...»

Zwei Werks-Honda besiegt. Eine Genugtuung? Bradl: «Ja, ich bin absolut happy. Aber es werden wieder Situationen kommen, wo wir zurückfallen. Wir müssen auf alles gefasst sein. Wir werden noch mit einigen Problemen konfrontiert werden, bei denen wir geduldig und gelassen bleiben müssen. Es ist angenehm, dass wir am Schluss alles auf einen Nenner gebracht haben, was wir heute herausgefunden haben. Die Truppe ist wirklich gut. Wir sind im letzten Run noch einmal mit dem Reifen gefahren, mit dem ich die Bestzeit erzielt habe. Da hat sich bestätigt, dass wir heute in die richtige Richtung gearbeitet haben.»

Doch die Verfolger lauern dicht dahinter. Zwischendurch lagen auch Aleix Espargaró (Suzuki) und Alvaro Bautista (Aprilia) einmal unter den Top-Ten.

«Die Konkurrenz ist stark. Die Gegner sind noch schwierig einzuschätzen, man darf den ersten Tag nicht überbewerten», gab Bradl zu bedenken. «Es hat sich gezeigt, dass bei uns Potenzial vorhanden ist. Jetzt liegt es an uns, es geschickt zu nützen. Platz 1 in der Open Class ist machbar, das muss auch irgendwo unser Ziel sein. Aber ich habe in meiner Karriere schon viel erlebt. Daher bleibe ich abwartend.»

Die erste Standortbestimmung gibt jedenfalls Anlass für Zuversicht. Top-Ten-Plätze liegen bei Stefan Bradl auch 2015 in Reichweite. Allen Unkenrufen zum Trotz.

Die Testzeiten in Sepang (4. Februar) um 18 Uhr Ortszeit

1. Marc Márquez (E), Honda, 2:00,262 min
2. Valentino Rossi (I), Yamaha 2:00,380
3. Jorge Lorenzo (E), Yamaha, 2:00,521
4. Andrea Dovizioso (I), Ducati, 2:00,617
5. Dani Pedrosa (E), Honda, 2:00,745
6. Pol Espargaró (E), Yamaha), 2:00,930
7. Andrea Iannone (I), Ducati, 2:01,424
8. Stefan Bradl (D), Yamaha, 2:01,556
9. Bradley Smith (GB), Yamaha, 2:01,707
10. Cal Crutchlow (GB), Honda, 2:01,713
11. Scott Redding (GB), Honda, 2:01,917
12. Michele Pirro (I), Ducati, 2:01,951
13. Danilo Petrucci (I), Ducati, 2:02,136
14. Aleix Espargaró (Suzuki), 2:02,225
15. Alvaró Bautista (E), Aprilia, 2:02,285
16. Hiroshi Aoyama (J), Honda, 2:02,560
17. Nicky Hayden (USA), Honda, 2:02,699
18. Héctor Barberá (E), Ducati, 2:02,700
19. Jack Miller (AUS), Honda, 2:02,807
20. Katsuyuki Nakasuga (J), Yamaha, 2:03,092
21. Maverick Viñales (E), Suzuki, 2:03,164
22. Eugene Laverty (IRL), Honda, 2:03,295
23. Mike di Meglio (F), Ducati, 2:03,878
24. Karel Abraham (CZ), Honda, 2:03,879
25. Loris Baz (F), Yamaha, 2:04,163
26. Marco Melandri (I), Aprilia, 2:04,502
27. Alex De Angelis (RSM), ART, 2:04,673
28. Takumi Takahashi (J), Honda, 2:04,719
29. Takuya Tsuda (J), Suzuki, 2:05,478
30. Michael Laverty (GB), Aprilia, 2:06,190

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