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Honda Japan: Die wichtigste Entscheidung seit 2002

Kolumne von Ivo Schützbach
Schmeißt Honda in der Superbike-WM alles um?

Schmeißt Honda in der Superbike-WM alles um?

16 Jahre lang interessierte sich die Honda Racing Corporation nicht für die Superbike-WM. Führt anhaltende Erfolglosigkeit mit der neuen Fireblade beim japanischen Management zum Umdenken?

Seit Monaten wartet Honda Motor Europe (HME) auf die Budgetabsegnung durch Honda Japan für die Superbike-WM 2019. Je länger diese ausblieb, desto offensichtlicher wurde, dass es bei Honda Japan massive Diskussionen darüber gibt, wie es in der Superbike-WM weitergeht.

In Portimao waren die japanischen Topmanager Shinichi Kokubu und Tetsuhiro Kuwata von der Honda Racing Corporation (HRC) sowie Soichi Yamana von Honda Motorsports vor Ort und haben sich genau angeschaut, was die Honda-Teams von Ten Kate (Red Bull) und Triple-M leisten. Red Bull Honda klaubte mickrige neun Punkte zusammen, Triple-M ging leer aus.

In der Superbike-WM wurde seit dem ersten Rennen mit der neuen Fireblade im Februar 2017 kein Podestplatz mehr errungen. Den letzten Honda-Sieg im Trockenen eroberte Jonathan Rea im Juli 2014 in Portimão – vor 51 Monaten! Und der letzte WM-Titel gelang 2007 mit James Toseland.

In der Gesamtwertung 2018 landeten Leon Camier und Jake Gagne auf den bemitleidenswerten Plätzen 12 und 17, Patrick Jacobsen bei Triple-M wurde zwei Events vor Saisonende entlassen.

Während des Jahres drängte sich immer mehr der Eindruck auf, dass Honda nicht ewig mit dieser Peinlichkeit leben würde. Nach Donington Park 2017 und Assen 2018 war Portimão bereits der dritte Event innerhalb 16 Monaten, bei dem hochrangige Manager aus Japan vorbeischauten – Alternativen zu Ten Kate Racing werden geprüft.

Honda Japan denkt darüber nach, das japanische Moriwaki-Team in die Superbike-WM zu schicken. So könnte HRC über die Hintertüre in die seriennahe Weltmeisterschaft zurückzukehren, seit dem Titelgewinn von Colin Edwards 2002 hat Honda keine Werksmaschine mehr an den Start gebracht.

Vor 16 Jahren stieg der weltgrößte Motorradhersteller werksseitig aus der Superbike-WM aus, weil er mit den Ideen des damaligen Promoters FG Sport nicht einverstanden war. HRC kehrte nie mehr zurück, die Verantwortlichkeit für das Superbike-Projekt wurde Honda Motor Europe übertragen.

HME arbeitet in der Superbike-WM seit über einem Jahrzehnt mit Ten Kate Racing zusammen. Was nach außen als offizielles Honda-Team verkauft wird, ist in Wirklichkeit der Privatauftritt von Ten Kate mit Honda als Hauptsponsor. Ten Kate ist für den technischen Stand der Motorräder verantwortlich, HRC zeigte nie Bestrebungen, ihnen unter die Arme zu greifen.

In Portimao präsentierten die japanischen Topmanager Kokubu, Kuwata und Yamana WM-Promoter Dorna ihre Ideen. Sechs Wochen später beim WM-Finale in Katar sickerte durch, dass die Honda-Pläne weit vorangeschritten sind.

«Es wird jetzt verhandelt zwischen Moriwaki und Honda, die Entscheidung muss in den nächsten Tagen fallen», erklärte ein Honda-Teammitglied beim zeitgleich stattfinden Grand Prix in Australien.

Mit der Firma Moriwaki Engineering aus Suzuka ist Honda seit Mitte der 1970er-Jahre eng verbunden. Sie traten gemeinsam in der MotoGP-WM, der Japanischen Superbike-Meisterschaft und beim Acht-Stunden-Rennen in Suzuka an. 2010 wurde Toni Elias mit einem Moriwaki-Chassis erster Moto2-Weltmeister auf Honda-Einheitsmotoren.

Da es für Moriwaki mit Sitz in Japan logistisch ein Riesenproblem darstellt, ein eigenes Team in der Superbike-WM an den Start zu bringen, wird über ein Bündnis mit einem vorhandenen nachgedacht. Das GoEleven-Team von Gianni Ramello, Mitte der ersten Dekade 2000 feierte er mit Max Biaggi und Ruben Xaus unter dem Namen Sterilgarda Ducati einige Erfolge, meldete Interesse an.

Doch daraus wird nichts – es zeichnet sich eine Zusammenarbeit zwischen Moriwaki und dem Althea-Team von Genesio Bevilacqua ab. Weil Shaun Muir Racing (SMR) den Zuschlag von BMW als werksunterstütztes Team für die nächsten drei Jahre erhielt, schaut sich der Italiener nach einem neuen Partner um. Gespräche mit Ducati verliefen im Sand, an Aprilia hatte er nie ernsthaftes Interesse.

Bevilacqua setzt auf den Moriwaki-Honda-Deal. Bereits in Katar arbeitete ein hochrangiger Moriwaki-Mitarbeiter drei Tage lang im abgetrennten hinteren Teil der Althea-Box, beobachtete alles genau und analysierte die Arbeitsabläufe.

Nächsten Dienstag kommt es in Amsterdam zum Treffen zwischen Managern von Honda Japan und den Verantwortlichen von Honda Motor Europe. Dann wird HME mitgeteilt, wie es in der Superbike-WM weitergeht.

Schickt HRC Moriwaki in die Superbike-WM, erscheint es unwahrscheinlich, dass es eine Fortsetzung mit Ten Kate Racing geben wird, weil dann das doppelte Budget notwendig wäre.

Kein Wunder, fürchten bei Ten Kate viele um ihren Job. Besonders bitter: Die Honda-Entscheidung kommt so spät, dass das Team kaum noch die Chance hat, für 2019 ein anderes Programm auf die Beine zu stellen.

Bei Honda Japan ist zu hören, dass sie sich vorstellen können, dass sich Ten Kate um die beiden Supersport-Klassen kümmert, um dort zukünftige Superbike-Piloten heranzuziehen. Deshalb bemüht sich Honda auch, eine Homologation für die CBR250RR für die Supersport-300-WM zu bekommen. Bislang ist nur die klobige und nicht konkurrenzfähige CBR500R homologiert.

In der Supersport-WM dominierte Ten Kate über viele Jahre und wurde mit Fabien Foret, Chris Vermeulen, Karl Muggeridge, Sébastien Charpentier, Andrew Pitt, Kenan Sofuoglu und Michael van der Mark insgesamt neunmal Weltmeister.

Triple-M-Chef Matthias Moser, der dieses Jahr das Honda-Satelliten-Team stellt: «Ich habe keinen Plan B. Wenn Honda den Vertrag nicht verlängert, höre ich halt auf.»

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