Die Strecke am Fuss des heiligen Bergs

Von Guido Quirmbach
Fujisan und Fuji-Speedway

Fujisan und Fuji-Speedway

Einiges über die Historie der Rennstrecke von Fuji, wo am Wochenende die WEC ihren vorletzten Saisonlauf austrägt.

Wie er im Deutschen richtig genannt wird, darüber streiten sich die Gelehrten. Fujiyama, Fuji-san, Mont Fuji, Fudschijama oder einfach nur Fuji. Wir halten uns da raus, denn was gemeint ist, weiss jeder: der mit 3776 Metern höchste Berg von Japan, der so oft wunderbare Postkartenmotive, oft mit Rennwagen im Vordergrund, bietet. Lange Zeit im Jahr ist die Spitze des Vulkans mit Schnee bedeckt, im Oktober ist das aber nicht zu erwarten. Und wenn, dann wird es frischer Schnee sein und dann auch an der Rennstrecke saukalt sein. Davon ist aber nicht auszugehen, die Wetterfrösche gehen von Temperaturen zwischen 15 und 20 °C für die weitere Woche aus.

Der Fuji Speedway wurde 1963 gebaut, aber erst 1965 nach Übernahme von Mitsubishi eröffnet. Ursprünglich war er neben einer Rundstrecke auch als Oval angedacht, schaute man doch damals neidisch in die USA, wo NASCAR sich steil nach oben entwickelte, und wollte etwas Vergleichbares in Japan installieren.

Doch während der Bauphase ging bereits das Geld aus. So wurde das Oval nur zur Hälfte fertiggestellt. Mit einer Steilkurve, die dann aber im Uhrzeigersinn als Turn 1 gefahren wurde. Also entgegengesetzt zu den Ovalen in der USA, aber vergleichbar mit den Bankings von Monza oder Montlhéry bei Paris.

Doch wie Vic Elford in seinen Erinnerungen schreibt und man auch auf alten Videos (zum Teil auf Youtube) sieht, gab es einen markanten Unterschied. Fuhr man in Monza oder aber in Montlhéry von unten nach oben in die Steilwand, war es in Fuji anders, die Einfahrt erfolgte auf oberer Bahnhöhe und forderte viele Opfer.

Als 1974 in einem nationalen Sportwagenrennen zwei einheimische Piloten in der ultraschnellen, aber auch sehr holprigen Steilwand kollidierten und dabei beide ihr Leben verloren, war Schluss mit der Kurve, sie wurde durch eine Spitzkehre ersetzt. Ähnlich wie das Banking in Monza, stehen Teile der Kurve noch heute.

Wirklich bekannt wurde die Rennstrecke am Fuss des für viele Japaner heiligen Berges 1976, als Niki Lauda beim ersten Grand Prix von Japan überhaupt wegen den furchtbaren Wetterbedingungen nach zwei Runden aufgab und James Hunt den Titel kampflos überliess.

1977 fuhr Gilles Villeneuve in Fuji seinen zweiten Grand Prix für Ferrari, nach einer Kollision flog er in die Speerzone, in der sich Zuschauer befanden. Zwei Menschen starben. Es war der vorerst letzte Grand Prix von Japan, erst 1987 kehrte die Formel 1 zurück, dann aber nach Suzuka.

Nationale Rennen und von 1982 bis 1988 ein Lauf zur Sportwagen-WM bestimmten dann das Bild. Auf der damaligen Streckenvariante hält noch heute Stefan Bellof im Werks-Porsche 956 den Rundenrekord. Die 1,5 Kilometer lange Start/Ziel-Gerade war (und ist) eine der längsten Geraden im Rennsport, so gab es auch einige Dragster-Rennen.

Naturgemäss verbreiteten sich über den Kurs von Fuji ohne international bekannte Rennen nur schlechte Nachrichten nach Europa. Am Kremer-Porsche 962 von Kris Nissen gab es im Training zu einem Lauf zur japanischen Gruppe-C-Meisterschaft 1998 einen technischen Defekt, das Auto schoss über die Gerade hinweg in Reifenstapel und Mauer ein und fing Feuer. Der Italiener Paolo Barilla, ehemaliger Formel-1-Pilot und 1985 Sieger in Le Mans, rettete dem Dänen das Leben, Nissen bleibt von den vielen Brandwunden leider bis heute gezeichnet.

Der Japaner Tetsuya Ota überlebte 1998 ebenfalls einen Feuerunfall in Fuji und verklagte später die Rennorganisation wegen den seiner Meinung nach katastrophalen Rettungsbedingungen. Er bekam teilweise recht, aber auch eine Mitverantwortung. Generell führte die öffentliche Diskussion um seinen Unfall für eine Verbesserung der Sicherheitsmassnahmen und der dazugehörenden Infrastruktur im nationalen Motorsport.

Im Jahr 2000 übernahm Toyota die Strecke von Mitsubishi, Hermann Tilke wurde beauftragt, aus der veralteten Anlage einen Formel-1-tauglichen Kurs zu machen. Tim Bergmeisters Unfall in diesem Jahr in Fuji bewies, dass trotz aller Sicherheitsmassnahmen das Restrisiko bleibt, aber auch noch Verbesserungspotential da ist.

Toyota schaffte es und jagte für 2007 und 2008 Suzuka, das sich in Besitz von Intimfeind Honda befindet, den Grand Prix ab. Allerdings waren die Rennen wirtschaftlich kein Erfolg, so sollte ab 2009 jährlich abwechselnd in Suzuka und Fuji gefahren werden. Doch spätestens nach dem Ausstieg von Toyota aus der Formel 1 sank deren Interesse, und das Rennen blieb zur Freude von Fans und Aktiven in Suzuka.

Nun fährt Toyota in der WEC und bringt das einst traditionelle Rennen zurück an den Fuss von Fuji-san. Man kann gespannt sein, wie es von den Besuchern angenommen wird. In den 1980ern war Fuji mit rund 80.000 Zuschauern nach Le Mans das am besten besuchte Rennen überhaupt.

Übrigens: Der Fuji gilt nach wie vor als aktiver Vulkan, vor mehr als 300 Jahren brach er letztmals aus. Hoffen wir, dass er noch ganz lange weiterschläft.

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