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Martin Brundle über China-GP: «Echte Überholmanöver»

Von Mathias Brunner
​Nach dem Australien-GP hatten sich viele Fans Sorgen gemacht: Hat die Formel 1 mit den neuen Rennern das Überholen viel schwieriger gemacht? Die Bedenken haben sich mit dem China-GP relativiert.

Einer der Aufreger nach dem Formel-1-Saisonbeginn in Australien: Hat sich die Formel 1 mit der neuen Rennwagengeneration ein neues, riesiges Problem geschaffen? Ist das Überholen so schwierig geworden, dass wir in den Rennen nur noch fade Kost serviert erhalten? Wer sich nach Melbourne Sorgen gemacht hat, darf nach Shanghai ruhiger schlafen – wir haben reichlich Überholmanöver gesehen und tolle obendrein.

Dem 158fachen GP-Teilnehmer Martin Brundle, Formel-1-Experte der britischen Sky, ist aufgefallen: «Die Fahrer müssen umdenken. Früher hast du darauf gewartet, dass ein Gegner wegen Reifenproblemen langsamer wird oder ohnehin zur Box abbiegt. Oder du hast dich auf deinen verstellbaren Heckflügel verlassen. Nun haben wir auf der langen Geraden von Shanghai aber erkannt – selbst mit flach gestelltem Flügel ist es nicht so einfach, sich in den Windschatten des Gegners zu arbeiten. Also müssen sich die Piloten etwas einfallen lassen. Du musst dir den Gegner an einer gewissen Stelle zurechtlegen oder ihn mit einem Angriff überrumpeln. Ja, wir werden weniger Manöver als früher sehen, aber jene Attacken, die wir erleben, das sind richtige Angriffe, keine künstlichen, die nur wegen des Heckflügels zustande kommen.»

«Wir haben natürlich viel weniger Überholmanöver gesehen als vor einem Jahr hier in China. Aber mir ist lieber, wir sehen eine Attacke, über die wir nachher begeistert diskutieren – statt dieses mühelosen Vorbeifahrens, das wir mit dem DRS oft erlebt haben. Da die Bremszonen kürzer geworden sind, müssen sich die Piloten auch hier was einfallen lassen. Mut und Einfallsreichtum sind gefragt.»

«Wir hätten sicher noch mehr Angriffe gesehen, aber das Anbremsen der Haarnadel nach der langen Gegengeraden war auf feuchter Bahn noch kniffliger als sonst, die Piloten agierten umsichtig.»

«Dieses Rennen war einer jener Grands Prix, bei welchen ich mich zwei Runden vor Schluss wundere, dass schon fast alles vorbei ist. Es war auch gut, dass die Fahrer nochmals frische Reifen abholten. Es zeigt sich, dass ein Grand Prix mit nur einem Stopp halt schon weniger unterhaltsam ist. Vielleicht ist es eine Überlegung wert, die Reifen noch weicher zu machen. Der China-GP hat mir jedenfalls Spass gemacht, und ich bin sicher, vielen Fans ging das auch so.»

Vor Jahren hat ein SPEEDWEEK.com-Leser nach einer Siegerzeremonie festgehalten: «Die Drei da oben sahen alle aus, als wäre zuhause der Hund gestorben. Zum Glück gibt es noch einen Daniel Ricciardo, der Freude zeigen kann.»

Brundle meint dazu: «Ich führe ja ab und an die Siegerinterviews nach dem Rennen. Und auch ich fand bisweilen – die machen Gesichter, als müssten sie gleich zum Zahnarzt. In China jedoch waren alle aufgekratzt. Zwischen Hamilton, Vettel und Verstappen war viel Respekt zu spüren, sie hatten Freude an ihrem Rennen, und das ist ansteckend. Es ist auch selten, dass sie sich solche Komplimente zuwerfen.»

Red Bull Racing hat in China ein besseres Ergebnis errungen als viele erwartet hatten, wann wird in der WM aus dem Zweikampf ein Dreikampf? Le-Mans-Sieger Brundle weiter: «Heute hat das Wetter Red Bull Racing in die Hände gespielt. Aber selbst so ist Ricciardo 46 Sekunden hinter Sieger Hamilton ins Ziel gekommen. Ich gehe davon aus, dass nicht nur Red Bull Racing im Mai in Spanien mit einem runderneuerten Wagen auftaucht, und dann werden wir wirklich sehen, wo sie stehen. Derzeit mangelt es dem Renner einfach an Abtrieb. Es mangelt auch an Leistung. Und das wird sich auch in Bahrain und Russland schlecht kaschieren lassen.»

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