Franz Tost exklusiv: Formel 1 ab 2021 – die Lösungen

Von Mathias Brunner
Pierre Gasly staunt über die Ideen von Franz Tost

Pierre Gasly staunt über die Ideen von Franz Tost

​Toro Rosso-Teamchef Franz Tost im Exklusiv-Gespräch mit SPEEDWEEK.com: Der Tiroler zieht eine schonungslose Bilanz über die Gesundheit des Formel-1-Sports und sagt, was sich ab 2021 ändern muss.

Seit gut einem Jahr haben wir eine neue Formel-1-Führung. Der langjährige Serienpromoter Bernie Ecclestone ist entmachtet, der neue Formel-1-CEO Chase Carey und seine Mitarbeiter Ross Brawn und Sean Bratches geben Vollgas. Die Formel 1 soll offener werden, Fan-orientierter, es wird Rennen im Internet geben und nicht nur im Fernsehen. Nicht alle Änderungen finden uneingeschränkt Beifall: Viele GP-Fans sind der Ansicht – die Startzeiten in Europa auf 15.10 Uhr zu verlegen und Grid-Girls durch Grid-Kids zu ersetzen, das sind merkwürdige Prioritäten.

Wie auch immer: Chase Carey & Co. laufen sich eben erst warm, wie Toro Rosso-Teamchef Franz Tost im Exklusivgespräch mit SPEEDWEEK.com festhält.

Der Tiroler sagt: «Liberty Media ist mit sehr viel frischen Ideen aufgetaucht, viele davon sind wirklich gut. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass die Formel 1 durch die bestehenden Verträge bis 2020 in mehr oder weniger sicheren Bahnen läuft. Entscheidend wird für mich sein, was ab 2021 mit dem Grand-Prix-Sport passiert. Beurteilen kann man die Arbeit von Liberty Media eigentlich erst richtig im Zeitraum von 2023 bis 2025.»

«Ich hoffe einfach, dass sie vier Schwerpunktthemen im Fokus behalten und dann auch die richtigen Entscheidungen treffen.»

«Da ist zunächst einmal die Verbesserung unserer Show. Wir können es uns auf Dauer nicht leisten, den Fans so langweilige Rennen zu zeigen wie beispielsweise in Abu Dhabi. Sonst schaut niemand mehr Formel 1.»

«Um die Show zu verbessern, muss sich die Leistungsfähigkeit der Teams angleichen. Wie soll das gehen? Durch ein kluges Reglement, durch Einschränkungen bei den Weiterentwicklungen, damit das Feld zusammenrückt. Wir dürfen das grosse Bild nie aus den Augen lassen. Die Formel 1 ist primär Unterhaltung, das ist die Kernaufgabe unserer Show.»

«Zu einer guten Rennsport-Show gehören Überholmanöver, gehören Ausbremsmanöver, dazu gehört auch mal ein Crash, wobei niemandem etwas passieren soll, aber die Leute sollen sehen, dass bei uns hart gekämpft wird, da dürfen ruhig mal die Fetzen fliegen. Das alles trägt dazu bei, dass das Interesse an der Formel 1 wieder steigt.»

«Der zweite Punkt sind für mich die Kosten. Wir müssen die hohen Kosten herunterschrauben, weil es einfach unverantwortlich ist, dass ein Team pro Saison 400 oder 500 Millionen Euro ausgibt. Solche Budgets schrecken potenzielle Interessenten ab, in die Formel 1 einzusteigen. Nicht nur Hersteller. Ich weiss auch von Sponsoren, die zwar gerne im Sport engagiert wären, die aber sagen – das ist einfach zu teuer, wir können uns das nicht leisten. Daher sage ich: Runter mit den Kosten!»

«Punkt 3 ist eine gerechtere Geldverteilung, was direkten Einfluss auf den ersten Punkt hat. Es kann einfach nicht sein, dass Top-Teams von der Formel-1-Führung noch Sonder-Boni erhalten in einer Höhe, die bei kleinen Teams dem Jahresbudget entsprechen! Du schaffst es nur, ein ausgeglichenes Startfeld zu haben, wenn die Geldverteilung fairer wird.»

«Als vierten Schwerpunkt sehe ich das Reglement. Die Formel-1-Führung muss sich hier auf zwei Ebenen Gedanken machen – einerseits über das Chassis, andererseits über die nächste Motorgeneration. Es ist kein Geheimnis, dass sich die Fahrer sehr schwertun, mit den aktuellen Autos zu überholen. Die Fans fragen immer wieder: Warum ist das denn so? Die Antwort war für mich abzuschätzen, als das neue Reglement für 2017 verabschiedet wurde: Bei den heutigen hohen Kurventempi gelingt es nicht, einem Gegner unmittelbar zu folgen.»

«Wir haben dank anderer Aerodynamik mehr Abtrieb erhalten, dazu mehr mechanischen Grip über die breiteren Reifen. Das erzeugt auch den Effekt, dass die Bremswege noch kürzer werden. Wer sich am Ende der Start/Ziel-Geraden von Barcelona an die Strecke stellt und die ultrakurzen Bremswege beobachtet, der muss sich nicht darüber wundern, dass es kaum richtige Überholmanöver gibt. Wie soll das auch gehen? In der Kurve zuvor kann ich als Fahrer meinem Gegner nicht nahe genug folgen, um auf der folgenden Geraden vom Windschatten zu profitieren. Denn in der verwirbelten Luft rutscht der Verfolger untersteuernd herum. Durch mehr Abtrieb und breitere Reifen haben wir Autos, die auf den Geraden weniger schnell sind als zuvor, daher ist die Bremszone weiter geschrumpft. Daran muss dringend gearbeitet werden.»

«Der einzige Weg: Wir müssen die Aerodynamik dramatisch beschneiden, damit die Autos in den Kurven langsamer werden, damit die Renner auch viel schwieriger zu kontrollieren sind. Die Fans sollen doch von freiem Auge erkennen können, wie hart die Piloten im Cockpit arbeiten müssen, um den Wagen auf der Strasse zu halten. Der Fan muss wieder zur Einsicht gelangen: So ein Auto könnte ich nie fahren! Momenten hast du von aussen den Eindruck – da ist doch nichts dabei. Die Kurvengeschwindigkeiten sind zwar hoch, aber der Einzige, der das wirklich merkt, ist der Fahrer, der enormen Fliehkräften ausgesetzt ist. Der Fan sieht ein Auto, das wie auf Schienen durch die Kurve wetzt, er sieht kaum Gegenlenkbewegungen, das muss sich ändern.»

«Autos mit weniger Abtrieb werden auf den Geraden schneller, das verlängert die Bremszonen und begünstigt Überholmanöver.»

«Und dann haben wir ja noch die Motoren. Auch hier muss sich die neue Führung dringend etwas einfallen lassen. So wie heute kann es jedenfalls nicht weitergehen. Diese 1,6-Liter-V6-Turbomotoren mit Mehrfach-Energierückgewinnung sind aus technischer Perspektive wahre Wunderwerke, wirklich sensationell, da ist alles drin, was das Technikerherz höherschlagen lässt. Aber die Antriebseinheiten sind so kompliziert geworden, dass die Triebwerke fast unbezahlbar sind.»

«Viele Fans sprechen vom Sound. Da haben wir das Problem: Um wirklich fabelhaften Sound zu erhalten, müssten wir die grundsätzliche Architektur des Motors ändern. Ein Turbo-Motor kann rein von der Physik her einfach nicht so klingen wie ein Saugmotor. Klar ist mir der Sound auch wichtig. Aber wenn wir mit packenden Rennen die Fans von den Sitzen reissen, dann wird das Motorengeräusch sekundär.»

«Wir müssen realistisch sein. Wir werden nicht zu den grandiosen V12-Motoren von früher zurückkehren. Ich weiss noch, wie ich selber in Monza war und mich das Kreischen des Matra-V12 umgehauen hat. Wenn ein Matra aus der Lesmo rausbeschleunigt hat, hast du dir in der Parabolica schon die Ohren zuhalten müssen, so unfassbar laut war der. Als Purist finde ich das auch heute noch grandios. Aber wir können die Uhr nicht zurückdrehen. Daher müssen wir den Hebel anders ansetzen. Wenn wir Rad-an-Rad-Duelle bieten, wenn die Autos zu dritt um die Kurven wetzen, querstehend, dann spricht doch keiner mehr vom Sound.»

Und weil es so schön war, hier nochmals eine Hörprobe von jenem Motor, der Franz Tost so begeistert hat.





Barcelona-Test, kombinierte Zeitenliste (1. Woche)

1. Lewis Hamilton (GB), Mercedes W09 EQ Power+, 1:19,333 (Do) Mittelhart
2. Sebastian Vettel (D), Ferrari SF71H, 1:19,673 (Di) Weich
3. Stoffel Vandoorne (B), McLaren MCL33-Renault, 1:19,854 (Do) Hyperweich
4. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes W09 EQ Power+, 1:19,976 (Di) Mittelhart
5. Daniel Ricciardo (AUS), Red Bull Racing RB14-TAG Heuer, 1:20,179 (Mo) Mittelhart
6. Kevin Magnussen (DK), Haas VF-18-Ferrari, 1:20,317 (Do) Superweich
7. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing RB14-TAG Heuer, 1:20,326 (Di) Mittelhart
8. Kimi Räikkönen (FIN), Ferrari SF71H, 1:20,506 (Mo) Weich
9. Nico Hülkenberg (D), Renault R.S.18, 1:20,547 (Mo) Weich
10. Fernando Alonso (E), McLaren MCL33-Renault, 1:20,929 (Do) Superweich
11. Carlos Sainz (E), Renault R.S.18, 1:20,940 (Do) Mittelhart
12. Lance Stroll (CDN), Williams FW41-Mercedes, 1:21,142 (Do) Weich
13. Pierre Gasly (F), Toro Rosso STR13-Honda, 1:21,318 (Di) Weich
14. Robert Kubica (PL), Williams FW41-Mercedes, 1:21,495 (Di) Weich
15. Sergey Sirotkin (RUS), Williams FW41-Mercedes, 1:21,822 (Di) Weich
16. Esteban Ocon (F), Force India VJM11-Mercedes, 1:21,841 (Di) Weich
17. Sergio Pérez (MEX), Force India VJM11-Mercedes, 1:21,973 (Do) Weich
18, Brendon Hartley (NZ), Toro Rosso STR13-Honda, 1:22,371 (Mo) Weich
19. Romain Grosjean (F), Haas VF-18-Ferrari, 1:22,578 (Mo) Weich
20. Charles Leclerc (MC), Sauber C37-Ferrari, 1:22,721 (Di) Weich
21. Marcus Ericsson (S), Sauber C37-Ferrari, 1:23,408 (Mo) Weich
22. Nikita Mazepin (RU), Force India VJM11-Mercedes, 1:25,628 (Mo) Mittelhart

Barcelona-Test, Tag 4 (Donnerstag)

1. Lewis Hamilton (GB), Mercedes W09 EQ Power+, 1:19,333 (69)
2. Stoffel Vandoorne (B), McLaren MCL33-Renault, 1:19,854 (110)
3. Sebastian Vettel (D), Ferrari SF71H, 1:20,241 (120)
4. Kevin Magnussen (DK), Haas VF-18-Ferrari, 1:20,317 (96)
5. Fernando Alonso (E), McLaren MCL33-Renault, 1:20,929 (51)
6. Carlos Sainz (E), Renault R.S.18, 1:20,940 (60)
7. Lance Stroll (CDN), Williams FW41-Mercedes, 1:21,142 (54)
8. Sergio Pérez (MEX), Force India VJM11-Mercedes, 1:21,973 (65)
9. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing RB14-TAG Heuer, 1:22,058 (35)
10. Pierre Gasly (F), Toro Rosso STR13-Honda, 1:22,134 (147)
11. Nico Hülkenberg (D), Renault R.S.18, 1:22,507 (49)
12. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes W09 EQ Power+, 1:22,789 (60)
13. Charles Leclerc (MC), Sauber C37-Ferrari, 1:22,808 (59)
14. Marcus Ericsson (S), Sauber C37-Ferrari, 1:23,825 (79)
15. Sergey Sirotkin (RUS), Williams FW41-Mercedes, 1:31,979 (47)

Barcelona-Test, Tag 3 (Mittwoch)

1. Fernando Alonso (E), McLaren MCL33-Renault, 2:18,545 min (11)
2. Daniel Ricciardo (AUS), Red Bull Racing RB14-TAG Heuer, keine Zeit (2)
3. Brendon Hartley (NZ), Toro Rosso STR13-Honda, keine Zeit (2)
4. Marcus Ericsson (S), Sauber C37-Ferrari, keine Zeit (1)
5. Robert Kubica (PL), Williams FW41-Mercedes, keine Zeit (1)

Barcelona-Test, Tag 2 (Dienstag)

1. Sebastian Vettel (D), Ferrari SF71H, 1:19,673 (98)
2. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes W09 EQ Power+, 1:19,976 (94)
3. Stoffel Vandoorne (B), McLaren MCL33-Renault, 1:20,325 (37)
4. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing RB14-TAG Heuer, 1:20,326 (67)
5. Carlos Sainz (E), Renault R.S.18, 1:21,212 (65)
6. Pierre Gasly (F), Toro Rosso STR13-Honda, 1:21,318 (82)
7. Robert Kubica (PL), Williams FW41-Mercedes, 1:21,495 (47)
8. Sergey Sirotkin (RUS), Williams FW41-Mercedes, 1:21,822 (52)
9. Esteban Ocon (F), Force India VJM11-Mercedes, 1:21,841 (79)
10. Charles Leclerc (MC), Sauber C37-Ferrari, 1:22,721 (81)
11. Kevin Magnussen (DK), Haas VF-18-Ferrari, 1:22,727 (36)

Barcelona-Test, Tag 1 (Montag)

1. Daniel Ricciardo (AUS), Red Bull Racing RB14-TAG Heuer, 1:20,179 (103 Runden)
2. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes W09 EQ Power+, 1:20,349 (58)
3. Kimi Räikkönen (FIN), Ferrari SF71H, 1:20,506 (80)
4. Nico Hülkenberg (D), Renault R.S.18, 1:20,547 (73)
5. Fernando Alonso (E), McLaren MCL33-Renault, 1:21,339 (47)
6. Carlos Sainz (E), Renault R.S.18, 1:22,168 (26)
7. Lewis Hamilton (GB), Mercedes W09 EQ Power+, 1:22,327 (25)
8. Brendon Hartley (NZ), Toro Rosso STR13-Honda, 1:22,371 (93)
9. Lance Stroll (CDN), Williams FW41-Mercedes, 1:22,452 (46)
10. Romain Grosjean (F), Haas VF-18-Ferrari, 1:22,578 (55)
11. Marcus Ericsson (S), Sauber C37-Ferrari, 1:23,408 (63)
12. Nikita Mazepin (RU), Force India VJM11-Mercedes, 1:25,628 (22)
13. Sergey Sirotkin (RU), Williams FW41-Mercedes, 1:44,148 (23)

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