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Carlos Ghosn (Ex-Renault): Fussfessel nach Gefängnis?

Von Mathias Brunner
Der frühere Autokonzern-Chef Carlos Ghosn

Der frühere Autokonzern-Chef Carlos Ghosn

​Der frühere Autokonzern-Chef Carlos Ghosn (64) hat in Japan über Anwälte erklären lassen: Er wäre zu grossen Zugeständnissen bereit, wenn er nur endlich das Gefängnis auf Kaution verlassen könnte.

Carlos Ghosn sitzt seit dem 19. November in Tokio hinter Gittern. Dem früheren Steuermann von Renault, Nissan und Mitsubishi werden zahlreiche Vergehen vorgeworfen. Der 64jährige Top-Manager mit brasilianischer, libanesischer und französischer Staatsbürgerschaft hat über seine Anwälte erklären lassen: Er wäre zu weitreichenden Zugeständnissen bereit, wenn er endlich aus der Untersuchungshaft rauskäme. So hat Ghosn angeboten, seine Pässe abzugeben, er könnte also das Land nicht verlassen. Er hat als finanzielle Sicherheit seine Nissan-Anteile offeriert. Er wäre dazu bereit, eine elektronische Fussfessel zu tragen und sich rund um die Uhr von Sicherheitskräften bewachen zu lassen – um jeden Kontakt mit Menschen zu verhindern, die ihn vor einem Prozess beeinflussen könnten. Ghosn will auf Kaution freikommen.

Die Vorwürfe gegen Carlos Ghosn sind umfangreich. Der in Brasilien geborene Nissan-Sanierer steht im Verdacht, von 2011 bis 2015 systematisch Einkommen zu gering angegeben zu haben, in Höhe von insgesamt fast 40 Millionen Euro. Es ist davon die Rede, dass der langjährige Renault-CEO mit Firmengeld in verschiedenen Städten Luxuswohnungen gekauft haben soll, in Rio und Paris, in Amsterdam und Beirut. Verdächtig scheint auch ein 1,7-Millionen-Dollar-Beratervertrag für Ghosns Schwester. Es wird sogar behauptet, Ghosn habe sich seine Scheidung von der Firma finanzieren lassen. Es gibt Hinweise auf fragwürdige Geschäftspraktiken, dies mit Investoren aus Indien, dem Mittleren Osten und Lateinamerika. Es geht unter anderem um angebliche Zahlungen an den saudi-arabischen Geschäftsmann Khaled al-Juffali, deren Hintergründe unklar sind. Wie bei allen anderen Vorwürfen gegen Carlos Ghosn gilt die Unschuldsvermutung.

Einen ersten Antrag auf Zahlung einer Kaution hat das Gericht abgelehnt. Am Montag, 21. Januar liess Ghosn über seine Rechtsvertreter verlauten: «Ich würde alle Kautions-Auflagen akzeptieren, samt und sonders. Ich bin jetzt 64 Tage in Haft, ohne Aussicht auf Entlassung. Ich würde mich dazu verpflichten, in Japan zu bleiben, weil ich bei meinem Prozess endlich die Gelegenheit erhielte, mich rechtfertigen zu können. Ich bin unschuldig, und ich will meinen guten Ruf im Gerichtssaal verteidigen. Nichts ist meiner Familie und mir wichtiger.»

Ghosn beteuerte in einer früheren Stellungnahme, «stets ehrenhaft und legal gehandelt zu haben. Ich werde falsch beschuldigt, ich werde zu Unrecht festgehalten, das alles basiert auf Anschuldigungen ohne Wert und Grund.»

Ghosn war seit dem 19. November nicht mehr öffentlich gesehen worden, die Haft hat ihn gezeichnet, wie beim Verlesen dieser Stellungnahme zu erkennen war. Er hat Gewicht verloren, er wurde mit gefesselten Händen und mit einem Seil um den Bauch vorgeführt. Yuichi Tada als vorsitzender Richter erklärte die lange Haft mit Fluchtgefahr und dem Verdacht auf Beweismittelvernichtung.

Vor dem Gericht kam es zu tumultartigen Szenen: Mehr als 1000 Menschen wollten den Auftritt von Ghosn sehen, im Gericht gab es jedoch nur vierzehn Zuschauerplätze.

Drei Tage nach der Festnahme von Carlos Ghosn wurde er als Nissan-Chef abgesetzt. Renault wird derzeit übergangsmässig von Thierry Bolloré geleitet (zuvor Vizedirektor). Dann bestätigte auch der Mitsubishi-Vorstandsvorsitzende Osamu Masuko die Absetzung von Ghosn. Caroline Ghosn, die 31jährige Tochter von Carlos Ghosn, wittert eine Verschwörung. Sie verbreitet die Theorie, wonach Nissan die von Ghosn geplante Fusion zwischen Renault und dem japanischen Autohersteller verhindern wollte. Nicholas Maxfield, Sprecher von Nissan, sagt dazu: «Diese Behauptungen sind haltlos. Die Familie Ghosn hatte keinen Einblick in Gespräche über die Zukunft von Nissan. Hier geht es nicht um eine Fusion, hier geht es um Fehlverhalten.»

Längerfristig bleibt unklar, welche Auswirkungen der Fall Ghosn auf
das Formel-1-Engagement der Franzosen haben könnte. Ghosn hatte sich nach langem Ringen dazu entschlossen, Renault 2016 als Werksrennstall in den Grand-Prix-Sport zurückzubringen. Ob sein Nachfolger nach Ablauf der gegenwärtigen Abkommen mit der Formel 1 das millionenteure Engagement ebenfalls gutheisst, wird sich zeigen.

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