Bahrain: Normalität und Irrsinn
Der Kronprinz gibt Auskunft
Das Bahrain-Fahrerlager am frühen Morgen ist so friedlich, wie die Machthaber ihr Land gerne darstellen würden: Vögel jagen sich zwitschernd im Spiel, die Ordnungshüter sind von jener Höflichkeit, welche wir im Golfstaat seit 2004 schätzen gelernt haben, die ersten Mechaniker treffen ein, Schlaf in den Augen. Alles scheint normal zu sein.
Leider ist dieser Tage wenig normal.
Gestern hat Kronprinz Salman bin-Hamad Al-Khalifa im Fahrerlager festgehalten, er sehe keinen Grund, den Bahrain-GP abzusagen. Besonders in britischen Medien wird das mit einem vorwurfsvollen Unterton versehen und mit Unverständnis kommentiert.
Ich sage: Entschuldigung, aber wieso sollte der Kronprinz einen Rückzieher machen?
Für das Königshaus ist das Autorennen ein Werkzeug, auf weltweiter Bühne zu zeigen, dass sie die Lage unter Kontrolle hat.
So wie der Grand Prix für Oppositionelle ein Werkzeug ist, der Welt zu zeigen, welch schweren Stand sie haben.
Es gibt nichts zu verharmlosen: Es ist reichlich dokumentiert, mit welcher Härte Widerstand in Bahrain niedergehalten wird. Bahrain hat Probleme, selbst der Kronprinz gibt das zu.
Die Formel 1 kann diese Probleme nicht lösen.
Jeder zweite Politiker in Grossbritannien fühlt sich offenbar dazu berufen, seinen Senf zum Bahrain-GP beizusteuern. Nicht nur Zyniker werden auf den Gedanken kommen: Den meisten von ihnen dürfte die Lage im Golfstaat oder der Formel-1-Sport herzlich egal sein. Hauptsache, der eigene Name steht in der Zeitung oder man kommt für ein paar Sekunden im Fernsehen. Nach zahlreichen Menschenrechts-Organisationen hat auch der Vorsitzende des deutschen Bundestags-Ausschusses für Menschenrechte die Absage des Formel-1-Rennens in Bahrain gefordert.
Ein Team-Mitglied kommt mit mit einem Kaffeebecher in der Hand entgegen. Der Mann sagt: «Jeder sehnt sich dem Moment entgegen, wenn er im Flieger zurück nach Europa sitzt. Die Bahraini haben uns in all den Jahren nie etwas zuleide getan. Die Auseinandersetzungen im Land sind bedauerlich, und ich hoffe, es kann eine friedliche Lösung gefunden werden. Ich frage mich aber: Gäbe es anhaltende Auseinandersetzungen beispielsweise in Katar – würde der Fussball-Verband dann auch so tun, als wäre alles in Ordnung?»