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1. Training Brasilien: Wirbel um neuen Mercedes-Trick

Von Mathias Brunner
​Viel Sonne und warmes Wetter im ersten freien Training zum Grossen Preis von Brasilien im Autódromo José Carlos Pace von Interlagos: Mercedes testet bereits fürs 2016er Auto.

In den vergangenen WM-Läufen von Russland, USA und Mexiko standen die GP-Rennställe vor der Denksportaufgabe: Wie stimme ich ein Auto auf nasser oder feuchter Bahn ab, wenn es am Sonntag aller Wahrscheinlichkeit nach trocken sein wird? Hier in Brasilien haben wir eine Variante dieser Aufgabe: Wie wähle ich im Training von Freitag und Samstag bei heissem Wetter eine passende Abstimmung, wenn es am Sonntag dann zehn Grad weniger warm sein wird?

Die Wetterprognose sagt für heute Freitag und auch für den Quali-Samstag heisses Wetter vorher, mit der Einschränkung, dass es am Nachmittag zu Gewittern kommen könnte. In der Nacht auf Sonntag wird es dann markant abkühlen und nochmals regnen. Das wird der Haftkraft der Strecke nicht förderlich sein.

Von all dem liessen sich die Besucher in Interlagos nicht berirren: Sie freuten sich auf Action mit diesen Schwerpunkten – neuer Renault-Motor im Red Bull Racing-Renner von Daniel Ricciardo, neues Duell der Silberpfeile zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg. Üblicherweise ist Nico im langsamen, technischen Teil von Interlagos der schnellere Mann, Hamilton ist in den Highspeed-Passagen flotter unterwegs. In der Regel kommen dann fast identische Rundenzeiten heraus.

Die technische Entwicklung bei Mercedes ruht nicht: Die Weltmeister experimentieren mit einem Lufteinlass an der Unterseite des Monocoques und mit einem Auslass an der Oberseite (vor der Cockpitöffnung), einem so genannten S-duct.

Die Aerodynamiker streben damit einen Luftstrom an, der sich dichter an die Aussenhaut anschmiegt, und das wiederum verbessert die aerodynamische Effizienz. Pionier der Idee war Sauber, danach nutzte sie der geniale Adrian Newey bei einem Renner von Red Bull Racing. Dazu gabe es am Mercedes eine modifizierte Aufhängung.

Gerüchten im Fahrerlager zufolge soll die Funktion der vernetzten (aber 2014 verbotenen) vernetzten Aufhängung simuliert werden (des so genannten FRIC, front and rear interconnected).

Einige Technikexperten beteuern jedoch: Das sei gar kein S-duct, sondern das seien Versuche mit verschieden hohen Chassis – um herauszufinden, wie das die Sicht des Piloten beeinträchtigt. Berechtigter Einwand: Wenn dem so wäre, wieso dann ein Lufteinlass am Buckel auf der Chassis-Oberseite?

Erste Sorgenkinder: Blockierende Hinterradbremsen am Ferrari von Sebastian Vettel, weil die elektronisch gesteuerte Bremse nicht optimal arbeitete, und ein harmloser Dreher von Max Verstappen ausgangs des Senna-S, der ersten Kurvenkombination nach Start und Ziel.

Die Fahrer tasten sich an die Grenzen der Strecke heran. Dabei müssen sie bedenken: In einigen Kurven in der zweiten Kurve, aber auch im engen Pistensektor sind die Randsteine auf 50 Millimeter erhöht worden. Früher bretterten hier die Piloten sorgenfrei über die besonders flachen Randsteine, das ist jetzt nicht mehr möglich. Wer nun dort räubert, dessen Auto wird zu lebhaft, das ist einer gleichmässig wirkenden Aerodynamik abträglich. Die Fahrer müssen sich andere Linien einverleiben.

Kimi Räikkönen war in der ersten halben Stunde kaum auf der Bahn. Ferrari schickte ihn mit einem enormen Aero-Messrechen beim rechten Hinterrad auf die Bahn, um die Luftströmung zu messen, die der seit Austin verwendete neue Frontflügel erzeugt. Ohne Testfahrten sind die Rennställe gezwungen, solche Aero-Tests im freien Training zu fahren.

Das Bild nach einer halben Stunde: Die beiden Mercedes von Nico Rosberg und Lewis Hamilton auf Augenhöhe, Sebastian Vettel sechs Zehntelsekunden dahinter.

Sorgen bei Red Bull Racing nach gut 40 Minuten: Kühlprobleme am Wagen von Daniel Ricciardo (mit dem neuen Motor von Renault), also längere Reparatur, der Wagen von Daniil Kvyat auf Stelzen, weil der Wagen nach einem Versuch mit einem nicht näher spezifizierten Testteil wieder auf den alten Stand zurückgebaut wurde.

Nico Rosberg kam mit reichlich Schwung nach Brasilien: Vor einem Jahr hat er in allen Trainings Bestzeit gefahren und gewann von der Pole aus. Nun hat er vier Pole-Positions in Folge hinter sich (verblüffend: Lewis Hamilton war seit anfangs September in Monza nicht mehr auf Pole), dazu kam der Deutsche mit dem Hochgefühl des Mexiko-Siegs nach Brasilien.

Der frühere GP-Pilot Bruno Senna, für die britische Sky in Interlagos: «Ungeachtet dessen, was in den freien Trainings passiert – ich glaube, dass Mercedes vorne liegt und auch dass Ferrari gemessen an Williams die Oberhand behalten wird. Interlagos ist ein Chassis-Kurs, jeder weiss, dass Mercedes ein sehr gutes Chassis hat. Und ich halte den Ferrari auch in Sachen Reifenverschleiss einfach für das bessere Auto als den Williams.»

Kimi Räikkönen rutschte in Kurve 4 von der Bahn (am Ende der Gegengeraden), als ihm das Heck beim Anbremsen ausbrach, eierte aber mit viel Gefühl und ein wenig Glück durchs Kiesbett und konnte zur Box zurückkehren.

Der frühere GP-Pilot Heikki Kovalainen hatte angekündigt, dass das Feld – vielleicht mit Ausnahme von Leader Mercedes und von Nachzügler Manor-Marussia – dicht beisammen liegen würde. Tatsächlich: Sebastian Vettel mit 1:14,168 min Dritter, Marcus Ericsson mit 1:15,798 min auf Rang 18, also 16 Autos innerhalb von rund 1,5 Sekunden!

Schnellster schliesslich: Weltmeister Lewis Hamilton, knapp eine halbe Sekunde vor Nico Rosberg, dann Vettel, Ricciardo, Räikkönen, Kvyat, Bottas, Verstappen, Hülkenberg und Maldonado in den Top-Ten.

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