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«Robo Rob»: Wie Wickens mit seinem Schicksal umgeht

Von Andreas Reiners
Robert Wickens

Robert Wickens

Robert Wickens hat seinen Horrorcrash in der IndyCar-Serie mit Glück überlebt. Mit seinem Schicksal geht der 29-Jährige sehr offen und auch humorvoll um.

Der Humor ist beeindruckend. Erfrischend, dabei vor allem ungewöhnlich. In jedem Fall inspirierend. Witzig, klar, auch das. Aber gleichzeitig auch versehen mit einer nachdenklichen Note. Denn es ist durchaus eine Seltenheit, wie Robert Wickens mit seinem Schicksal umgeht.

Er macht das sehr offen, als Mutmacher. Als Vorbild. Als Blaupause, wie man Rückschlägen wohl am besten begegnen sollte: Humorvoll, positiv, energiegeladen, kampfeslustig. Motiviert.

Dabei hätte der Kanadier allen Grund zu hadern. Mit dem Schicksal. Mit dem Crash auf dem Pocono Raceway am 19. August 2018. Mit dieser einen Sekunde, in der alles schieflief, in der sich alles änderte. Als er mit Ryan Hunter-Reay kollidierte, sich die Boliden verhakten, sein Auto abhob, im Fangzaun einschlug und sich das Monocoque dabei unkontrolliert um die eigene Achse drehte.

Bilder, die schockierten. Bilder, bei denen schnell klar wurde: Wickens brauchte nicht nur einen Schutzengel. Der Kanadier überlebte, trug aber zahlreiche Verletzungen davon.

Was überraschte: Wickens geht sehr offen mit dem Crash und den Folgen um, und das von Beginn an. Die Öffentlichkeit wurde stets auf dem Laufenden gehalten und über Eingriffe oder Fortschritte informiert. Eine Transparenz, die ungewöhnlich war und ist.

Und manchmal auch weh tat und tut.

Denn wen es interessierte, für den gab es zum Beispiel auch eine komplette Liste der Verletzungen: Darauf befanden sich: Fraktur der Brustwirbelsäule, Verletzung des Rückenmarks, Fraktur im Halswirbelbereich, Schien- und Wadenbeinfraktur in beiden Beinen, Frakturen in beiden Händen, Fraktur des rechten Unterarmes, Fraktur des Ellenbogens, vier gebrochene Rippen und eine Lungenquetschung.

Heftig.

Doch es hat sich gezeigt, dass die Transparenz bitter nötig ist. Denn im Oktober musste er zahlreiche Spekulationen bremsen und richtigstellen. Beziehungsweise falsche Schlüsse.

Denn ja: Seine Verletzungen an der Wirbelsäule sind schwerwiegend, zwingen ihn in den Rollstuhl. Heißt: Der 29-Jährige kämpft zwar den schwersten Kampf seines Lebens, gibt aber nicht auf. Denn: Unheilbar ist die Verletzung nicht. Im Gegenteil: Er ist optimistisch, dass er eines Tages wieder gehen kann.

«Es gab niemals eine Bestätigung, dass ich für immer gelähmt bin», schrieb er in einem langen Statement. Wickens ist von der Brust abwärts gelähmt, das Rückenmark ist aber nicht vollständig durchtrennt, sondern verletzt worden. Wickens: «Menschen müssen nicht für immer querschnittsgelähmt sein. Die Rückenmarksverletzung ist unvollständig gewesen, weshalb die Nerven einen Weg zurück zu meinen Beinen finden könnten.»
Er habe bereits das meiste Gefühl zurück in seinen Beinen und auch ein paar Bewegungen seien möglich, so Wickens: «Es gibt also Hoffnung, dass ich innerhalb von 24 Monaten genug Bewegung zurückgewinne, dass ich wieder laufen kann. Die Zeichen sind vielversprechend.»

Sobald die Schwellungen in einigen Monaten abgeklungen sind, kann man besser erkennen, wie sich die Nerven erholen. Ein Kern der Botschaft: Keine Rückenmarksverletzung ist wie die andere, jede heilt anders, wie auch jeder Patient anders damit umgeht.

Begleitet und unterstützt wird er dabei von seiner Verlobten Karli Woods, die er während seiner DTM-Zeit auf Tinder kennenlernte. Woods, die als Cosplayer erfolgreich ist, hat Wickens verändert. Der einst oft mürrische Mercedes-Star wurde offener, freundlicher, bekam auch eine andere, ernsthaftere Einstellung zu seinem Job. Arbeitete nachhaltig an seiner Fitness.

Das Resultat: 2016 fuhr er lange um den Titel mit, 2017 verabschiedete er sich mit Gesamtplatz neun zu den IndyCars. Und rockte die Serie als Rookie mit starken Resultaten, ehe der Crash seine Saison abrupt beendete. Rookie des Jahres wurde er trotzdem, in der Gesamtwertung reichte es zu Platz elf, obwohl er die letzten drei Rennen verpasste.

Seit dem Crash sind seine Fans und Follower bei seiner Reha hautnah dabei. Wie er harte Tage durchsteht oder vermeintliche Selbstverständlichkeiten neu lernen muss, Fortschritte macht, versehen mit dem Hashtag «Robo Rob» oder wenn er gegen seinen Kumpel und Teamkollegen James Hinchcliffe ein Rollstuhl-Rennen im Krankenhaus veranstaltet.

Oder aber wenn er zwei Tage vor Heiligabend aus dem Nichts hohes Fieber bekommt, die unvorhersehbaren Seiten der Reha kennenlernt, nachdem er kurz zuvor weitere Fortschritte auf dem Lokomaten feiern konnte.

Es stellte sich heraus: Wickens hatte Streptokokken in seinem rechten Fuß. Dass er an Weihnachten noch aus dem Krankenhaus entlassen werden konnte, erfuhren die Fans dann wiederum durch seine Verlobte.

Die Gründe für das Vorgehen über die sozialen Medien sind vielschichtig. «Erstens: Ihr bleibt alle auf dem Laufenden! Zweitens: Es ist lehrreich», schrieb Woods auf ihrem Blog: «Für ihn ist es ein unglaubliches Gefühl, dass er ein positives Beispiel für jemanden da draußen sein kann.»

Die Positivität und die Inspiration der Fans sind unbezahlbar.

«Sogar nach einem harten Tag in der Reha, wenn wir uns kaputt fühlen, können wir ein Video posten und alle eure unglaublichen Kommentare lesen. Ihr würdet euch wundern, wie ein noch so kleiner Kommentar unseren Geist anheben kann», so Woods.

Sie verheimlicht gar nicht erst, wie schwer der Umgang für die beiden ist. Die Reha ist kein Zuckerschlecken. Sie müssen mit den Veränderungen klarkommen, sich immer noch an die Situation gewöhnen, das Schicksal akzeptieren, Rückschläge in Kauf nehmen, nach vorne schauen.

Am besten geht das offenbar mit ganz viel Humor.


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