Hervé Poncharal (KTM): «Habe volles Vertrauen zu KTM»

Von Günther Wiesinger
Red Bull-Tech3-KTM-Teambesitzer Hervé Poncharal ist von der Moto2-Performance seiner Fahrer Bezzecchi & Öttl bisher enttäuscht. Aber er setzt große Hoffnungen auf die neue KTM, die in Brünn kommt.

Das französischen Red Bull KTM Tech3-Team von Hervé Poncharal hat sich nach der Saison 2018 nach 20 Jahren von Yamaha getrennt und tritt in diesem Jahren in den Klassen Moto2 und MotoGP erstmals mit Material aus Österreich an. Aber sowohl in der Moto2-Klasse (Fahrer: Bezzecchi, Öttl) als auch in der MotoGP (Oliveira, Syahrin) wurden die Erwartungen bisher nicht erfüllt.

In der Moto2-Klasse sieht es trostlos aus: Philipp Öttl hat die letzten drei Rennen wegen des Freitag-Sturzes in Catalunya verpasst, er litt an einer Gehirnerschütterung und einem Schleudertrauma. Bezzecchi, 2018 Moto3-WM-Dritter auf der Prüstel-KTM mit drei GP-Siegen, hat mit Platz 10 im ausfallsreichen Rennen in Assen erst einmal gepunktet. Er ist WM-23. Dabei liegt Kalex-Pilot Enea Bastianini aus dem Italtrans-Team als bester Rookie mit 58 Punkten auf dem neunten WM-Rang.

Die bisherigen Chassis-Versionen von KTM waren 2019 nicht der letzte Schrei. Aber es zeichnen sich Fortschritte ab, denn Brad Binder fuhr mit neuen Teilen zuletzt in Assen und auf dem Sachsenring zwei zweite Plätze heraus. Für den GP von Tschechien (2. bis 4. August) werden einige neue Chassis an die Teams ausgeliefert.

«In der Moto2 haben wir bisher nicht die Ergebnisse erreicht, die wir im Winter erwartet haben», räumt Hervé Poncharal ein. «Aber wir sind zu KTM gewechselt, und ehrlich gesagt, ich habe viel Freude an der Zusammenarbeit mit den KTM-Leuten. Wir sind in der Moto2 auf einige Schwierigkeiten gestoßen. Aber deswegen geht die Welt nicht unter, wir befinden uns immer noch in der ersten Saisonhälfte 2019. Positiv ist, dass wir Brad Binder zuletzt zweimal auf dem Podium gesehen haben. In Sachsen hatte er am Freitag Bestzeit. Er testete neue Komponenten. Sein Motorrad war also ein Hybrid zwischen dem, was wir bisher hatten und dem, was wir im August bekommen werden. Ich habe keine Ahnung, auf welchen Level die neuen Chassis sein werden, mit denen wir in Brünn fahren werden. Aber ich habe Vertrauen zu KTM und bin überzeugt, dass sie schlagkräftiges Material liefern werden.»

KTM baute für Le Mans in einem Schnellschussverfahren drei neue Chassis, mit dem aber insgesamt keine Fortschritte erzielt wurden. In Mugello kam kein einziger KTM-Fahrer in das Q2.

Normalerweise werden bei KTM die Red Bull-Teams Ajo (Binder, Martin) und Tech3 vorrangig beliefert. Im Mai und Juni wurde das neue Chassis auch an Jake Dixon (SAMA Qatar Team) und Iker Lecuona (American Team) verabreicht, um die Kundenteams zu motivieren und gleichzeitig mehr Feedback zu bekommen. Bezzecchi verwandelte sein neues Chassis frühzeitig in Schrott.

«Für uns war eines eine großartige Erleichterung und Belohnung, als Bezzecchi in Assen auf Platz 10 gefahren ist», sagt Poncharal. «Endlich hatten wir die ersten Moto2-Punkte gesammelt. Für mich war es unglaublich, dass wir mit einem Fahrer als ‚offizielles‘ KTM-Team nach sieben Rennen mit beiden Fahrern noch punktelos dastanden. das war schwer zu verstehen. Aber die Situation lässt sich nicht ändern. Man sieht, wie konkurrenzfähig die Moto2-Klasse geworden ist, es geht sehr eng zu. Wir sind aber nach dem Assen-GP nicht ins Träumen gekommen, denn wir wussten, wir haben dort von etliche Ausfällen profitiert. Trotzdem war das ein willkommener Erfolg für die Moral des Teams und für den Kopf des Fahrers.»

«Wir müssen emsig weiterarbeiten. Aber wenn ich die jüngsten Performances von Brad Binder und Jorge Martin aus dem Ajo-Team anschaue, bin ich ziemlich sicher, dass wir ab Brünn ein konkurrenzfähiges Motorrad haben werden. Wir sind ja nie hoffnungslos weit zurück gewesen. Lecuona hat nicht das neueste KTM-Chassis und wäre in Sachsen fast aufs Podest gefahren. Er war bei deutschen WM-Lauf am Freitag an dritter Position.»

Am neuesten KTM-Moto2-Chassis arbeitet auch der Spanier Xavi Soldevila mit, der eigentlich Leiter des MotoGP-Testteams ist, aber früher bei FTR schon Sieger-Chassis für die Moto3 und Moto2 gebaut hat.

«Ich muss sagen, dass Pit Beirer und alle KTM-Techniker neuen Ideen und Vorschlägen sehr offen gegenüber stehen. Deshalb bin ich überzeugt, dass für die zweite Saisonhälfte eine gute Lösungen gefunden wird.»

Inzwischen hat Poncharal wieder frischen Mut geschöpft. Aber zwischendurch war ihm der Frist über das Moto2-Geschehen anzusehen. In Le Mans sah er sich das Rennen nicht einmal in der Tech3-Box an, sondern an der Kaffeebar der Red Bull Energy Station. «Ja, ich war bei diesem Rennen ziemlich verärgert. Denn wir waren fast an letzter Stelle. Ich habe meinen Leuten dort gesagt: ‚Gut, wir haben momentan nicht das schlagkräftigste Motorrad in dieser Klasse.‘ Und KTM hat das eingestanden, sie haben offen gesagt, das bei der Chassis- Entwicklung Fehler passiert sind. Sie haben sich entschuldigt und versprochen, den Fehler auszumerzen. Und ich habe immer gedacht, am Ende des Tages haben wir in der Moto2 immerhin eine eigene KTM-Wertung. Und wir waren mit unseren Fahrern immer weit hinten. Klar, das Motorrad musste verbessert werden. Aber wir waren auch in der KTM-Wertung hinten. Deshalb habe ich verlangt, dass sich auch unsere Fahrer verbessern. Denn ich wollte verhindern, dass unsere Fahrer und das Team in eine Spirale der Verzweiflung gefangen wird. Auch wenn das Material nicht optimal funktioniert, musst du pushen. Du darfst nicht sagen. ich kann mit diesem Bike nichts ausrichten und dich zur Ruhe legen. Du musst zu jederzeit pushen und das Maximum herausholen. Und das gefällt mir an Brad Binder so besonders. Auch Jorge Martin und Iker Lecuona geben nie auf, sie machen Druck, sie riskieren etwas. Und je schneller du fährst, desto bessere Informationen kannst du den Ingenieuren liefern. Als Effekt bekommst du eine bessere technische Unterstützung. Wenn KTM von einem neuen Teil nur ein Exemplar hat, dann bekommt es der schnellste KTM-Fahrer. Das ist klar. Und wenn du der drittschnellste Fahrer von KTM bist, kriegst du neue Teile, sobald es drei davon gibt.»

Aber die Moto2-Rookies von Tech3 konnten auf Grund der mangelnden Erfahrung auch zur Entwicklung wenig beitragen. «Als Rookie ist es oft schwer zu verstehen, ob ein neues Teil besser ist oder nicht.»

Moto2
 Ergebnis, Sachsenring:

1. Alex Márquez. 2. Binder. 3. Schrötter. 4. Di Giannantonio. 5. Lüthi. 6. Fernandez. 7. Baldassarri. 8. Navarro. 9. Martin. 10. Marini. Ferner: 17. Folger. 20. Aegerter. 24. Tulovic.

WM-Stand nach 9 von 19 Rennen:

1. Alex Márquez 136. 2. Lüthi 128. 3. Fernandez 102. 4. Baldassarri 97. 5. Navarro 97. 6. Schrötter 97. Ferner: 19. Aegerter 12. 28. Tulovic 3. 30. Raffin 3.

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