GP-Nachwuchs: Alle Wege führen in die Königsklasse?

Kolumne von Michael Scott
Serien wie der Red Bull Rookies Cup liefern den Großteil des GP-Nachwuchses

Serien wie der Red Bull Rookies Cup liefern den Großteil des GP-Nachwuchses

Mittlerweile gibt es viele für den Weg in die MotoGP-WM maßgeschneiderte Nachwuchsserien, doch wenn ein Fahrer einmal den «falschen Weg» eingeschlagen hat, gibt es kein Zurück mehr.

Ich bin mir nicht sicher, wie sich Yamaha-Superbike-Pilot Michael van der Mark nun fühlt. Der 25-jährige Niederländer war enttäuscht, als der geplante MotoGP-Einsatz als Ersatzfahrer für den verletzten Valentino Rossi beim Aragón-GP ins Wasser fiel. Rossi war nach seinem Schien- und Wadenbeinbruch schneller fit als erwartet. Daraufhin wurde van der Mark ein Test mit der M1 versprochen. Doch stattdessen durfte er tatsächlich zwei MotoGP-Rennwochenenden bestreiten, da er erkrankte Jonas Folger im Tech3-Team fehlte.

Van der Mark zog sich nicht schlecht aus der Affäre, obwohl er keine Punkte erzielte. In Sepang verpasste er die Punkteränge als 16. nur knapp, in Valencia fehlten ihm zwei Positionen. Und das auf dem kraftvollsten und elektronisch komplexesten Bike, das er je gefahren hat, auf ihm unbekannten Reifen und in einem sehr konkurrenzfähigen Feld voller MotoGP-Veteranen.

Vor einigen Jahren hätte das einmal die Eintrittskarte in die Königsklasse bedeutet. Aber jetzt nicht mehr.

Nur wenige Monate zuvor ereignete sich bereits ein anderer Schlag im Todesgeläut seiner GP-Ambitionen und denen von anderen seiner Art, die sich in der Superbike-WM oder der Britischen Meisterschaft Hoffnungen machen.

Es war das Selektionsevent für den neuen British Talent Cup, wo 22 Fahrer im Alter zwischen 11 und 16 Jahren aus 100 Bewerbern ausgewählt wurden, um die erste Stufe in Richtung GP-Sport zu erklimmen.

Der British Talent Cup ist wie der Asia Talent Cup und der Red Bull Rookies Cup auf der Suche nach neuen Talenten. Die Kids fahren Moto3-Bikes. Diese Förderung ist mittlerweile fast weltweit wirksam, allerdings fehlen meist Talente aus Afrika und Amerika.

Die Absenz der USA bei solchen Initiativen wurde auch durch den Zusammenbruch der nationalen Serien nach dem AMA-Aus verursacht. Es gab einen AMA US Red Bull Rookies Cup, aber er wurde 2009 beendet. Das geschah im Schatten eines fatalen Unfalls im Vorjahr, der jedoch nicht notwendigerweise der wahre Grund war.

Beim Neustart für die Amerikanische Meisterschaft mit MotoAmerica wurde eine maßgeschneiderte Klasse eingeführt, die Nachwuchsfahrer fördern sollte. Der KTMRC390 Cup ist eine globale Angelegenheit mit einem internationalen Finale für die nationalen Top-Fahrer. Doch sie treibt die Karriere der Fahrer eher Richtung Supersport- und Superbike-WM statt in den GP-Sport.

Und nun sehen wir uns die Teilnehmerlisten für die GP-Klassen an. Wie viele Fahrer kamen durch den Red Bull Rookies Cup in die WM? Sehr viele. Es ist einfacher, nur die aufzuzählen, die bereits Weltmeister wurden: Johann Zarco, Danny Kent, Brad Binder und Joan Mir. Viele andere GP-Sieger gingen denselben Weg. Und nur zwei der erfolgreichen MotoGP-Piloten kamen nicht auf einem der üblichen Wege in die Königsklasse: Cal Crutchlow und Danilo Petrucci.

Auch vor dem Rookies Cup, als sich Dornas Blick auf die Welt noch auf die Iberische Halbinsel konzentrierte, entwuchsen zwei Weltmeister einem spanischen Nachwuchsprojekt, das von 500-ccm-Sieger Alberto Puig geleitet wurde: Toni Elias und Dani Pedrosa. Sie waren Vorbild für alle, die noch folgen sollten. Ebenfalls unter Puigs Leitung.

Es ist nicht lange her, als spätere GP-Champions noch aus nationalen Meisterschaften in den GP-Sport kamen und schon zu diesem Zeitpunkt ein hohes Level erreicht hatten. Das schließt auch das vergangene goldene Zeitalter der Amerikaner ein: von Kenny Roberts und Randy Mamola zu Eddie Lawson, Wayne Gardner und Kevin Schwantz. Der letzte GP-Weltmeister aus dem USA, Nicky Hayden, bekam seinen Platz im Honda-Werksteam der MotoGP-WM als Belohnung für seinen US-Superbike-Titel. 2006 holte er dann die MotoGP-Krone, obwohl er nicht durch die kleineren GP-Klassen und ein maßgeschneidertes Nachwuchsförderungsprogramm in die Königsklasse kam.

Ich will nicht sagen, dass die Fahrer früher nicht auch in einem lächerlich jungen Alter mit dem Rennfahren angefangen hätten. Das ist schon lange Zeit üblich – nicht nur im Motorsport. Das trifft auch auf andere Sportarten zu. Übung macht den Meister. Jorge Lorenzo wurde zuhause von seinem Vater unterrichtet, der nun seinen eigenen Racing-Kindergarten leitet. Neben dem Fahren wurde ihm auch beigebracht, wie er Auszeichnungen auf dem Podest annimmt und sich gegenüber Medienvertretern verhält.

Der Unterschied ist das extreme Level und die professionelle Organisation.

Wenn du nun nicht in eine dieser Akademien kommst, bevor du ein Teenager bist, ist der Zug abgefahren. Zumindest, was die MotoGP-WM betrifft. Du wirst dann eher in der Superbike-WM landen, von der es mittlerweile keinen Weg mehr zurück gibt.

Kurz gesagt: Wenn du alt genug bist, um diesen Text lesen zu können und noch in keinem GP-Nachwuchsprojekt bist, dann ist es wohl schon zu spät.

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