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KTM in der MotoGP: «Kein Himmelfahrtskommando»

Von Günther Wiesinger
Als sechster Hersteller steigt KTM 2017 in die MotoGP-WM ein. Nach Platz 17 beim Australien-Test durch Pol Espargaró sagt Rennchef Pit Beirer: «Unsere Richtung stimmt.»

In der KTM-Rennabteilung in Munderfing/Oberösterreich wurde heute das Red Bull MotoGP-Werksteam mit den Piloten Pol Espargaró und Bradley Smith vorgestellt. Pit Beirer, Motorsport Director bei KTM, unterschätzt die Anforderungen in der Königsklassse nicht.

Obwohl KTM als einziger von sechs MotoGP-Herstellern einen Gitterrohrstahlrahmen benützt und WP Suspension, die gesamte Konkurrenz vertraut auf Federelemente von Öhlins.

Pit, euer Technical Director Kurt Trieb hat beim Malaysia-Test gemeint, die MotoGP-WM sei eine Materialschlacht. Bei KTM wurden in eineinhalb Jahren schon 16 oder 17 Rahmenversionen eingesetzt. Ist der Aufwand in der Königsklasse schlimmer als befürchtet? Es geht jedenfalls anders zu als in der Moto3?

Wir haben sicher schon viele Chassis hergestellt für das Testteam und die Werksfahrer. Aber ich würde es jetzt nicht als Materialschlacht benennen. Obwohl es stimmt – der Aufwand kennt halt keine Grenzen.

Du hast wunderschönes neues Material dastehen, du fährst zum Test, und eine Woche später müssen die Teile alle eingesetzt werden. Was vor einer Woche noch wunderschönes neues Material war, ist dann veraltet und wird in die Ecke gestellt. Es geht schon eine Wahnsinnsmenge an Material drauf, sodass man die MotoGP in keiner Weise mit der Moto3 vergleichen kann.

Teammanager Mike Leitner meinte, man könne die unterschiedlichen Rahmen auch verschieden kombinieren.

Ja, denn bei uns ist die Entwicklung noch sehr jung. Wenn der Fahrer einen Wunsch äußert, dann setzen wir das um, es wird besser. Dann hast du ein Chassis mit einem besseren Handling, das andere hat aber einen besseren Grip am Hinterrad gehabt. Wenn beide Rahmen einen gewissen Vorteil haben, versucht man diese Lösungen zu kombinieren. Somit erfolgt der Schritt zum nächsten Chassis.

Solange wir nicht ganz vorne dabei sind, haben wir Potenzial für Verbesserungen. Mit jedem Schritt nach vorne kommen neue Erkenntnisse, dann fahren wir heim, haben neue Ideen, die Arbeit geht von vorne los.

Das ist jetzt ein stetiger Kreislauf, aber für das haben wir uns aufgestellt. Darauf ist die Mannschaft zuhause vorbereitet. Wenn ein Anruf vom Australien-Test kommt, muss die Mannschaft daheim etwas umsetzen, damit wir in drei Wochen auch beim Katar-Test wieder neue Teile probieren können.

Die Aerodynamik bleibt nach dem Winglets-Verbot ein interessantes Thema. Manche Teams experimentieren mit innen liegenden Flügeln. Aprilia bemüht sich um mehr Anpressdruck am Vorderrad, deshalb sind auf der neuen Verkleidung zusätzliche Luftschächte zu sehen. Laut Ing. Trieb wird es bis zur Saisonmitte dauern, bis KTM so etwas entwickelt haben wird.

Naja, wir arbeiten natürlich auch an aerodynamischen Aspekten, aber zuerst einmal natürlich an den klassischen Teilen. Wir wollen uns momentan nicht mit innenliegenden Flügeln verzetteln. Wir wollen das Motorrad zuerst einmal mechanisch sauber hinkriegen, damit es von dieser Seite her einmal perfekt funktioniert und eine normale, vernünftige Aerodynamik hat.

Das sind momentan unsere Hauptaufgaben. Mit den allerletzten Details, da geht es dann um die letzten zwei Zehntel, befassen wir uns später. So weit sind mir momentan noch nicht... Das muss man ganz klar zugeben.

In Australien hat man gesehen, dass die besten Zeiten mit ganz normalen Verkleidungen gefahren wurden. Somit ist noch nicht bewiesen, was diese innen liegenden Schächte bringen werden.
Deshalb haben wir momentan noch andere Prioritäten, muss ich ganz ehrlich zugeben.

KTM-Teammanager Mike Leitner hat erwähnt, dass man mit schwarzen Tagen rechnen müsse, schließlich muss das Team auf sechs Strecken auftreten, ohne vorher getestet zu haben – in Austin, Las Termas, Barcelona, Assen, auf dem Sachsenring und in Motegi.

Ja, aber wir waren auch in Australien neu und haben uns dort jetzt beim Test ganz ordentlich aus der Affäre gezogen. Für mich gäbe es nur schwarze Tage, wenn sich Fahrer verletzen. Alles andere sind für mich technisch lösbare Aufgaben.

Es wird für uns noch ein Auf und Ab geben in nächster Zeit, das ist doch ganz klar. Die Performance in Australien war jetzt einmal sicherlich ein positives Highlight. Da wird es auch schlechtere Tage geben.

Aber die müssen ja dann nicht gleich ganz schwarz sein.
Ich bin jetzt auch stolz auf die Mannschaft zuhause und auf das Rennteam, weil einfach die richtigen Schritte gesetzt werden. Es ist bei der vielen Arbeit eine klare Linie erkennbar, die Fahrer haben immer noch sehr viel Vertrauen ins Projekt und ins Motorrad; es geht bei den Rundenzeiten in die richtige Richtung.
Darum werden wir genau so weiterarbeiten.

Mir fällt auf, dass KTM im MotoGP-Paddock viel Respekt und Anerkennung entgegen gebracht wird. Ihr habt eine schlagkräftige Mannschaft zusammengestellt, mit Spezialisten in allen Bereichen.

Ja, ich traue mich solche Urteile jetzt nicht zu fällen. Aber wir haben uns links und rechts viel angeschaut. Jetzt können wir nur versuchen, unseren Weg so gut wie möglich weiter zu beschreiten. Wir bemühen uns in allen Bereichen um die bestmögliche Qualität und versuchen, bei diesem Schritt in die MotoGP-WM möglichst viel richtig zu machen.

Es ist auch mein Anspruch, die Firma hier nicht in ein Himmelfahrtskommando zu führen, sondern diese Aufgabe mit Plan und Ziel abzuwickeln.

Ob wir das jetzt besser oder schlechter machen als manche Mitbewerber, dieses Urteil werden dann andere über uns fällen.

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