Gigi Dall’Igna: «Muss zuerst Organisation verbessern»

Von Günther Wiesinger
Test in Valencia: Crutchlow, Dall´Igna und Sportdirektor Ciabatti

Test in Valencia: Crutchlow, Dall´Igna und Sportdirektor Ciabatti

Gigi Dall’Igna, der neue General Manager von Ducati Corse, hat ein Himmelfahrtskommando übernommen. Er steht vor verschiedenen Baustellen.

Seit einer Woche schaut sich der langjährige Aprilia-Rennchef Gigi Dall’Igna bei Ducati Corse in Borgo Panigale bei Bologna um. Heute hat er seinen ersten Arbeitstag für die Roten an der Rennstrecke absolviert.

Er hat bereits eine grosse Baustelle bei Ducati ausfindig gemacht. Der 11. November war der erste offizielle Arbeitstag von Dall’Igna als General Manager bei Ducati Corse. «Zuerst möchte ich mich beim Management von Ducati und Audi bedanken, dass sie mir diese einmalige Gelegenheit gegeben haben», erklärte er. «Das wird eine grosse Herausforderung für mich. Ich habe fast mein ganzes bisheriges Berufsleben bei einem anderen Hersteller verbracht. Jetzt hat praktisch ein neues Leben für mich begonnen. Ich weiss, dass mich keine einfache Aufgabe erwartet. Denn Ducati hat zwei oder drei sehr schwierige MotoGP-Jahre hinter sich. Wir müssen also viel ändern, und wir werden uns alle Bereiche anschauen, damit wir in absehbarer Zeit positive Auswirkungen sehen.»

Gigi, was ist dir bei Ducati Corse als erstes aufgefallen? Du bist mit der ganzen Organisation nicht einverstanden?

Ich habe hier im Paddock bereits gesehen, dass bei Ducati zwei getrennte Abteilungen mit der MotoGP-WM befasst sind. Auf der einen Seite die Gruppe mit dem Racing Team, das an der Rennstrecke arbeitet. Parallel dazu existiert eine Technikergruppe in Bologna.
Meine erste Aufgabe wird sein, diese beiden Gruppen miteinander zu verknüpfen. Die Informationen müssen künftig viel schneller von der Rennstrecke ins Werk gelangen. Diese beiden Arbeitsbereiche müssen konstant kurzgeschlossen werden. Nur dann lässt sich das Motorrad in kurzer Zeit verbessern.
Der erste Schritt wird also sein, bei Ducati Corse die Organisation zu restrukturieren. Ich werde danach trachten, dass die GP-Techniker alle eine bedeutende Aufgabe innerhalb von Ducati in Borgo Panigale erhalten.
Es muss einfacher werden, die Informationen zwischen diesen beiden Gruppen hin- und herfliessen zu lassen.

Wie hast du die Ducati-Performance während deiner Aprilia-Zeit als Aussenstehender beurteilt?

Ich bin Techniker. Ich bin gewöhnt, mich tief in die Materie zu stürzen, bevor ich Antworten gebe. Deshalb ist es schwierig für mich, als Aussenstehender dazu eine Antwort zu geben.

Ist es denkbar, dass du in absehbarer Zeit vom Alu-Chassis wieder abweichst und zum Karbon-Monocoque zurückkehrst?

Das hat jedenfalls absolut keine Priorität. Ducati hat im Rennsport generell viel Erfahrung. Nicht nur bei der Elektronik und beim Motor, sondern auch im Chassis-Departement.
Die Ducati-Techniker arbeiten auf hohem Niveau. Aber natürlich müssen wir uns auch im Chassis-Bereich verbessern. Aber die Basis für unser 2014-Chassis wird das jetzige Fahrwerk sein.
Wenn ich in drei oder vier Jahren einmal auf die Idee komme, wir brauchen ein anderes System als die Mitbewerber, können wir uns das Karbon-Monocoque wieder anschauen. Warum nicht? Jetzt sicher nicht.
Klar ist, dass wir alle das Ziel haben, Ducati wieder dorthin zu bringen, wo diese Marke hingehört.
Wir werden den jetzigen Problemen auf den Grund gehen und dann überlegen, welche Lösungen sinnvoll erscheinen.

Hast du Einfluss gehabt auf das Fahrerduo für 2014?

Nein, ich bin erst seit ein paar Tagen bei Ducati tätig.
Ich kann aber sagen, dass ich schon lange mit Andrea Dovizioso zusammenarbeiten wollte. Schon bei meinem alten Arbeitgeber. Deshalb bin ich wirklich froh, dass er jetzt mit mir zusammen das Motorrad weiterentwickeln wird, damit wir die Resultate erreichen, die von uns erwartet werden.
Cal Crutchlow kenne ich nicht sehr gut. Er ist über die Superbikes in die MotoGP-Klasse gekommen. Er hat sich 2013 enorm gesteigert. Deshalb bin ich glücklich, dass er sich dem Ducati-Team angeschlossen hat.

Ist das organisatorische Problem bei Ducati grösser als das technische?

Wir müssen in beiden Bereichen Fortschritte erzielen. Eines ist klar: Wenn die Organisation nicht perfekt ist, kannst du auch die technischen Probleme nicht lösen. Deshalb werden wir uns zuerst mit der Organisation befassen, dann nehmen wir uns das Motorrad vor.

Du hast dir den Wechsel zu Ducati lange überlegt. Welches Argument hat dich am Schluss überzeugt?

Ich habe in der Vergangenheit viel gewonnen, mit den 125ern, 250ern, mit den Superbikes. In der MotoGP-WM habe ich überhaupt keine Resultate vorzuweisen. Da bin ich ein unbeschriebenes Blatt. Deshalb will ich endlich auch in der MotoGP etwas gewinnen.
Die einzige Chance dazu habe ich bei Ducati. Das ist ein Unternehmen mit viel Knowhow, das wirklich in der MotoGP etwas gewinnen will.
Ducati ist der einzige Hersteller, der zu MotoGP-Erfolgen fähig ist.

Wird die Ducati GP14 eine Evolution der GP13 darstellen? Und wann werden wir die Handschrift von Gigi Dall’Igna an der Desmosedici sehen?

Wir werden zuerst einmal das existierende Motorrad verbessern. Aber das Motorrad, das man am 4. Februar beim Sepang-Test sehen wird, wird komplett anders aussehen.
Wenn wir in Zukunft etwas ganz anderes produzieren müssen, werden wir davor nicht zurückschrecken.

Wie werden die Prioritäten zwischen MotoGP und Superbike-WM verteilt sein?

Die MotoGP ist die wichtigste Rennserie der Motorrad-Welt. Deshalb möchten wir hier die Ergebnisse so rasch wie möglich verbessern. Anderseits spielen die Superbikes in der Ducati-Historie eine bedeutende Rolle. Wir werden also auch dort etwas verbessern. Priorität geniesst aber die MotoGP.

Es gab viele verschiedene neue Chassis-Versionen in den vergangenen zwei Jahren. Vom Motor wurde nie viel geredet. Ist er auch verbesserungsfähig?

Meine Erfahrung sagt mir, dass wir uns alle Teile, die in diesem Motorrad stecken, zur Brust nehmen müssen.
Sicher sieht es so aus, als sei das grösste Problem das Chassis. Aber es wird auch jede Verbesserung beim Motor höchst willkommen sein.

Wird die Desmodromik unantastbar bleiben? Ohne dieses System könnte der Motor kompakter werden?

Für mich ist die Desmodromik ein gutes System. Ich sehe keinen Grund, daran etwas zu ändern.

Dein Vorgänger Bernhard Gobmeier hat im Januar gesagt, er werde eine Evolution der Desmosedici durchführen. Ist es jetzt Zeit für eine Revolution? Und wirst du Techniker von Aprilia zu Ducati holen?

Wenn man über Leute redet, muss man vorsichtig sein. Wir reden hier über Menschen, nicht über Sachen. Wenn es eines Tages nötig erscheint, werden wir uns verstärken. Aber ich kenne auch gute Leute, die nicht bei Aprilia arbeiten.
Ausserdem: Ich habe bei Ducati viele Techniker mit einem profunden Wissen angetroffen.

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