Yamaha steht vor Einigung mit neuem Kundenteam

Ducati muss bleiben!

Kolumne von Gordon Ritchie
Ducati-V2 1198: Keine ist näher an der Serie dran

Ducati-V2 1198: Keine ist näher an der Serie dran

Ducati muss trotz dem Engagement von MotoGP-Star Valentino Rossi auch in der Superbike-WM mit einem Werksteam antreten.

Viele sagten, dass es nie passieren wird. Doch Valentino Rossi, der ein einzigartiges Gespür für die geschichtlich relevanten Zusammenhänge im Motorradrennsport besitzt, hat entschieden, dass der Wechsel zu Ducati der richtige Schritt für ihn ist. Seine Wahl gibt ihm die Chance auf noch mehr Erfolg, auf noch mehr Ruhm. Und gleichzeitig unterstreicht der 31 Jahre alte Italiener mit roter Tinte, wie viele Risiken er auf sich zu nehmen bereit ist, wenn es darum geht, in der Hall of Fame des Motorradsports eine Art Götterstatus zu erreichen. Dafür braucht er das rote Motorrad, das aus Italien stammt wie er selbst.

Für ein italienisches Team zu fahren ist hingegen für Rossi nichts Neues. Mit Aprilia gewann er zu Beginn seiner Karriere je einen WM-Titel in der 125er- und in der 250er-Klasse.

Ausserhalb des MotoGP-Paddocks stellt sich aber die Frage: Was passiert mit Ducatis Xerox-Superbike-WM-Team?

Sowohl Michele Fabrizio als auch Noriyuki Haga wurde bereits nach den Rennen in Silverstone mitgeteilt, dass man ihre Dienste 2011 nicht mehr benötige. Hinzu kommt, dass die Ducati in Sachen Topleistung dieses Jahr nicht mit den besten Vierzylindern mithalten konnten und die Italiener deshalb eine Änderung des Regelwerks beantragten. Das erfolgreichste Superbike-WM-Team der Geschichte ist in einer schwierigen Lage. Zumal das private Althea-Ducati-Racing-Team mit Carlos Checa in der WM besser klassiert ist.

Bisher haben die Ducati-Bosse ihre Absicht bekräftigt, dass man 2011 in der Superbike-WM weiterhin werksseitig vertreten sein wird. Doch hundertprozentig bestätigt sind diese Absichtserklärungen noch nicht.

Das grosse Problem für einen, global betrachtet, kleinen Motorradhersteller wie Ducati, der vorwiegend hochwertige Sportmotorräder im oberen Preissegment produziert: Brechen die Verkäufe ein, wenn man das Topmodell 1198 nicht mehr werksseitig im Rennsport auf WM-Ebene einsetzt?

Bereits dieses Jahr haben die ungenügenden Resultate von Haga und Fabrizio die Bedingungen an der Verkaufsfront beeinflusst. Es könnte also sein, dass Ducati voll auf den Rossi-Faktor setzt, dass die ausbleibenden Impulse von der Superbike-WM durch die Publicity-Flut aus der MotoGP-Szene mehr als ersetzt werden. Tatsache ist, dass bei Yamaha die Verkäufe stiegen, als Rossi Ende des Jahres 2003 von Honda zu ihnen wechselte.

Man sagt, dass der Erfolg in der MotoGP-Szene das Markenimage stärkt, während Erfolge in der Superbike-WM die Verkäufe des jeweiligen Modells ankurbeln. Diese mehrheitlich anerkannte Theorie könnte auch bei Ducati die Entscheidungen über die weitere Zukunft stark beeinflussen.

Ducatis Markenimage leuchtet bereits heute wesentlich heller, als es die realen Verkäufe an Serienmotorrädern vorgeben. Das Engagement von Rossi wird diese Tatsache noch verstärken. Doch Ducati muss Motorräder verkaufen, um zu überleben, denn die Italiener sind im Unterschied zu fast allen Konkurrenten kein multinationales und in diversen Sparten tätiges Unternehmen.

Marlboro als Sponsor wird wahrscheinlich die Gage von Rossi bezahlen. Und der Zigarettenhersteller wird wie bisher auch einen grossen Teil der Kosten des Renneinsatzes übernehmen. Hinzu kommen Einnahmen aus dem T-Shirt-Verkauf und dem Marken-Merchandising.

Doch die Tatsache bleibt: Ducati ist ein Hersteller, der Motorräder baut und verkauft. Grosse Motorräder mit V2-Motoren.

Deshalb wäre es mehr als ungeschickt seitens Ducati, wenn man alles auf die Karte Rossi setzen würde und nur noch Imagewerbung für die Marke betreiben würde. Denn ein wirklicher Zusammenhang zwischen Rossis zukünftiger GP11 von 2011 mit 800ccm-V4-Motor und den Serienprodukten ist, selbst bei aller Liebe zu den italienischen Rennern, schwer auszumachen.

Aprilia und BMW machen es vor: Die Italiener siegen mit der RSV4 in der Superbike-WM, und die Deutschen haben mit der S 1000 RR vorzeitig die FIM Superstock-1000-Klasse gewonnen. BMW hat diesen Triumph mit einem Motorrad geschafft, das im Fachgeschäft nicht viel mehr kostet als ein Superbike von Honda, Kawasaki oder Yamaha. Der Fan hat also heute bereits die Wahl zwischen zwei Vierzylinder-Motorrädern nicht-japanischer Herkunft.

Wir können so viel über Rossi reden, wie wir wollen, über seine neue Herausforderung, seinen immer stärkeren Gegner Lorenzo und den langsam wieder in Fahrt kommenden Stoner, und natürlich über Ducatis Willen, die Vorherrschaft der Japaner auf der obersten Stufe im Rennsport wieder zu brechen. Aber es wäre ein äusserst gefährliches Spiel, wenn die Italiener nicht mehr mit ihrem seriennahen V-Zweizylinder in der Superbike-WM antreten würden.

Eines Tages wird Rossi zurücktreten, aber Ducati wird dann immer noch Zweizylinder bauen. Der Link zwischen Desmo-Strassenmotorrad und echtem Rennmotorrad war noch nie so offensichtlich wie heute. Das Verbot von exotischen Materialien in der Superbike-WM hat die Distanz zwischen Serien- und Race-Bike mit 1200-ccm-V2-Motor geringer gemacht als je zuvor. Kein anderer Hersteller kann von sich behaupten, in dieser Beziehung noch näher dran zu sein.

Zusammenfassend: Die Publicity und das Wohlwollen für Ducati seit der Bekanntmachung des Rossi-Deals sind riesig. Und das Image der Roten wird noch mehr glänzen, falls der Superstar tatsächlich wieder gewinnen sollte. Aber das sollte Ducati nicht blenden und davon abhalten, sich weiterhin zu den Wurzeln zu bekennen – und das sind nun mal Hochleistungs-V2-Superbikes, wie sie kein anderer Hersteller dieser Welt zu bieten hat.
 

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