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Rücktritt Anthony West: «Ich wünschte mir zu sterben»

Von Günther Wiesinger
Der Australier Anthony West wurde vom Motorrad-Weltverband FIM mehrfach wegen Doping gesperrt, der 37-Jährige wich in die Brasilianische Meisterschaft aus. Jetzt wettert er, die FIM habe ihm auch dort den Job zerstört.

Der Australier Anthony West wurde wegen eines Dopingvergehens im September 2018 von der FIM gesperrt. Er wich dann in die Brasilianische Superbike-Meisterschaft aus. Doch jetzt hat der manchmal verhaltensauffällig gewordene «Aussie» alle Stricke zum Weltverband zerschnitten. Auf Facebook postete «Ant» den Hashtag «#fuckyouFIM».

Der GP-Sieger ging mit dem ominösen «F»-Wort in seiner wortreichen Erklärung nicht gerade sparsam um. West: «Ich bin durch mit diesem Sport!!! Ihr werdet mich in meinem ganzen Leben nie wieder auf einem Motorrad sehen. Ihr Hunde von der FIM, ihr habt gewonnen.»

«Westy» sprach im Zusammenhang mit der FIM von ‚low shit people‘, die nichts mit dem Sport zu tun haben sollten. Er warf dem Weltverband vor, er habe Druck gemacht, sodass er jetzt auch noch seinen Vertrag mit Kawasaki in Brasilien verloren habe.

West: «Die FIM hat mein Leben oft zerstört. Sie haben mich in eine Depression gestürzt, die ging so weit, dass ich mir gewünscht habe, ich würde sterben. Ich habe genug und mache die ‚bullshit games‘ der FIM nicht mehr mit. Verdammte FIM.»

Dann ergänzte Anthony West: «Es tut mir leid für alle Fans, die mich seit 1999 unterstützt haben, als ich erstmals in der Weltmeisterschaft mitgefahren bin. Ich liebe euch alle!!!»

Anthony West machte auch als Mittdreißiger bei seinen Auftritten in der Supersport-WM in den letzten drei Jahren immer wieder eine gute Figur. 2018 beendete er die WM als Gesamtzehnter mit drei sechsten Plätzen als beste Ergebnisse. 2017 wurde er WM-Achter mit drei dritten Plätzen, auch 2016 eroberte er einen dritten Platz in der SSP-WM.

Doch «Ant» West wurde bei der FIM immer wieder auffällig. Erstmals ging er den Dopingfahndern 2012 ins Netz, er verlor damals den zweiten Platz beim Regen-Moto2-Rennen in Sepang. bei ihm wurden mysteriöse Nahrungsergänzungsmittel aufgespürt. «Ich habe zu viel Kaffee getrunken», wischte Westy damals alle Vorwürfe beiseite.

Der Australier hat in der Motorrad-WM in allen erdenklichen Klassen seine Spuren und Erfolge hinterlassen. Er gewann den 250er-Regen-GP in Assen. Er fuhr 2006 eine Werks-KTM 250, er wurde ins Kawasaki-MotoGP-Werksteam geholt; er stellte in der Superbike-WM seinen Mann. Doch im September 2018 sperrte ihn die FIM abermals nach einem Dopingvergehen.

West, der seit Jahren am Existenzminimum lebte und alle Habseligkeiten inklusive Auto verkauft hatte, durfte also keine internationalen Rennen mehr bestreiten. Dazu erhielt West am 1. Januar 2019 auch noch die traurige Nachricht, dass Teamchef Victor Lim von Webike Yamaha überraschend verstorben war. West fuhr in den letzten Jahren für das Team von Victor Lim in der Asia Road Racing Championship (ARRC) und war maßgeblich für den Gewinn der Team-Meisterschaft in der Supersport-Kategorie verantwortlich.

Lim war eine loyale und von allen Seiten geschätzte Person. Er hielt auch zu West, als dieser von der FIM wegen Dopings gesperrt wurde. Durch sein Ableben stand der Fortbestand des Teams in Frage. «Er hat so viel für mich getan, ich werde ihn unglaublich vermissen», trauerte West. Trotzdem dachte der 37-jährige Haudegen nicht daran, deswegen Helm und Lederkombi an den Nagel zu hängen.

Auf der Suche nach einer geeigneten Rennserie, die nicht unter dem Dach der FIM ausgetragen wird, wurde der Australier auf die Brasilianische Superbike-Serie aufmerksam. «Ich freue mich darauf, auf der berühmten Rennstrecke in Interlagos zu fahren», teilte West im Winter mit. «Mein Hauptziel ist es, wieder auf hohem Niveau zu konkurrieren. Die Brasilianische Meisterschaft verfügt über sehr schnelle und renommierte Piloten.»

West trat dann in der Brasilianischen Superbike-Meisterschaft 2019 mit einer ZX-10R für das JC Racing Team an, Kawasaki Brasilien war als Partner mit an Bord. Am 25. März 2019 gewann West nicht unerwartet gleich sein Debüt-Rennen in der Brasilianischen Superbike-Serie. In Interlagos bezwang der Kawasaki-Pilot Ex-GP-Star Alex Barros.

Es war eine Art Zeitreise. 2007 kämpften Alex Barros und Anthony West in der MotoGP-Klasse um WM-Punkte, zwölf Jahre später und sichtlich ergraut balgten sich die Haudegen in der Brasilianischen Superbike-Serie. Auch Eric Granado, 2017 noch Moto2-Europameister und dann Moto2-WM-Pilot bei Forward, zählte in Brasilien zu seinen Gegnern.

Weil die FIM West wegen Dopings im September 2018 gesperrt hat, war die südamerikanische Rennserie für den 37-Jährigen eine der ganz wenigen Möglichkeiten, aktiv Rennsport zu betreiben. Von internationalem Niveau konnte freilich keine Rede mehr sein: Die PRO-Kategorie, in der West und Barros starteten, umfasste kaum mehr als eine Handvoll Piloten. Acht von zehn Rennen der Saison 2019 werden auf der Formel-1-Piste in Interlagos bei São Paulo ausgetragen.

Geld verdiente West mit seinen Auftritten in Brasilien nicht. «Das Team konnte weder Flug, Hotel oder Verpflegung bezahlen. Ich kam dafür auf, das Team trug die Kosten für das Motorrad», schilderte West. «Ich habe das erste Rennen in Interlagos als Test bestritten, um zu sehen, ob Team und Bike konkurrenzfähig sind. Ich wollte zeigen, dass ich ein guter Fahrer für diese Meisterschaft sein kann und dann versuchen, Sponsoren zu finden. Ohne Sponsor geht es nicht. Ich kann nicht für alle Reisekosten aufkommen oder eine Wohnung in Brasilien bezahlen.»

Die Anthony-West-Fans bleiben dem Kämpfer aus Australien treu. «Komm' heim in die Australische Superbike-Meisterschaft», wurde er in unzähligen Facebook-Postings aufgefordert. «Fahr' doch die Britische Meisterschaft, sie wartet auf dich», schlug ein englischer Supporter vor.

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