Audi-Werksfahrer Oliver Jarvis konnte sich nicht lange über seinen hart erkämpften Podestplatz bei seiner Premiere auf der berühmten Nürburgring-Nordschleife freuen.
Der Brite hatte nach seiner ersten DTM-Pole in Zandvoort von seinem Teamchef Ernst Moser in Absprache mit dem Mieter des Phoenix-Audi R8 LMS, der Agentur Pole-Promotion, das Angebot erhalten, den neuen Sportwagen der Ingolstädter beim 7. Saisonlauf der BFGoodrich Langstrecken-Meisterschaft zu fahren. «Darüber habe ich mich natürlich sehr gefreut, denn die Nordschleife ist eine einzigartige Rennstrecke», sagte Jarvis, der vor einigen Wochen noch gar nicht wusste, wovon er sprach.
Ein Testtag mit einem serienmäßigen Audi R8 reichte dem 25-Jährigen, um für das Debüt in der «Grünen Hölle» gerüstet zu sein. Als dritter Fahrer nach Rosteck und Seat-Cup-Gewinner Nicki Thiim übernahm Jarvis den Porta-R8 nach 17 Runden auf Platz fünf liegend. In den folgenden acht Umläufen fuhr der Wahl-Schweizer einen Schnitt von 8:39 Minuten bis zu einem geplanten Splash and Dash drei Runden vor Schluss der Vier-Stunden-Distanz. Als Jarvis wieder auf die Strecke ging, konnte er Porsche-Werksfahrer Richard Lietz im Manthey-911 GT3-S bereits im Rückspiegel ausfindig machen. «Ich habe ihm über Funk gesagt, dass er jetzt richtig Gas geben soll», berichtete Phoenix-Chef Ernst Moser. Die klare Ansage sorgte beim bestplatzierten Jahreswagenfahrer von Audi in der DTM ganz offensichtlich für zusätzliche Motivation. Jarvis steigerte sich jedenfalls noch einmal deutlich, fuhr in seiner vorletzten Runde 8:32 Minuten und in der letzten mit 8:28,386 Minuten sogar persönliche Bestzeit. Damit war der frühere Macau-Formel-3-Sieger zwar 5,3 Sekunden langsamer als sein bärenstarker Teamkollege Thiim, er schaffte es aber, Lietz mit einem knappen Vorsprung von 1,5 Sekunden auf Distanz zu halten.
Hinter dem Manthey-Trio Arno Klasen, Marc Lieb und Marcel Tiemann im Porsche 911 GT3-RSR sowie Solist Chris Mamerow im Porsche 911 GT3-S verhinderten Jarvis/Rosteck/Thiim zunächst den totalen Porsche-Triumph auf den ersten sechs Plätzen. Doch nach der Zieldurchfahrt folgte die Ernüchterung: Weil Jarvis in seiner vierten Runde an einer Unfallstelle im Bereich Wippermann die Flaggenzeichen missachtet hatte, wurde das Phoenix-Team von der Rennleitung mit dem Abzug einer Runde bestraft und vom dritten auf den elften Platz zurückgestuft. «Solch einen Verkehr auf einer Rennstrecke habe ich noch nicht erlebt. Das ist ja der reinste Wahnsinn», meinte Jarvis, der sich - von den vielen Erlebnissen während seines 90-minütigen Einsatzes sichtlich beeindruckt - nicht mehr an die angezeigten Flaggensignale erinnern konnte. Zu seinem Glück ahndete die Rennleitung den Vorfall nicht mit einem Wertungsausschluss, der nach Artikel 21.h des DMSB-Veranstaltungs-Reglements möglich gewesen wäre. Eine solche Strafe wird zudem an das Sportgericht des DMSB gemeldet und kann durchaus einen Lizenzentzug zur Folge haben. Weil sich der Unfall aber an einer unübersichtlichen Stelle ereignet hatte, ließen die Stewards im «Fall Jarvis» Gnade vor Recht ergehen.
Der zweite, von Phoenix eingesetzte R8 LMS mit Frank Biela, Frank Stippler und Hans-Joachim Stuck fiel nach einer Kollision von Biela mit dem Ford GT von Dirk Adorf sowie einem Leitplankenkontakt von «Strietzel» Stuck weit zurück. Von Position 131 kämpfte sich das Phoenix-Trio aber anschließend bis auf Platz 13 nach vorne. Dabei fuhr Biela in 8:22,448 Minuten hinter Sascha Bert (8:21,847) in der Zakspeed-Viper und Lieb (8:21,955) die drittschnellste Rundenzeit aller Teilnehmer. 192 Tourenwagen- und GT-Fahrzeuge im Training und 185 im Rennen bedeuteten bei perfekten Witterungsbedingungen vor mehr als 20.000 Zuschauern Saisonrekord für ein VLN-Rennen in diesem Jahr.