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Stefan Johansson: Formel 1 träge, Elektrik ein Witz

Von Mathias Brunner
​Der frühere Grand-Prix-Pilot Stefan Johansson (61) hat einige ziemlich einleuchtende Vorschläge, wie die modernen Turbo-Renner wieder das wahrhaftige Gütesiegel Formel 1 verdienen würden.

Von Silverstone 1983 bis Montreal 1991 hat der Schwede Stefan Johansson insgesamt 79 Formel-1-WM-Läufe bestritten. Der frühere Ferrari- und McLaren-Fahrer ist dem Sport immer verbunden geblieben, als scharfzüngiger Kommentator im Rahmen seines viel gelesenen Blogs. Vielen Fans spricht der heute 61-Jährige dabei aus dem Herzen.

Zum Jahreswechsel gibt der WM-Fünfte von 1986 zu bedenken: «Das mit den modernen Autos und Regeln ist schon merkwürdig. Es scheint, dass irgend jemand im Elbenbeinturm beschlossen hat, dass elektrische Autos der einzig gangbare Weg seien. Und zwar bei Strassenfahrzeugen und Rennwagen. Eine Alternative wird nicht angeboten. Doch jeder, der auch nur das entfernteste Interesse an Ingenieurskunst hat, der weiss – es gibt jede Menge andererer Technologien, interessanter und umweltfreundlicher und ganz bestimmt effizienter als Elektrik.»

«Aber wir haben nun mal diese so genannt umweltfreundlichen Hybrid-Autos mit Batterien, die einen Formel-1-Renner um fünfzig Prozent schwerer gemacht haben. Ich darf daran erinnern: Ein GP-Bolide hat mal knapp 500 Kilo gewogen, zuletzt 1993.»

Kleine Fussnote: Wir haben uns das mal im Detail angeschaut und sehen in Sachen Gewicht diese Entwicklung:

1961 bis 1965: 450 Kilo
1966 bis 1968: 500
1969 bis 1971: 530
1972: 550
1973 bis 1980: 575
1981: 585
1982: 580
1983 bis 1986: 540
1987 bis 1993: 500
1994: 515
1995 bis 2008: 595
2009: 605
2010: 620
2011/2012: 640
2013: 642
2014: 690
2015/2016: 702
2017: 728
2018: 734

Johansson in seinem Blog weiter: «Diese 500 Kilo von damals, das alleine hat diese Geschosse schon atemraubend gemacht. Diese Renner waren quicklebendig. Sie tänzelten herum, waren zappelig und nervös wie Rennpferde. Die Piloten hatten alle Hände voll zu tun, und die Fans konnten das sehen.»

«Ich kann mich daran erinnern, als ich aus der Formel 1 zum IndyCar-Sport kam. Die IndyCars waren damals ein gehöriges Stück schwerer. Alles passierte in diesen Autos so viel langsamer, und das machte es für den Piloten einfacher. Heute wiegt ein GP-Renner fast so viel wie ein IndyCar.» (Um genau zu sein, wiegt ein IndyCar 730 Kilo, ein GP-Renner kommt 2018 auf 734 Kilogramm, die Red.)

«Im grösseren Zusammenhang wird behauptet, die Formel 1 sei serienrelevant, was nicht stimmt. Wenn wir Strassenautos nicht schwerer machen würden, sondern leichter, dann kann sich jeder ausrechnen, was das für Verbrauch und Umweltverträglichkeit bedeuten würde. Statt dessen tun wir genau das Gegenteil.»

«Wir sollten die hellsten Köpfe der Branche noch tiefer in Materialwissenschaft eintauchen lassen und das Gewicht der Rennwagen verringern. Dann sollte eine Vorgabe in Sachen verbrauchter Energie festgelegt werden. Ob die Rennställe dies dann mit einem normalen Saugmotor und Leichtbau erreichen wollen oder mit schwereren, aber kraftvolleren Hybridrenner, das sollte freigestellt werden.»

«Wir würden bald erkennen, was der effizientere Weg wäre. Ich fände das auch für die Fans faszinierend, weil sie verschiedene Konzepte miteinander vergleichen könnten und weil wir Autos hätten, die unterschiedlich aussehen und klingen. Heute sehen alle GP-Renner beinahe identisch aus. Der Grund: ein viel zu engmaschiges Reglement bei Chassis und Motoren.»

«Ich sage: Weniger Abtrieb, 300 PS mehr, 200 Kilo weniger Gewicht und dazu einige wirklich fette Reifen. Wir hätten bald wieder Rundenzeiten von heute, aber mit Autos, die viel aufregender zu verfolgen sind. Wir hätten Autos, die auf den Geraden fast 400 km/h erreichen würden, wir hätten längere Bremswege, was das Überholen erleichtert, wir hätten wieder unruhige Rennwagen, mit Fahrern, die wahre Bestien zähmen müssten. DAS wäre aufregend!»

«Hand in Hand damit geht: Jede Rennstrecke heute, egal ob modifiziert oder neu gebaut, um solche Boliden mit viel Abtrieb im Zaum zu halten, besteht mehrheitlich aus langsamen Kurven und faden Schikanen. Das Ziel: die Autos langsamer machen. Wären die Kurventempi geringer, aber die Topspeeds höher, so könnten wir Schritt um Schritt zurück zu viel tolleren Rennstrecken, mit mehr mittelschnellen Kurven und schnellen Bögen.»

«Der Yas Marina Circuit ist ein gutes Beispiel dafür, wie es eben nicht gemacht werden sollte. Ein weisses Blatt Papier, und dann die ungefähr schlimmstmögliche Pistenführung. Drei Schikanen, vier Erstegang-Kurven, nie bin auf einer schlechteren Rennstrecke gefahren. Ich verstehe nicht, wie man eine neue Piste mit allen Möglichkeiten bauen kann und dann auch nur eine dieser doofen Schikanen einbaut.»

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